Sind Kassen machtlos gegen Beitragsschuldner?
Während die US-Bürger immer heftiger über die Einführung einer allgemeinen Krankenversicherungspflicht diskutieren, nähert sich die Bundesrepublik bald einem Status, den man als „Vollversorgung“ bezeichnen kann. Nur noch rund 0,2 % der Gesamtbevölkerung sind nicht krankenversichert.
Vollversicherung ist Ergebnis einer Gesundheitsreform
Im Wesentlichen beruht dieses politisch gewollte Ergebnis auf der noch von Ulla Schmidt eingeführten Gesundheitsreform 2007. Damals wurde eine Krankenversicherungspflicht für Personen ohne anderweitige Absicherung im Krankheitsfall eingeführt (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V) bzw. eine analoge Regelung innerhalb der privaten Krankenversicherung geschaffen.
Kassen wurde wirkungsvolles Instrument genommen
Gleichzeitig wurde den Krankenkassen die Option genommen, die Versicherung von Selbstzahlern (z.B. freiwillig versicherten Selbstständigen) zu beenden, wenn deren Beiträge für 2 Monate nicht gezahlt werden. Alternativ wurde die Leistungskürzung als Sanktionsinstrument eingeführt, um Druck auf säumige Zahler ausüben zu können.
Druck durch Leistungskürzung ist weitgehend wirkungslos
Wer seinen Beitrag nicht zahlt, erhält nur eine stark eingeschränkte Versorgung (Notfallbehandlung bei akuten Schmerzen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft) - die „normalen“ Leistungen ruhen. Um erneut den vollen Leistungsausspruch zu erlangen, genügt es aber bereits, eine - oftmals langlaufende – Ratenzahlung zu vereinbaren. Zwar müssen die nicht gezahlten Beiträge einschließlich Säumniszuschlägen nachentrichtet werden, doch erst einmal haben die zahlungsschwachen Mitglieder für sich wertvolle Zeit gewonnen. Da freiwillige Mitglieder keinen Ausschluss aus der Krankenkasse mehr befürchten müssen, ist die Zahlungsmoral auch bei den schon länger freiwillig Versicherten deutlich gesunken - und die Beitragsrückstände dramatisch angestiegen.
Versicherte melden sich erst bei Bedarf an?
Die Kassen stellen außerdem fest, dass sich die meisten Rückkehrer erst dann bei ihrer Krankenkasse anmelden, wenn sie Leistungen benötigen. Die Krankenkassen verlangen dann jedoch rückwirkend Beiträge von den Versicherten. Doch weder der auf 5 % erhöhte Säumniszuschlag für die Rückkehrer, noch der auf die Notfallbehandlung beschränkte Leistungsumfang haben bewirkt, dass Beitragsrückstände ausgeglichen werden.
Vollstreckung geht häufig ins Leere
Natürlich werden die rückständigen Beiträge von den Krankenkassen eingeklagt und vollstreckt. Doch das entpuppt sich meist als kontraproduktiv: die säumigen Mitglieder sind meist gar nicht dazu in der Lage, die Beiträge zu zahlen. So wird mit einem gewaltigen Aufwand – dazu sind die Kassen gesetzlich verpflichtet – versucht, die Außenstände einzutreiben. Meist jedoch lediglich mit dem Erfolg, dass dadurch weitere Kosten produziert werden.
Handlungsbedarf beim Gesetzgeber
Hier scheint Handlungsbedarf zu bestehen, denn das Geld fehlt im System. Natürlich machen die Rückstände insgesamt auf alle Einnahmen bezogen nur einen sehr geringen Bruchteil aus. Dennoch ist der Gesetzgeber in der Pflicht, eine Regelung zu finden, die den Betroffenen ermöglicht, bei verkraftbaren Beiträgen in der GKV zu verbleiben. Und die Solidargemeinschaft außerdem davor schützt, für die wirtschaftlichen Probleme einer immer größer werden Gruppe geradestehen zu müssen.
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