Unwirksamkeit durch ungenaue Formulierungen der Kundenschutzklausel
Hintergrund
Der Handelsvertretervertrag eines Vermögensberaters sah ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in Form einer Kundenschutzklausel vor. Nach der entsprechenden Klausel verpflichtet sich der Handelsvertreter, „es für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, der Gesellschaft Vermögensberater, andere Mitarbeiter oder Kunden abzuwerben oder dies alles auch nur zu versuchen“. Bei dem Handelsvertretervertrag handelte es sich um einen Mustervertrag, also unstreitig um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) der klagenden Finanzdienstleistungsgesellschaft.
Der Handelsvertreter kündigte das Vertragsverhältnis zu Ende September 2011. Die Klägerin machte verschiedene Ansprüche im Zusammenhang mit dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot geltend, da der verklagte Handelsvertreter von 2012 bis 2013 mehrere Kunden zur Kündigung oder Änderung ihrer mit der Klägerin abgeschlossenen Verträge veranlasst habe. Der BGH hatte über die Rechtsmäßigkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes zu entscheiden.
BGH, Urteil v. 3.12.2015, VII ZR 100/15
Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der BGH hat die Klausel, wonach das Abwerben von Kunden verboten wird, nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB für unwirksam erklärt. Gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners daraus ergeben, dass diese nicht klar und verständlich ist. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB statuiert das sog. Transparenzgebot. Dieses verpflichtet die Verwender von AGB, den Regelungsgehalt der einzelnen Vertragsbestimmungen möglichst klar und überschaubar darzustellen.
Reichweite des Abwehrverbots unklar
Diesen Anforderungen halte die Klausel nicht stand, da sich aus ihr die Reichweite des Abwerbeverbotes nicht klar und verständlich entnehmen lasse. Es sei unklar, ob mit „Kunden“ alle Personen gemeint seien, die bereits Verträge mit der Klägerin geschlossen haben, oder vielmehr nur solche Personen, deren Vertragsabschlüsse der Beklagte vermittelt habe. Ferner sei nicht hinreichend klar, ob die Klausel auch diejenigen Personen erfasse, die erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Beklagten und der Klägerin Verträge mit der Letzteren geschlossen haben. Die Unwirksamkeit der Klausel hatte zur Folge, dass zwischen den Parteien überhaupt kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot oder eine Kundenschutzklausel bestand. Insbesondere schloss sich nach dem BGH eine ergänzende Vertragsauslegung aus, da die Vereinbarung nicht erkennen lasse, worauf sich die Klausel bezogen haben sollte.
Anmerkung
Die Entscheidung ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Zum einen verdeutlich sie, dass AGB nicht nur das typische „Kleingedruckte“ sind, sondern auch einseitig vorformulierte Verträge wie bspw. Musterverträge. Deren Regelungen sind nur dann keine AGB, wenn die Regelung im Einzelfall ausgehandelt wurde, was entsprechend dokumentiert werden sollte.
Praxistipp
Für die Regelung des Wettbewerbsverbots gibt es zahlreiche Varianten. Neben einem Verbot, für Konkurrenten tätig zu werden, ist auch ein Kundenschutzverbot zulässig. Ein nachvertragliches Verbot, für Konkurrenten tätig zu werden, fordert immer eine entsprechende Karenzentschädigung zu Gunsten des Handelsvertreters. In AGB sollte diese Karenzentschädigung explizit aufgenommen werden, um die nötige Transparenz herzustellen. Im Übrigen folgt der Anspruch auf Karenzentschädigung schon aus dem Gesetz (§ 90a HGB). Ein nachvertraglicher Kundenschutz ist hingegen oftmals möglich, ohne dass eine Karenzentschädigung gezahlt werden muss. Dies ist jedoch immer eine Frage des Einzelfalls. Gerade für Subunternehmerverträge ist das eine attraktive Option. Wie immer bei der Vertragsgestaltung ist aber eine klare Formulierung zu wählen – nicht nur in AGB, sondern auch in Individualverträgen.
Rechtsanwalt Dr. Hendrik Thies, Meike Kapp-Schwoerer, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
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