Höchstdauer einer Kundenschutzklausel im Regelfall zwei Jahre
Hintergrund
Eine im Bereich der Arbeitsüberlassung und Personalvermittlung tätige Zwei-Personen-GmbH hatte die Tätigkeitsgebiete zwischen den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern aufgeteilt. Beim Ausscheiden des einen geschäftsführenden Gesellschafters aus der GmbH wurde eine Kundenschutzklausel vereinbart, die mit einer Vertragsstrafe gesichert war. Danach sollte der ausscheidende Gesellschafter die selbst angeworbenen Kunden behalten. Die GmbH und der verbleibende Alleingesellschafter-Geschäftsführer verpflichteten sich, fünf Jahre lang bestimmte Kunden weder anzusprechen noch abzuwerben. Kurz vor Ende der Fünfjahresfrist kontaktierte ein Mitarbeiter der GmbH potentielle Kunden, die unter das Wettbewerbsverbot fielen, und bot ihnen Leistungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung an. Daraufhin nahm der ausgeschiedene Gesellschafter die GmbH auf Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe in Anspruch. In der Berufungsverhandlung vor dem OLG Hamburg wurde die GmbH noch antragsgemäß zur Zahlung verurteilt, woraufhin sie eine revisionsrechtliche Überprüfung der Entscheidung beantragte.
BGH, Urteil v. 20.1.2015, II ZR 369/13
Der BGH hat die Klage abgewiesen. Mit Rücksicht auf die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 GG) sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote - egal in welcher Form - grundsätzlich nur dann zulässig, wenn und soweit sie notwendig sind, um einen Vertragspartner vor einer unbilligen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Das notwendige Maß muss in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht angemessen sein. Die wirtschaftliche Betätigung der mit dem Wettbewerbsverbot belasteten Partei soll nicht übermäßig erschwert werden. Unerheblich ist nach dem BGH insbesondere, ob die Vertragsparteien freiberuflich tätig sind oder ein Gewerbe betreiben, da beide Fälle vom Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit erfasst seien. Auch komme einer personalistisch geführten GmbH der Grundrechtsschutz in gleichem Maße wie natürlichen Personen zu Gute (Art. 19 Abs. 3 GG).
Da die wettbewerbliche Unterlassungspflicht zum Zeitpunkt der in Frage stehenden Handlung nicht mehr bestand, konnte auch keine Vertragsstrafe zugesprochen werden. Die Zeitspanne des vereinbarten Ansprech- und Abwerbeverbotes war nach Auffassung des BGH mit fünf Jahren zu lang bemessen und überschritt das erforderliche Maß. Der damit verbundene Verstoß gegen die guten Sitten führte zur Nichtigkeit der Vereinbarung (§ 138 BGB). Der BGH machte deutlich, dass das erforderliche zeitliche Maß in der Regel bei zwei Jahren liegt. Nur so lange bestand ein schutzwürdiges Interesse des Ausgeschiedenen, dass ihm von Seiten der GmbH keine Konkurrenz gemacht werde. Länger wirken die Beziehungen der GmbH zu den ehemaligen Kunden nicht fort. Eine Ausnahme wäre nur in Betracht gekommen, wenn Besonderheiten des betreffenden Marktes vorgetragen worden wären oder ein schutzwürdiges Interesse an einem längeren Wettbewerbsverbot bestanden hätte. Beides war aber nicht der Fall. Auch in vergleichbaren Fällen wurde ein Zeitraum von zwei Jahren als ausreichender Schutz für die Interessen der Parteien angesehen (Freiberuflersozietät; Abwerbeverbot von Arbeitnehmern).
Hinweis
Der BGH bestätigt damit die bisherige Rechtsprechung, dass wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zeitlich limitiert sein müssen und nur ausnahmsweise länger als zwei Jahre gelten können.
Praxistipp
Der vorliegende Fall ist insofern ungewöhnlich, als in der Praxis in der Regel das Gegenteil vereinbart wird: nicht der ausscheidende Gesellschafter wird üblicherweise geschützt, sondern der verbleibende Gesellschafter bzw. die Gesellschaft selbst. Hier ging es umgekehrt darum, dass dem Ausscheidenden - gesichert durch die Kundenschutzklausel - die ungestörte Mitnahme der Kunden ermöglicht werden sollte. Welche der Vertragsparteien das Wettbewerbsverbot trifft, spielt jedoch für die Beurteilung der zulässigen Höchstdauer keine Rolle. Es ist vielmehr Sache der Vertragsparteien und Frage des Einzelfalles, wer die Arbeitsergebnisse verdient hat und somit der anderen Partei ein Wettbewerbsverbot auferlegen kann.
Generell liegt danach im Regelfall die zulässige Höchstdauer von Wettbewerbsverboten aller Art bei zwei Jahren. Sofern das Wettbewerbsverbot in räumlicher und gegenständlicher Hinsicht die Grenzen des Zulässigen nicht überschreitet, wird die Laufzeit reduziert, d.h. die Gerichte reduzieren eine unzulässig lange Dauer auf das gerade noch zulässige Maß.
Rechtsanwälte Dr. Barbara Mayer, Holger Hiss, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
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