ICC: Neufassung der Incoterms zum 01.01.2020

Die ursprünglich für den internationalen Warenverkehr entwickelten, heute aber auch im nationalen Bereich eingesetzten, standardisierten Lieferklauseln der Internationalen Handelskammer (ICC), kurz Incoterms, werden regelmäßig im Abstand von 10 Jahren überarbeitet. Ab 1.1.2020 werden daher aus den bisher geltenden Incoterms 2010 die Incoterms 2020.

Grundgedanke bleibt, durch die Nennung von lediglich drei Buchstaben sowie eines Lieferorts im Vertrag detaillierte Regelungen zu treffen zur Lieferung, dem Übergang der (Preis-) Gefahr auf den Käufer, der Ausgestaltung des Transports, etwaigen Versicherungsverpflichtungen und der Kostentragung hierfür sowie z.T. auch zu Transportdokumenten, Aus- und Einfuhrabfertigung sowie Prüfungs-, Verpackungs- und Kennzeichnungspflichten. Der Pflichtenkatalog für Käufer und Verkäufer wird für jede der elf zur Verfügung stehenden Klauseln, von der verkäuferfreundlichsten Variante EXW (Ex Works) zur käuferfreundlichsten Variante DDP (Delivered Duty Paid), von der ICC allgemein festgelegt, wobei Abweichungen durch Vereinbarung zwischen den Parteien zulässig sind.

Im Allgemeinen

Bei der Überarbeitung hat sich die ICC bemüht, die Klauseln praxisfreundlicher zu gestalten. So werden diese ausführlicher erläutert und die Kostenfolgen jeder Klausel einheitlich in einem Absatz geregelt. Außerdem folgt die Gliederung jetzt dem logischen Ablauf eines Warengeschäfts. Folgende Klauseln wurden auch inhaltlich geändert:

FCA – Free Carrier (Frei Frachtführer): Diese Regelung wird durch die Option für den Verkäufer ergänzt, bei der Lieferung an einen Containerterminal vom Frachtführer des Käufers die „Bill of Lading“ (Frachtbrief / Konnossement) zu verlangen. Damit kann der Verkäufer bei einem Dokumentenakkreditiv die Auszahlung des Kaufpreises bei der Bank anstoßen. Das muss allerdings zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart werden und gilt nicht bereits automatisch bei Verwendung der Klausel.

CIP – Carriage and Insurance Paid To (Frachtfrei versichert) und CIF – Cost Insurance and Freight (Kosten, Versicherung und Fracht) [nur Schiff]: Die Vereinbarung von CIP bedeutet, bekanntlich, dass der Verkäufer die Ware versichern muss. War dabei bisher nur eine Mindestdeckung vorgesehen, sieht die Klausel in der Neufassung die Wahl verschiedener Versicherungsstandards, z.B. gem. den „Institute Cargo Clauses (A), (B) und (C)“ vor, wobei (A) Maximalabdeckung, (C) Mindestabdeckung und (B) einen Mittelweg bedeutet. Bei CIF ist Standardvariante weiterhin die Mindestabdeckung, bei CIP hingegen die Maximalabdeckung.

DPU - Delivered at Place Unloaded (Geliefert benannter Ort): Diese Klausel hieß bisher “DAT – Delivered at Terminal (Geliefert Terminal)”. In der Neuauflage wird der Begriff „Terminal“ durch das allgemeinere „Place Unloaded“ ersetzt, um hervorzuheben, dass der Gefahrübergang an jedem Ort, an dem die Ware entladen wird, erfolgt.

Außerdem genügt bei den Klauseln EXW – Ex Works (Ab Werk), FCA – Free Carrier (Frei Frachtführer), FOB – Free On Board (Frei an Bord) und FAS – Free Alongside Ship (Frei Längsseite Schiff) ein Mitteilen der gewünschten Verpackung durch den Käufer bei Vertragsschluss nicht mehr, sondern es bedarf jetzt einer konkreten Vereinbarung.

Darüber hinaus wurden viele von Fachkreisen erwartete Änderungen, insbesondere die Abschaffung der Klauseln EXW und DDP, nicht umgesetzt. Diese Klauseln gelten im internationalen Handelsverehr als oftmals nicht umsetzbar, da sie alle Ein- und Ausfuhrvoraussetzungen einer Vertragspartei auferlegen, was diese, da nur in einem der beteiligten Länder ansässig, teilweise aus rechtlichen Gründen gar nicht leisten kann. Käufer sollten im Importfall deshalb stets (mindestens) auf FCA bestehen.

Anmerkung

Die Incoterms 2020 verändern die bisherigen Regelungen eher moderat. Sie sollen v.a. bisherige Unklarheiten beseitigen und die Klauseln anwenderfreundlicher machen. Zur Vermeidung von Unklarheiten sollte im Vertrag stets zusätzlich zu Klausel und Lieferort die geltende Fassung der Incoterms genannt werden. Dies ist durch den Zusatz „2020“ oder den Hinweis auf „die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültige Fassung der Incoterms“ (z.B. in AGB) möglich. Die ICC schlägt folgende Formel zur unmissverständlichen Einbeziehung der Incoterms vor:

[gewählte Klausel] [benannter Hafen, Ort oder Stelle] Incoterms 2020

Schwierigkeiten bereitet aber weniger die Aufnahme in den Vertrag als die Auswahl der richtigen Klausel. Nicht jede Klausel ist für jedes Geschäft geeignet. Die sog. „blauen“ Klauseln (FAS, FOB, CFR und CIF) sind z.B. nur für den Schiffstransport gedacht. Eine unpassende Klausel kann für eine Partei unerwartete Kosten verursachen oder die vertragsgemäße Durchführung ganz unmöglich machen. Außerdem sollte den Parteien bewusst sein, dass die Incoterms einen Kaufvertrag nicht ersetzen, sondern nur ergänzen können. Sie enthalten z.B. weder Regelungen zum Eigentumsübergang vom Verkäufer auf den Käufer, noch zur Beschaffenheit der Ware oder der Art und Fälligkeit der Gegenleistung. 

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Schlagworte zum Thema:  Handelsrecht, Kaufvertrag, Lieferant