Bereitschaftsärzte im Nachtdienst einer Klinik sind nicht scheinselbstständig
Eine psychosomatische Akutklinik hatte mit neun Ärzten Rahmenverträge über den Einsatz als freie Mitarbeiter geschlossen. Es ging jeweils um die Tätigkeit als Bereitschaftsarzt im Nachtdienst an einzelnen Tagen von 17 Uhr bis 8 Uhr des darauffolgenden Tages. Für den Nachtdienst erhielten sie eine Einsatzpauschale je Einsatztag (zwischen 200 Euro und 300 Euro). Während der Nachtzeit hielt sich kein angestellter Klinikarzt in der Klinik auf. Zudem fanden in dieser Zeit keine Therapien statt.
DRV fordert 20.000 Euro Sozialversicherungsbeiträge
Nach einer Betriebsprüfung forderte die Deutsche Rentenversicherung von der Klinik Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von rund 20.000 Euro für den Zeitraum Dezember 2006 bis Dezember 2010 nach. Die Bereitschaftsärzte übten dieselbe Tätigkeit aus, wie fest angestellte Ärzte und seien faktisch in die Klinikorganisation eingebunden. Es liege eine abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor. Die Klinik hat hiergegen geklagt, jedoch in erster Instanz verloren. Das Sozialgericht Freiburg hat sich der Auffassung der Deutschen Rentenversicherung angeschlossen.
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LSG hebt Beitragsforderung auf
Die Berufung der Klinik war erfolgreich. Die Richterinnen und Richter des Landessozialgerichts Baden-Württemberg haben sich in einer ausführlichen Anhörung die Abläufe schildern lassen, danach den Sachverhalt in entscheidenden Punkten anders bewertet als die erste Instanz und die Beitragsnachforderung aufgehoben.
Weisungsrecht und Eingliederung in die Klinik nicht gegeben
Es gab keine Weisungsrechte der Klinik hinsichtlich der Dienstzeiten. Die Bereitschaftsärzte konnten selbst bestimmen, an welchen Tagen sie zum Einsatz kommen wollten. Die Klinik hat ihnen keine Einsatztage vorgegeben, sondern nach den Vorgaben der Bereitschaftsärzte, die zum Teil auch eigene Arztpraxen führten, den Dienstplan aufgestellt. Da nachts ohnehin keine Therapien durchgeführt wurden, ging es auch nur um eine basismedizinische Versorgung, die anders organisiert werden konnte, als der Klinikalltag. Für etwaige nächtliche psychische Krisensituationen stand ein Facharzt in Rufbereitschaft zur Verfügung, die Bereitschaftsärzte führten keine eigene Behandlung durch. Sie waren auch nicht in die tägliche routinemäßige Versorgung der Patienten oder in die Klinikorganisation eingebunden und mussten – anders als die fest angestellten Ärzte - weder an Dienst- oder Teambesprechungen noch an Weiterbildungen teilnehmen.
Hinweis: LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.5.2017, Az. L 11 R 771/15
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