Patiententipp: Zusatznutzen neu zugelassener Arzneimittel

Nach dem aktuellen Innovationsreport der Techniker Krankenkasse bringt nicht jedes neue Arzneimittel den erhofften Mehrwert. Patienten sollten im Arztgespräch daher immer abklären, warum der Arzt Ihnen ein neu zugelassenes Medikament verordnet.

Kommt ein neues Medikament auf den Markt, soll damit in der Regel ein therapeutischer Fortschritt für Patienten verbunden sein. Das ist dem neuen Innovationsreport der Techniker Krankenkasse zufolge aber eher die Ausnahme.

Patienten sollen Verschreibung von neu zugelassenem Arzneimittels kritisch hinterfragen

Daher sollten sich Patienten immer nach dem Grund erkundigen, wenn ihnen der Arzt ein neu zugelassenes Medikament verordnet. «W-Fragen sind dabei die wichtigsten», sagt Stefan Palmowski von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland. «Warum kriege ich ein neues Medikament?» sei das Erste, was der Patient fragen sollte, empfiehlt der Experte aus der UPD-Beratungsstelle Dortmund.

Oft kein Nachweis für Zusatznutzen des neu zugelassenen Arzneimittels

Dem TK-Report zufolge werden nach wie vor bei einer Vielzahl von Patienten neu auf den Markt gekommene Medikamente verordnet, obwohl für die zu behandelnde Krankheit kein Zusatznutzen nachgewiesen werden konnte. Die Studie wurde am Mittwoch in Berlin vorgestellt.

Patienten sollten daher auch Fragen zum Medikament stellen: Was soll der bessere Effekt sein, den dieses Medikament gegenüber älteren, schon länger zugelassenen Mitteln hat? Wie wird es sich bei mir auswirken? Was soll es bei mir erreichen? Ziel des Arztes könne zum Beispiel sein, bestimmte Blutwerte zu verbessern, was der Patient in der Regel nicht selbst merken kann, erläutert Palmowski. Auch Konkretes könne bezweckt werden - etwa, dass der Patienten innerhalb eines bestimmten Zeitraums besser Luft bekommt.

Mögliche Nebenwirkungen müssen bei Zulassungsstudien aufgefallen sein

Auch die Frage nach möglichen Nebenwirkungen darf nicht fehlen. «Diese müssen bei den Zulassungsstudien aufgefallen sein», erklärt der Patientenberater. Darüber hinaus ist es ratsam, sich nach Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu erkundigen. An diesem Punkt können auch Apotheken weiterhelfen. Und wer wissen will, für welche Patientengruppen das neue Medikament überhaupt gedacht ist, könne sich beim UPD-Arzneimittelberatungsdienst danach erkundigen.

Hintergrund: Ergebnisse des Innovationsreports der Techniker Krankenkasse

Von neuen Medikamenten erhoffen sich viele Patienten eine bessere Wirkung. Der erwünschte therapeutische Fortschritt ist aber eher selten, meint die Techniker Krankenkasse.

Nur drei von 20 neuen Arzneimitteln als innovativ bewertet

Ein Forscherteam der Universität Bremen nahm im Auftrag der TK die 20 Arzneimittel unter die Lupe, die im Jahr 2011 neu auf den Markt gekommen waren. Nur drei bewerteten die Forscher als tatsächlich innovativ. Dies hatten die offiziellen Bewertungen der Medikamente dagegen nicht gezeigt. «Die Ergebnisse zu den Auswertungen für das Jahr 2011 fallen insgesamt betrachtet eher bescheiden aus», resümierte der Studienleiter und Pharmakritiker Gerd Glaeske.

Unter den Medikamenten waren Arzneien gegen Krebs, Multiple Sklerose, Hepatitis C, Herz-Kreislauf- und Stoffwechsel-Störungen.

Zehn Mittel waren nach Erkenntnis der Forscher nur begrenzt innovativ. Den restlichen sieben maßen sie gar keinen Fortschritt zu.

Kein Beweis für Zusatznutzen der neuen Arzneimittel

Es gebe keinen vernünftigen Beweis dafür, dass diese Arzneimittel im Vergleich zu vorhandenen Therapien, aber auch unter Kostenaspekten empfehlenswert wären, erklärte Glaeske.

Innovationsreports für das Jahr 2010: Nur ein Arzneimittel innovativ

Bereits vergangenes Jahr hatten die Wissenschaftler einen Innovationsreport vorgelegt. Damals analysierten sie 21 Medikamente, die 2010 auf den Markt gekommen waren. Nur ein Mittel erhielt das Prädikat innovativ, 14 schnitten mit nicht innovativ ab.

Trotz der mittlerweile besseren Ergebnisse bleibt Glaeske kritisch. Er sprach sich dafür aus, neue Präparate fortlaufend zu prüfen. Die offizielle Bewertung beziehe sich nur auf den Zeitraum, bevor ein neues Medikament auf den Markt kommt. Die Forschung gehe jedoch danach weiter, betonte Glaeske. Außerdem könnten zum Zeitpunkt der Zulassung manche Wirkungen gar nicht bekannt sein, weil die Anzahl der dort geprüften Probanten meist zu klein sei.

Die Arzneimittelhersteller zogen unterdessen ihre eigene Innovationsbilanz - und die könne sich sehen lassen, teilte der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA) mit. Allein in den letzten beiden Jahren seien 51 Medikamente mit neuen Wirkstoffen auf den Markt gekommen.

dpa

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