Wann besteht ein Alleinvertriebsrecht?
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Hintergrund:
Der Kläger war als Handelsvertreter für die Beklagte tätig. In dem Handelsvertretervertrag wurde ihm ein Gebiet exklusiv zugewiesen. Regelungen zu einem Alleinvertriebsrecht fehlten, es gab auch keine Regelung zu einer Provisionspflicht bei direkten Geschäften durch das Unternehmen in diesem Gebiet.
Nun wollte die Beklagte selbst Produkte in diesem Gebiet verkaufen. Der Handelsvertreter machte Unterlassungsansprüche geltend, die ihm das Landgericht auch zusprach. Das OLG Karlsruhe hob dieses Urteil jedoch auf.
OLG Karlsruhe, Urteil v. 6.11.2014, 9 U 58/14
Das OLG Karlsruhe versteht unter dem Begriff „exklusiv“ (ohne weitere vertragliche Regelungen), dass der Handelsvertreter in diesem Gebiet den sogenannten „Bezirksschutz“ erhält (§ 87 Abs. 2 HGB). Demnach ist dem Handelsvertreter für sämtliche Geschäfte, die das Unternehmen im Vertragsgebiet – durch wen auch immer - tätigt, eine Provision zu zahlen. Wegen dieser Regelung bedarf nach Ansicht des OLG Karlsruhe ein Alleinvertriebsrecht, das dem Unternehmen den eigenen Vertrieb untersagt, ausdrücklicher Regelungen. Vorliegend gab es allerdings keine weiteren Regelungen. Daher durfte das Unternehmen selbst im Vertragsgebiet tätig werden.
Das OLG wies jedoch darauf hin, dass eine entsprechende Regelung für Vertragshändler (d.h. Weiterverkäufer / „Reseller“ / Distributoren) nicht gegeben sei und daher dort der Begriff „exklusiv“ eher anders auszulegen ist.
Anmerkung
Das Urteil des OLG Karlsruhe illustriert deutlich, dass missverständliche Begriffe (wie „exklusiv“) immer von den Parteien ausdrücklich beschrieben werden sollten. Sofern Unternehmen einen solchen Bezirksschutz für den Handelsvertreter trotz exklusiver Gebietszuweisung nicht wünschen, kann auch dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart werden.
Achtung
Bei Vertragshändlern (Weiterverkäufern / „Resellern“ / Distributoren) gilt § 87 Abs. 2 HGB nicht, so dass hier eine exklusive Gebietszuweisung ohne weitere Regelungen eher als Alleinvertriebsrecht zu verstehen ist. Wünschen Unternehmen hierzu abweichende Regelungen, sind diese ausdrücklich in den Vertrag aufzunehmen. Denkbar wäre zum Beispiel eine Regelung entsprechend § 87 Abs. 2 HGB, wonach der Vertragshändler bei Direktgeschäften des Unternehmers eine gewisse Entschädigung erhält.
Gerade bei Beginn einer neuen Vertragsbeziehung sollten Unternehmen aber darauf achten, sich nicht exklusiv an einen Vertragshändler oder Handelsvertreter zu binden. Nach einer erfolgreichen „Probezeit“, während der die Parteien nicht-exklusiv zusammenarbeiten, kann immer noch eine Exklusivität vereinbart werden.
Rechtsanwälte Dr. Hendrik Thies, Dr. Jan Henning Martens, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
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