Begriff „Zerstörung“ des Fahrzeugs in der Kfz-Schadensregulierung

Totalschaden, Zerstörung, Beschädigung? Für die Regelung im Schadensfall und die Frage, wie viel die Kfz-Versicherung zahlen muss, ist diese Abgrenzung wichtig, aber nicht ganz trivial, wie ein Urteil des OLG Hamm zeigt.

Die Schäden, die ein BWM-Cabrio in einem Unfall erlitten hatte, waren enorm. Ein Auszug aus der Liste der Beschädigungen: Stoßfänger eingedrückt und gebrochen, Grill gebrochen, Motorhaube eingeknickt, Kotflügel rechts und links eingeknickt Längsträger rechts und links eingeknickt, gesamter Vorderwagen nach links verschoben…

Fahrzeug unrepariert verkauft, von der Vollkasko Regulierung auf Neuwertbasis gefordert  

Der Kläger hatte das Fahrzeug unrepariert zum Restwert von 30.000 Euro veräußert. Von der Versicherung (Vollkaskoversicherung) wollte er die Regulierung des Schadens auf Neuwertbasis.

Dabei bezog er sich in seiner Argumentation auf den Begriff der Zerstörung in den AKB. Der Begriff Zerstörung sei so auszulegen, dass es sich um einen hinter einem Totalschaden zurückbeibenden, besseren Fahrzeugzustand handele.

Das OLG Hamm sah das anders und für den Versicherten weniger günstig: Der Begriff der Zerstörung in den Kasko-Versicherungsbedingungen erfasse eine über den (wirtschaftlichen) Totalschaden hinausgehende Beschädigung eines Fahrzeugs.

Der Unterschied war aus folgendem Grund relevant: 

Die AKB enthielten u.a. die Regelungen:

A.2.6.1 Was zahlen wir bei Totalschaden, Zerstörung oder Verlust?
„Bei Totalschaden, Zerstörung oder Verlust des Fahrzeugs zahlen wir den Wiederbeschaffungswert unter Abzug eines vorhandenen Restwerts des Fahrzeugs.“

A.2.6.2 Was zahlen wir bei Beschädigung?
Wird das Fahrzeug beschädigt, zahlen wir die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zu folgenden Obergrenzen:
(…) Wird das Fahrzeug nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert (…), zahlen wir die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswerts.

A.2.6.1.b AKB lautet: "Wir erstatten den Neupreis auch, wenn bei einer Beschädigung innerhalb von 18 Monaten nach der Erstzulassung die erforderlichen Kosten der Reparatur mindestens 80 % des Neupreises betragen."

Kaskoversicherung ging von einem Totalschaden des Fahrzeuges aus und leistete entsprechend

Unter Bezugnahme auf die Versicherungsbedingungen regulierte die Versicherung den Schaden als einen Fall des Totalschadens in Höhe der Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert, wobei noch die vereinbarte Selbstbeteiligung abgezogen wurde. Damit war der Vericherungsnehmer nicht einverstanden und forderte gem. A.2.6.1.b AKB  Neupreiserstattung .

OLG Hamm entschied: Zerstörung des Fahrzeugs i. S. der AKB liegt nicht vor

Das Hamm folgte ihm insoweit nicht. Zwar definieren die AKB den Begriff der Zerstörung – anders als den Begriff des Totalschadens – nicht. Die Auslegung des Bedingungswerks führe jedoch entgegen der Rechtsmeinung des Klägers dazu, dass unter „Zerstörung“ eine über den (wirtschaftlichen) Totalschaden hinausgehende Beschädigung zu verstehen sei.

Der Wortlaut Zerstörung in den AKB spreche für ein technisches Maß der Beschädigung, bei dem eine Reparatur des Fahrzeugs nicht mehr möglich ist.

Abgrenzung zum Begriff Beschädigung entscheidend

Durch die beiden Gliederungspunkte in den AKB – „Was zahlen wir bei Totalschaden, Zerstörung und Verlust“ und „Was zahlen wir bei Beschädigung“ könne ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer erkennen, dass es weniger auf die Abgrenzung innerhalb der Aufzählung „Totalschaden, Zerstörung und Verlust“ ankomme, sondern vielmehr auf die Abgrenzung dieser Begriffe zum Begriff „Beschädigung“.

Anders als der Kläger meint, führen die Regelungen zu den Leistungspflichten bei tatsächlicher Durchführung einer Reparatur nicht dazu, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer unter einer „Zerstörung“ einer weniger gravierenden Beschädigung als bei einem Totalschaden verstehen wird. Zwar heißt es in den Versicherungsbedingungen: „Lassen Sie Ihr Fahrzeug trotz Totalschadens oder Zerstörung reparieren, gilt A.2.6.2, dass auch die Variante „Zerstörung“ einen Zustand beschreibt, bei dem eine Reparatur möglich sein kann.

Ein um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer werde dies jedoch nicht dahingehend verstehen, dass mit Zerstörung eine geringere Beschädigung als ein Totalschaden gemeint ist.

Fazit: Da laut Gutachten die Reparaturkosten mit angenommenen 21.400 Euro deutlich unter dem Wiederbeschaffungswert in Höhe von 45.200 Euro lagen, war das Fahrzeug nicht im Sinne der AKB zerstört und es besteht kein Anspruch auf Regulierung auf Neuwertbasis.

(OLG Hamm, Urteil v. 29.11.2018, 6 U 42/18).

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Schlagworte zum Thema:  Kfz-Versicherung, Verkehrsrecht