Bei mangelnder Aufklärung keine Kosten für Zahnbehandlung zahlen
Der Fall
Die heute 56 Jahre alte beklagte Patientin aus Bad Salzuflen ließ sich von September 2007 bis Juni 2008 von einem Kieferchirurgen in Hannover zahnärztlich behandeln. Die für den Kieferchirurgen klagende Abrechnungsgesellschaft hat von der Beklagten die Zahlung eines Anteils von ca. 16.000 Euro von den bislang mit ca. 42.000 Euro in Rechnung gestellten kieferchirurgischen Behandlungskosten verlangt. Der Kieferchirurg führte bei der Beklagten eine Implantatbehandlung mit Knochenaufbau durch, wobei der Aufbau des Ober- und Unterknochens durch gezüchtetes Knochenmaterial (Eigenknochenzüchtung) erfolgen sollte.
Nichts von Kosten in Höhe von 90.000 Euro gewusst
Die Beklagte hat u.a. vorgetragen, nicht über andere Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt worden zu sein und auch nicht gewusst zu haben, dass bei der gewählten Behandlungsmethode Kosten in Höhe von mehr als 90.000 Euro anfallen würden. In Kenntnis der Kosten hätte sie der durchgeführten Behandlung nicht zugestimmt.
Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte Patientin anders entschieden
Die Rechtsverteidigung der Beklagten war erfolgreich. Ebenso wie das erstinstanzliche Urteil des Landgericht Detmold hat das OLG Hamm den geltend gemachten
Honoraranspruch abgewiesen. Der Kieferchirurg habe die Beklagte nicht ordnungsgemäß über andere Behandlungsmöglichkeiten und deren Risiken aufgeklärt. Im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung hätte sich die Beklagte gegen die kostenintensive Behandlung mit der Eigenknochenzüchtung entschieden. Dann wären die dem geltend gemachten Honoraranspruch zugrunde liegenden zahnärztlichen Leistungen nicht angefallen.
Risiken der Knochenentnahme übertrieben dargestellt
Der vom Senat angehörte Sachverständige habe festgestellt, dass neben der
Eigenknochenzüchtung die Verwendung von Knochenersatzmittel und die
Knochenentnahme aus dem Beckenkamm als weitere Behandlungsmöglichkeiten
in Betracht gekommen seien. Im Rahmen seiner Patientenaufklärung
habe der behandelnde Kieferchirurg unstreitig nur auf die Knochenentnahme
als alternative Behandlungsmöglichkeit hingewiesen. Dabei habe er die Risiken
der Eigenknochenzüchtung, die allein Kosten von ca. 15.000 Euro verursacht
habe, verharmlost. Mit dieser Methode sei es schwierig, den bei größeren
Defekten erforderlichen dreidimensionalen Aufbau zu erreichen. Demgegenüber
habe er die Risiken der Knochenentnahme übertrieben dargestellt, weil - entgegen seinen geäußerten Bedenken - bei der Patientin aus beiden Beckenkämmen genügend Knochenmaterial habe entnommen werden können.
(OLG Hamm, Urteil v. 12.08.2014, 26 U 35/13)
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