Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten verabschiedet

Der Bundesrat hat am 12. Mai das Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten, Rettungskräften und Feuerwehrleuten gebilligt. Bei tätlichen Angriffen auf Polizisten und Rettungskräfte gelten künftig härtere Strafen. Das schien dem Gesetzgeber nötig, nachdem tätliche Angriffe auf Polizisten selbst bei einfachen Routinekontrollen mittlerweile an der Tagesordnung sind.

Dem Freund und Helfer weht ein zunehmend Gegenwind in Form von Widerstand und Gewalt entgegen. 

Das „Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs und zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften“ soll hier gegensteuern. Hauptgegenstand der Gesetzesverschärfung sind die §§ 113ff StGB.

Haftstrafen bis zu fünf Jahren bei Übergriffen während einfachen Diensthandlungen

Er enthält einen neuen Straftatbestand, wonach bei Übergriffen während einfacher Diensthandlungen wie Streifenfahrten oder Unfallaufnahmen Haftstrafen bis zu fünf Jahren verhängt werden können. Bisher gelten Haftstrafen nur bei Angriffen während einer Vollstreckungshandlung beispielsweise einer Festnahme.

Gaffen an Unfallstellen wird strafbar

Außerdem stellt das Gesetz auch das Gaffen an Unfallstellen oder Blockieren einer Rettungsgasse unter Strafe. Hierfür sorgt eine neue Strafvorschrift "Behinderung von hilfeleistenden Personen". Der Bundesrat hatte sich bereits im Mai vergangenen Jahres für die Strafbarkeit von Gaffen ausgesprochen und einen eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht (BR-Drs. 226/16 (B)).

Strafbarkeit für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte

Darüber hinaus erweitert das Gesetz die Strafbarkeit für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Künftig liegt ein besonders schwerer Fall bereits dann vor, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe bei sich führt, aber gar nicht verwenden möchte. Die Änderungen sollen auch Rettungskräften zu Gute kommen.


Respekt gegenüber Staatsvertretern schwindet

Die Beamten begegnen zunehmend hoher Aggressivität der betroffenen Bürger. Respekt und Wertschätzung, wie sie bis vor wenigen Jahren bei der überwiegenden Zahl der Bürgerinnen und Bürger üblich waren, schwinden immer mehr. Dabei trifft die Gewalt nicht nur Polizeibeamte sondern auch sonstige Staatsdiener, Sanitäter und Feuerwehrleute.

Aggressivität richtet sich gegen den Rechtsstaat insgesamt

Innenminister Thomas de Maizière hält eine Verschärfung der Strafgesetze zur Ahndung solchen Verhaltens für überfällig. Es seien Angriffe, die sich nach den Worten des Innenministers „in Wahrheit gegen den Rechtsstaat und uns alle richten“. Mit der Reform wollen Innen- und Justizminister künftig lückenlos jegliche Widerstandshandlung härter bestrafen.

Strafbarkeitslücken beseitigen

Nach bisherigem Recht stellt § 113 StGB den Widerstand gegen Verwaltungsbeamte nur unter Strafe, wenn die Widerstandshandlung durch Gewalt, Drohung mit Gewalt oder einem tätlichen Angriff erfolgte. Eine Strafbarkeitslücke bestand insoweit, als die Vorschrift keine Angriffe erfasst, die sich nicht gegen Vollstreckungshandlungen richten, zum Beispiel bei einfachen Streifengängen oder  -fahrten von Polizistinnen und Polizisten oder bei Verkehrskontrollen.

Folgende Neuerungen:

  • Der tätliche Angriff auf Vollstreckungsbeamte wird als selbständiger Tatbestand in einem neuen § 114 StGB-E erfasst.
  • Der bisherige Strafrahmen wird erhöht und eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren angedroht.
  • Eine wesentliche Neuerung besteht darin, dass § 114 StGB-E auf den bisher erforderlichen Zusammenhang zwischen Vollstreckungshandlung und Angriff verzichtet, so dass jegliche Diensthandlungen von Polizeibeamten erfasst werden.

