Unrichtige Angaben zur Doppelversicherung kann Versicherungsschutz kosten
Wer einen Versicherungsvertrag abschließt, der muss sich an Verhaltenspflichten – sogenannte Obliegenheiten – halten, wenn er im Schadenfalls auch eine Leistung erhalten will.
Eine Frau verletzt sich innerhalb von acht Monaten einmal am rechten und einmal am linken Daumen, so dass sie beide nicht mehr richtig einsetzen kann. Von ihrer Unfallversicherung fordert sie Invaliditätsleistungen in Höhe von gut 45.000 Euro. Grundsätzlich ein normaler Fall, bei dem geprüft werden müsste, ob die Schäden wirklich Folgen eines Unfalls und damit von der Versicherung abgedeckt sind. Doch hier lag das Problem woanders.
Zwei Unfallanzeigen am selben Tag
Die Frau hatte nämlich am selben Tag zwei Unfallanzeigen ausgefüllt und versandt. Sie gingen an zwei Versicherer, bei denen sie Verträge hatte. Allerdings hatte sie in beiden Fällen die Frage nach weiteren Unfallversicherungen bei anderen Gesellschaften nicht beantwortet.
Sie habe die Frage aus Versehen nicht beantwortet, rechtfertigte sich die Versicherungsnehmerin. Wenig glaubhaft, befand das OLG Koblenz. Das hat gravierende Folgen.
Wahrheitsgemäßes Ausfüllen von Anzeigen ist Pflicht
Nach § 9 Nr. II AUB muss der #Versicherte die vom Versicherer versandte #Unfallanzeige #wahrheitsgemäß auszufüllen.
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Und nach § 10 der Bedingungen
- wird der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei,
- wenn der Versicherte nach Eintritt des Versicherungsfalls eine von ihm zu erfüllende Obliegenheit verletzt hat.
- Ausnahme: die Verletzung der Obliegenheit erfolgte weder vorsätzlich noch grob fahrlässig.
Gericht sieht kein Versehen
Doch das Gericht sah eine solche Ausnahme hier nicht. Schließlich waren nicht nur beide Unfallanzeigen am selben Tag ausgefüllt worden. Bis auf die Frage nach einer weiteren Versicherung waren auch alle Fragen vollständig beantwortet worden. Die klagende Versicherungsnehmerin habe deshalb keinen Anspruch auf Invaliditätsleistungen, entschied das OLG Koblenz:
- Ein Versicherungsnehmer könne sich nicht darauf berufen, dass sich der Versicherer die nötigen Informationen anderweitig hätte besorgen können. Dies würde eine Verkennung des Wesens der Aufklärungspflicht bedeuten, die ein Versicherter hat
- Könnte ein Aufklärungspflichtiger die vorsätzliche Verletzung der Pflicht damit rechtfertigen, dass der Versicherer in der Lage gewesen sei, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben zu durchschauen, wäre dies gleichbedeutend mit einem Recht zur Lüge
Die Versicherung muss also wegen Obliegenheitsverletzung der Versicherungsnehmerin nicht zahlen.
(OLG Koblenz, Beschluss v. 12.4.2016, 10 U 778/15).
Hinweis: Leistungsfreiheit des Versicherers ist eine mögliche Konsequenz von Obliegenheitsverletzungen vor oder nach Eintritt des Versicherungsfalls.
- Dem Versicherungsnehmer muss ein Vorsatz oder zumindest eine grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden.
- Die Rechtsfolge kann nur eintreten, wenn sie ausdrücklich in den AVB vereinbart wurde.
- Leistungsfreiheit tritt bei Verletzung einer Obliegenheit nicht von selbst ein. Das Versicherungsunternehmen muss sie geltend machen.
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