Verfahrenseinstellung - Sebastian Edathy bleibt ein freier Mann

Die vorläufige Einstellung des Strafverfahrens gegen Sebastian Edathy gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 5.000 Euro stößt auf einiges Unverständnis im Internet. Doch wie sieht der juristische Hintergrund der Einstellung aus und wie ist das Thema Geständnis zu beurteilen?

Sebastian Edathy dürfte sich über die Einstellung nur bedingt freuen – zumindest im Netz scheint er mit ihr derzeit zu einer der am meisten angefeindeten Persönlichkeiten der Bundesrepublik zu gehören. Eine Front von Til Schweiger bis SPD-Gabriel stehen ihm skeptisch gegenüber.

(K)ein Geständnis?

Die Einstellung gegen eine - vom Großteil der sich Äußernden als zu gering eingestufte - Geldauflage hat für wenig Akzeptanz gesorgt, zumal er, kaum hatte er vor dem LG über seinen Verteidiger die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe einräumen lassen, auf Facebook mitteilte, die Erklärung seines Verteidigers sei keinesfalls als Geständnis zu werten.

Welches war der juristische Vorwurf?

Angesichts der hochgekochten Emotionen ist es sinnvoll, die Vorgänge auf ihren tatsächlichen und juristischen Gehalt herunterzubrechen. Edathy wurde von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, Schriften, Bilder und Videos kinderpornographischen Inhalts teilweise über seinen Bundestags-PC heruntergeladen und besessen zu haben.

  • Der Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften steht gemäß § 184 b StGB unter Strafe.
  • Als pornographisch angesehen werden Darstellungen sexueller Verhaltensweisen, die die geschlechtliche Betätigung von personalen und sozialen Sinnbezügen trennen und den Menschen zum bloßen, auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung machen.
  • Dabei ist nach Auffassung des BGH bei der Darstellung von Kindern die Grenze zur Pornographie allerdings bereits ohne den bei der Darstellung von Erwachsenen zusätzlich erforderlichen grob reißerischen Charakter erreicht (BGH, Urteil v. 11.2.2014,  BGH 1StR 485/13). 

Edathy räumt räumt Pornographievorwurf ein

Nicht klar geäußert hat sich der BGH bisher zu der Frage, inwieweit das bloße „Posing“ von Kindern bereits unter den Straftatbestand fällt.

  • Unter Posing versteht man die geschlechtsbetonte Darstellung einer Person, ohne dass sexuelle Handlungen erkennbar werden.
  • Dieses Posing wird nach der im November 2014 vom Bundestag verabschiedeten Reform des Sexualstrafrechts künftig gemäß § 184 d StGB ebenfalls unter Strafe gestellt.

Die Argumentationslinie von Sebastian Edathy hangelte sich bisher exakt an der Definition des juristischen Grenzbereichs zwischen einfachen Nacktaufnahmen und pornographischen Aufnahmen entlang.

Keine Pornographie?

Nach der Darstellung von Edathy  war bei den in seinem Besitz befindlichen Aufnahmen die Grenze zur Pornographie nicht überschritten. Mit seiner gerichtlichen Erklärung, die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft aus der Anklageschrift seien zutreffend, ist er von dieser Verteidigungslinie jedoch eindeutig abgerückt.

Einstellung nur gegen Schuldeingeständnis

Das Einräumen von Schuld war für die Staatsanwaltschaft auch die „conditio sine qua non“ für die Erteilung einer Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens.

  • Die Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 a StPO setzt eine vorwerfbare Schuld des Betroffenen voraus, denn nur wenn Schuld eingeräumt wird, darf nach dem Gesetz eine Geldauflage verhängt werden, und sei sie auch noch so gering.
  • Als unschuldig kann Sebastian Edathy sich aufgrund der Erklärung seines Verteidigers daher juristisch nicht mehr darstellen.

Das Publikum zeigt für die Einstellung wenig Verständnis

Für die Internetgemeinde ist die Sache klar. Dort wird unablässig ein - juristisch etwas schiefer - Vergleich zu dem Fußballspieler Marco Reus gezogen, gegen den wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Geldstrafe von 540.000 Euro angeordnet wurde. Allerdings waren diese Vorwürfe bewiesen und es handelte sich nicht um eine Verfahrenseinstellung.

Edathy schon in erheblicher Weise bestraft

Nicht ganz Unrecht hat das Gericht im Fall Edathy auch darauf abgestellt, dass Sebastian Edathy schon in erheblicher Weise bestraft ist. Seine berufliche Karriere dürfte auf absehbare Zeit vernichtet sein. Auch die SPD will ihn nicht mehr; tritt er nicht freiwillig aus, muss er wohl mit einem Ausschlussverfahren rechnen. Dabei darf auch nicht verkannt werden, dass Edathy sich als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses einen Namen gemacht hat und innerhalb und auch außerhalb der SPD durchaus für höhere Ämter vorgesehen war. Auch mögliche Arbeitgeber dürften sich nun nicht gerade um ihn reißen.

Außerdem ist die Affäre für ihn noch nicht beendet. Im Bundestagsuntersuchungsausschuss wird er noch Rede und Antwort hinsichtlich der Ermittlungen um die mögliche Verletzung von Dienstgeheimnissen im Zusammenhang mit dem Rücktritt des damaligen Bundesministers Hans-Peter Friedrich Rede und Antwort stehen müssen.

Kinderschutzbund will kein Geld von Edathy

Unter Berücksichtigung dieser für das künftige Leben von Edathy einschneidenden Folgen und auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Einstellung solcher Verfahren nicht unüblich ist, ist die Vorgehensweise des Gerichts juristisch kaum zu beanstanden.

Anders sah es allerdings der niedersächsische Kinderschutzbund, der die Entgegennahme der gegen Edathy verhängten Geldauflage ablehnt. Die als zu geringfügig empfundene Geldauflage ist nach Auffassung des Kinderschutzbundes ein fatales Signal und kein angemessenes Äquivalent für die Schuld, die Edathy auf sich geladen hat.


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