Die Krankenkassen versprachen sich ein attraktiveres Leistungsportfolio: mit den Beitragsrückzahlungen und den Selbstbehalten ein attraktives Instrument im Rahmen der Haltearbeit guter Kunden.
Das traf nur in geringem Maße ein, weil die Rahmenbedingungen aufgrund der gesetzgeberischen Einschränkungen einfach zu eng sind. Und der Gesetzgeber strickt fleißig daran, dass Wahltarife nach Ansicht vieler Kassenexperten endgültig ins Aus gedrängt werden.
Durch eine von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr geplante Gesetzesänderung könnten diese Tarife so teuer werden, dass sie sich künftig weder für die Versicherten noch für die Kassen lohnen und damit eingestellt werden müssten. Damit bestehe die Gefahr, dass die letzten Gutverdiener, die die Kassen über derartige Zusatztarife an sich binden konnten, in die private Krankenversicherung abwandern.
Finanzierung muss ohne Halteeffekte funktionieren
Um die finanzielle Tragfähigkeit eines Wahltarifs zu belegen, konnten bis Ende 2010 die positiven Deckungsbeiträge, die durch das Halten bzw. die Neugewinnung von Versicherten erzielt wurden, kalkulatorisch innerhalb des jeweiligen Tarifs berücksichtigt werden. Dabei werden die Beiträge hinzugerechnet, die bei einem Wechsel in die PKV wegfallen würden. Nach Kassenangaben werden bis zu 90 % der Kosten über diesen Weg kalkuliert. § 53 Abs. 9 SGB V schreibt jedoch ab 1.1.2011 vor, dass Wahltarife sich jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen auf Dauer finanziert werden (Nachweis der Wirtschaftlichkeit). Halteeffekte sind nicht mehr genannt. Das BVA hatte die gesetzliche Neuregelung im Sommer 2011 zum Anlass genommen, künftig bei dem Beleg der Tragfähigkeit der Wahltarife auf die Berücksichtigung von Halteeffekten zu verzichten. Die Aufsichtsbehörde der bundesunmittelbaren Kassen hatte angekündigt, im Jahr 2014 versicherungsmathematische Gutachten von allen Krankenkassen für alle Wahltarife (ausgenommen Versorgungstarife) anzufordern.
Neuregelung für 2014 geplant
Um ein einheitliches Handeln der Aufsichtsbehörden sicherzustellen und letzte Zweifel auszuräumen, will Gesundheitsminister Bahr nun die Nichtberücksichtigung von Halteeffekten ausdrücklich im Gesetz regeln. Quersubventionierungen zulasten des gesamten Versichertenkollektivs sollen spätestens Ende 2014 der Vergangenheit angehören. Das soll grundsätzlich für alle Wahltarife gelten. Viele der Tarife rechnen sich jedoch erst, wenn die Beiträge von Versicherten einberechnet werden, die von einem Wechsel in die private Krankenversicherung abgehalten wurden. Bahr erfüllt mit der Regelung eine Forderung der privaten Krankenversicherungen, denen die Wahltarife schon lange ein Dorn im Auge sind. Sie hatten immer wieder gefordert, den gesetzlichen Kassen das Angebot von Wahltarifen gänzlich zu verbieten. Das geschieht nun tatsächlich durch die Hintertür. Begründet wird die Initiative im Bundesgesundheitsministerium mit dem europarechtlich geltenden Verbot der Quersubventionen.
Kassen werden wohl die meisten Tarife schließen müssen
Gut verdienende Mitglieder, die bisher einen Wahltarif genutzt haben, werden in Zukunft eher geneigt sein, zur privaten Krankenversicherung zu wechseln. «Dürfen wir die Halteeffekte nicht mehr berücksichtigen, besteht die Gefahr, gut verdienende Mitglieder unwiderruflich an die Privatversicherung zu verlieren und damit auch ihre Beitragszahlungen zugunsten der Kranken, die die Unterstützung der solidarischen Versicherung brauchen. Unsere Wahltarife tragen sich selbst und werden nicht von anderen Versicherten subventioniert», sagte TK-Vorstandschef Jens Baas.
Der Gesetzgeber wird mit dieser Neuregelung offensichtlich die wenigen Chancen, die mit den Wahltarifen für die Kassen verbunden sind, zu einem großen Teil amputieren. Die Wahltarife werden damit endgültig zu einem kaum tragbaren finanziellen und kalkulatorischen Risiko für die Kassenhaushalte.
Meine Kündigung der GKK Securvita wurde abgelehnt mit Begründung, dass sich der Wahltarif mit 3 jähriger Bindungsfrist gerade zum 2. Mal verlängert hat. Die Kündigung der Mitgliedschaft bei dieser Krankenkasse wurde auf einen Termin in 2.5 Jahren umgedeutet!
was ist die Gesetzesgrundlage für ihren Satz: Zitat: für zeitlich befristete Tarife, in denen sich die Laufzeit automatisch verlängert, darf aber nicht um die Mindestbindungsfrist von 3 Jahren verlängert werden. .... Zitat: Während einer solchen Verlängerungsphase kann die Kassenmitgliedschaft gekündigt werden.
Eine Gesetzestext zu einem der beiden Aussagen würde mir schon weiterhelfen.
Kommentar v. Sommer, SGB V § 53 Wahltarife: Die Mindestbindungsfrist von 3 Jahren gilt nicht für besondere Härtefälle. Das Sonderkündigungsrecht für Wahltarife in der Satzung der Krankenkasse stellt sicher, dass Versicherte in besonderen Härtefällen nicht an diesen Wahltarif gebunden sind; denn den Versicherten kann wegen nicht vorhersehbarer Ereignisse (z. B. chronische Erkrankung oder Pflegebedürftigkeit) das Festhalten an einem Wahltarif nicht zugemutet werden. Nur außergewöhnliche Umstände sind als Härtefall anzusehen. So rechtfertigt eine Veränderung, die ein weiteres Festhalten am Tarif unzumutbar macht, eine Sonderkündigung (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 23.4.2009, L 5 B 15/09 KR E). Die Satzungen der Krankenkasse sollten hierbei zumindest einige Regelbeispiele für einen besonderen Härtefall nennen (Dreher, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 53 Rz. 123).
Beste Grüße!
Haufe Online-Redaktion Sozialwesen