Einsprüche gegen Kostenaberkennung bei gemischt genutzten Arbeitszimmern
Sind die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich abziehbar, wenn der Raum privat und beruflich/betrieblich genutzt wird?
Auffassung der Rechtsprechung
Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hatte auf diese Frage bereits mit Beschluss vom 27.07.2015 - GrS 1/14 (Haufe Index 8993478) eine eindeutige Antwort: Nein, noch nicht einmal anteilig. Nach Gerichtsmeinung dürfen die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers nur dann steuerlich abgezogen werden, wenn der Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche und berufliche Zwecke genutzt wird. Nach dem BFH-Beschluss ist ein anteiliger Kostenabzug auch für Arbeitsecken im Wohnzimmer oder beruflich genutzte Durchgangszimmer ausgeschlossen.
Hintergrund: Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem ein Vermieter sein häusliches Büro zu 60 Prozent für die Verwaltung seiner Vermietungsobjekte und zu 40 Prozent für private Zwecke genutzt hatte. Eine anteilige Berücksichtigung der Raumkosten war nach Gerichtsmeinung nicht zulässig, da der Steuergesetzgeber ausdrücklich an den herkömmlichen Begriff des "häuslichen Arbeitszimmers" anknüpfen wollte. Dieser Begriff erfasse nur einen Raum, der wie ein Büro eingerichtet ist und (nahezu) ausschließlich zur Erzielung von Einnahmen genutzt wird. Eine Kostenaufteilung und anteilige Anerkennung (für den beruflich bzw. betrieblich genutzten Teil) ist nach Auffassung des BFH unter anderem deshalb nicht möglich, weil sich der tatsächliche Nutzungsumfang des Zimmers in der privaten Wohnung nicht überprüfen lässt.
Nachdem die höchstrichterliche Rechtsprechung dieser Leitentscheidung in der Folgezeit in zahlreichen Entscheidungen gefolgt war (z.B. im BFH Urteil vom 17.02.2016 - X R 26/13, Haufe Index 9471509: "Kein anteiliger Kostenabzug für Küche, Bad und Flur"; BFH Urteil vom 22.03.2016 - VIII R 10/12, Haufe Index 9707925: "Raumteiler ermöglicht keinen anteiligen Raumkostenabzug") und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Verfassungsbeschwerde zum Themenkreis mit Beschluss vom 27.09.2017 - 2 BvR 949/17 nicht zur Entscheidung angenommen hat, widmen sich die obersten Finanzbehörden der Länder nun den verfahrensrechtlichen "Aufräumarbeiten":
Allgemeine Einspruchszurückweisung
Mit Allgemeinverfügung vom 30.04.2018 haben die Finanzbehörden alle an diesem Tag anhängigen und zulässigen Einsprüche gegen Einkommensteuerbescheide und Feststellungen zurückgewiesen, soweit Einspruchsführer darin geltend gemacht haben, dass die Kostenaberkennung für privat mitgenutzte Arbeitszimmer einfachgesetzlich fraglich ist oder gegen das Grundgesetz verstößt.
Allgemein zurückgewiesen wurden mit der Allgemeinverfügung ferner entsprechende Anträge auf Aufhebung oder Änderung von Einkommensteuerbescheiden und Feststellungen, die außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellt worden sind.
Hinweis: Allgemeinverfügungen werden von der Finanzverwaltung genutzt, um anhängige Masseneinsprüche und Massenanträge zu Rechtsfragen zurückzuweisen, die zwischenzeitlich vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom BVerfG oder vom BFH (abschlägig) entschieden worden sind.
Wirkung der Allgemeinverfügung
Die Allgemeinverfügung beendet ein Einspruchsverfahren nur dann, wenn das Finanzamt über den übrigen Teil des Einspruchs bereits durch eine Teileinspruchsentscheidung (= "Abklemmung entscheidungsreifer Teile") bestandkräftig entschieden hat. Andernfalls bleibt das Einspruchsverfahren weiterhin anhängig - selbst, wenn die Allgemeinverfügung sämtliche Einwände abdeckt, die der Einspruchsführer vorgebracht hat.
Klageweg als letzte Option
Ist ein Einspruchsverfahren durch die Allgemeinverfügung beendet worden, will der Einspruchsführer sein Einspruchsbegehren aber gleichwohl weiterverfolgen, hat er nun die Möglichkeit, vor dem zuständigen Finanzgericht gegen die Allgemeinverfügung zu klagen. Die Frist für die Klageerhebung beträgt ein Jahr.
Privatnutzung unter zehn Prozent ist weiterhin zulässig
Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers werden von den Finanzämtern weiterhin komplett als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anerkannt, wenn die Privatnutzung unter zehn Prozent liegt. Dies ergibt sich aus Randziffer 3 des BMF-Schreibens vom 6.10.2017 (BStBl 2017 I, S. 1320), wonach bei einer solch geringen Privatnutzung weiterhin ein häusliches Arbeitszimmer anzunehmen ist.
Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder v. 30.4.2018.
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