Gericht erlaubt Widerspruch gegen Versicherungsvertrag noch nach zehn Jahren
„Dem Abschluss dieses Vertrages können Sie innerhalb von 14 Tagen ab Zugang dieser Unterlagen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“ So lautete die Widerrufsbelehrung im Versicherungsschein zu einer fondsgebundenen Rentenversicherung mit Todesfall-Risikoversicherung.
Formulierung im Versicherungsschein nicht eindeutig
Der Kläger, der die Versicherung zum 01.07.2001 abgeschlossen und bis August 2007 Beiträge gezahlt hatte, bevor er die Versicherung beitragsfrei stellte, widerrief diese am 20.09.2011, also gut zehn Jahre nach Abschluss. Er begründete die Zulässigkeit dieses späten Widerrufs damit, dass er über das Widerspruchsrecht (§ 5a Abs. 2 S. 1 VVG a.F.) nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei.
Nötige Schriftform kommt nicht klar zum Ausdruck
Die Formulierung „Absendung“ im Versicherungsschein mache nicht hinreichend deutlich, dass der Widerspruch schriftlich erfolgen müsse.
- Zwar sei klar, dass mündliche Erklärungen nicht abgesendet werden könnten.
- Aber auch zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Jahr 2001 seien E-Mails und Telefaxe gängig gewesen, die aber der gesetzlichen Erfordernis der Schriftform gemäß § 126 Abs. 1 BGB a.F. nicht genügen.
Rückabwicklungsforderungen nicht verjährt
Das OLG Karlsruhe schloss sich der Argumentation des Klägers an. Das Fehlen einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung hat zur Folge, dass der Kläger auch im Jahr 2011 noch ein Widerspruchsrecht hatte.
Damit sind die Forderungen des Klägers auch nicht verjährt.
- Der verlangte von der Versicherung nämlich eine Rückerstattung der gezahlten Versicherungsprämien.
- Allerdings muss er sich Abzüge für den Risikoschutz gefallen lassen, der mit dem Vertrag verbunden war.
Vorherige Kündigung ändert nichts am Widerspruchsrecht
Dass der Kläger vor dem Widerspruch die Versicherung gekündigt hatte (zum 1.5.2011) ändert nichts an seinem Widerspruchsrecht. Denn da er über das Widerspruchsrecht nicht ausreichend belehrt worden war, konnte er sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerspruch nicht sachgerecht ausüben.
(OLG Karlsruhe, Urteil v. 22.05.2015, 12 U 122/12).
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