Die Regelbeispiele für besonders schwere Fälle wurden erweitert

§ 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB stellt bisher eine erhöhte Strafdrohung für den Täter oder Teilnehmer in Aussicht, der eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, um dieses bei der Tat zu verwenden. Der letzte Halbsatz soll zukünftig gestrichen werden, so dass

  • es zukünftig nicht mehr darauf ankommt, ob der Täter oder Teilnehmer das gefährliche Werkzeug bei der Tat verwenden will. Die Strafverschärfung knüpft in Zukunft  also bereits an die abstrakte Gefahr an, die dadurch entsteht, dass jemand ein gefährliches Werkzeug bei sich führt, und zwar unabhängig von der Verwendungsabsicht.
  • Ein besonders schwerer Fall soll künftig grundsätzlich im Fall der gemeinschaftlichen Tatbegehung gegeben sein, da auch durch das gleichseitige Auftreten mehrerer Personen die Gefahr für Polizisten und Polizistinnen erhöht wird.

Der bisherige Strafausschließungsgrund für den Fall der Rechtswidrigkeit durchgeführter Vollstreckungsmaßnahmen soll allerdings auch in Zukunft bestehen bleiben.

Wichtig: Vollstreckungsbeamten gleichgestellt werden wie bisher

  • Sanitäts- und Rettungsdienste,
  • Feuerwehrleute,
  • Kräfte des Katastrophenschutzes

allerdings mit der nun modifizierten Folge, dass der Widerstand auch gegen diese Personen künftig dem erhöhten Strafrahmen des § 114 StGB-E unterfallen soll.

Landfriedensbruch künftig nicht mehr subsidiär

Flankierend wird der Tatbestand des Landfriedensbruchs geändert. In § 125 Abs. 1 StGB wird die Subsidiaritätsklausel gestrichen. Die Subsidiaritätsklausel hatte bisher dazu geführt, dass wegen Landfriedensbruch nicht bestraft werden konnte, wenn die Tat beispielsweise auch als einfache Körperverletzung strafbar war. Die Subsidiaritätsklausel verhindert nach Auffassung des Kabinetts eine angemessene Würdigung des eigenständigen Unwertgehalts des Landfriedensbruchs. Durch Streichung der Subsidiaritätsklausel soll künftig das „gruppenmäßige Auflehnen durch Gewalttätigkeiten oder Bedrohungen in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise“ auch im Urteil des Strafgerichts eine eigenständige Bedeutung erlangen.

Verkündung und Inkrafttreten

Das Gesetz wird nun an den Bundespräsidenten zur Unterzeichnung weitergeleitet und kann dann verkündet werden. Es soll einen Tag später in Kraft treten.



Kritiker halten die Reform für überflüssigen Aktionismus

Kritiker der Neuregelung halten die Verschärfung der Widerstandsvorschriften für überflüssig. Bereits vor 5 Jahren sei die Vorschrift mit ähnlichen Argumenten wie jetzt verschärft worden, ohne dass dies einen positiven Effekt auf die Kriminalitätsentwicklung gehabt habe. Alles das, was die neue Regelung enthalte, werde bereits jetzt durch die Körperverletzungsdelikte und den Straftatbestand der Nötigung abgedeckt. Diese Vorschriften müssten nur konsequent angewendet werden.

Polizei hofft auf Schärfung des Unrechtsbewusstseins

Der Chef der Polizeigewerkschaft  Oliver Malchow begrüßt dagegen die Gesetzesänderung. Er sieht in einem insgesamt steigenden Hass gegen den Staat, der in den öffentlichen Medien ständig schlecht gemacht werde, obwohl es der Bevölkerung so gut gehe wie nie zuvor, eine Erklärung für die gestiegene Gewaltbereitschaft gegenüber den Repräsentanten des Staates, also insbesondere der Polizei. Malchow hofft darauf, dass die verschärften Regeln dazu beitragen, den Respekt in der Bevölkerung vor dem schweren Dienst der Polizeibeamten wieder zu stärken.


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