Ausgleichszahlungen nach dem neuen § 14 Abs. 2 KStG
Negatives BFH-Urteil
Damit eine ertragsteuerliche Organschaft anerkannt werden kann, ist u.a. Voraussetzung, dass die Organgesellschaft ihren ganzen Gewinn an den Organträger abführt. Abweichend von diesem Grundsatz hatte die Finanzverwaltung bisher variable Ausgleichszahlungen als für eine Organschaft unschädlich eingestuft (BMF, Schreiben v. 20.4.2010, BStBl 2010 I S. 372). Der BFH verneinte die Abführung des gesamten Gewinns für den Fall, dass eine Ausgleichszahlung an einen außenstehenden Gesellschafter neben einem festen auch einen variablen am Ertrag orientierten Bestandteil enthielt (BFH Urteil vom 10.05.2017 - I R 93/15).
Reaktion des Gesetzgebers
Um einen harten Schnitt zu vermeiden wurde der Gesetzgeber noch im Dezember 2018 aktiv und hat in § 14 Abs. 2 KStG i.d.F. des UStAVermG ausdrücklich gesetzlich geregelt, unter welchen Voraussetzungen der ganze Gewinn noch als abgeführt gilt. Dies ist auch noch der Fall, wenn über den mindestens zugesicherten Betrag i.S.d. § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG hinausgehende Ausgleichszahlungen vereinbart und geleistet werden.
Allerdings nur sofern die Ausgleichszahlungen insgesamt den quotalen Gewinnanteil am gezeichneten Kapital des Wirtschaftsjahres nicht überschreitet, der ohne Gewinnabführungsvertrag hätte geleistet werden können. Zusätzlich muss der über den Mindestbetrag nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG hinausgehende Betrag nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet sein (sog. Kaufmannstest).
Finanzverwaltung erläutert Zweifelsfragen
Die gesetzliche Intention und auftretende Fragen aus Praxis hat die Finanzverwaltung nun in einem BMF-Schreiben zusammengefasst.
Anwendungsbereich
Wer die Ausgleichszahlung an den außenstehenden Gesellschafter leistet - Organgesellschaft oder Organträger - ist für die Anwendung des § 14 Abs. 2 KStG. Ebenso irrelevant ist es, wer die Ausgleichszahlung zivilrechtlich schuldet. Die nach § 16 KStG hat stets die Organgesellschaft die Ausgleichszahlungen zu versteuern hat. Wurde neben dem Mindestbetrag nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG zwar auch eine gewinnabhängige Ausgleichszahlung vereinbart, gibt es aber z.B. wegen eines Verlustes keine variable Betragskomponente, ist § 14 Abs. 2 Satz 1 KStG in diesem Jahr nicht einschlägig. Die feste Ausgleichszahlung ist ohne weitere Überprüfung unschädlich für die steuerliche Anerkennung der Organschaft. Enthält die Vereinbarung zu der Ausgleichszahlung keine Festbetragskomponente, sondern nur eine variable Komponente, unterliegt die gesamte Ausgleichszahlung der betragsmäßigen Begrenzung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 KStG.
Höchstbetrag
Bezugsgrößen für eine Ausgleichszahlung für den fiktiven anteiligen Gewinnanteil eines außenstehenden Gesellschafters sind stets der Gesamtgewinn der Organgesellschaft und der dem Anteil am gezeichneten Kapital entsprechende Gewinnanteil. Dies lässt sich auch nicht durch disquotale Gewinnverteilungsabreden beeinflussen. Ebenso bleibt eine Ausgleichszahlung, die an dem Ergebnis bestimmter Bereiche der Organgesellschaft bemessen wird (Spartengewinn, sog. Tracking-stock-Struktur) für die Prüfung der steuerlich anzuerkennenden Ausgleichszahlung unbeachtlich. Maßgebend bleibt der Gesamtgewinn der Organgesellschaft aus allen Sparten.
Wie hoch der fiktiv für eine Ausschüttung zur Verfügung stehenden Gewinnanteil ist, ermittelt sich auf Basis einer sog. Stand-alone-Betrachtung. Maßgebend ist damit der Betrag, der ohne Bestehen des Gewinnabführungsvertrages (GAV) hätte an den außenstehenden Gesellschafter geleistet werden müssen. Hierbei ist der handelsrechtliche Jahresüberschuss vor Gewinnabführung heranzuziehen. Dieser Wert wird gemindert um
- Zuführungen in gesetzliche Rücklagen,
- Zuführungen in andere Gewinnrücklagen (§ 272 Abs. 3 HGB),
- Ausschüttungsgesperrte Beträge (z.B. § 253 Abs. 6 HGB),
- Fiktive Ertragsteuerbeträge (KSt, GewSt),
die ohne Bestehen der Organschaft für die Organgesellschaft entstanden wären. Steuerumlagen sind bei dieser Ermittlung der fiktiven Ertragsteuerbelastung der Organgesellschaft gegenzurechnen bzw. einzubeziehen. Hinzuzurechnen sind
- Auflösung einer in organschaftlicher Zeit gebildeten Rücklagen,
- Gewinnmindernde Ausgleichszahlungen an den außenstehenden Gesellschafter,
- Körperschaftsteueraufwand für Ausgleichszahlungen nach § 16 KStG.
Wirtschaftsjahr maßgebend
Der Höchstbetrages nach § 14 Abs. 2 Satz 2 KStG wird für jedes Wirtschaftsjahr gesondert berechnet. Ist der Betrag der geleisteten Ausgleichszahlung in einem Wirtschaftsjahr geringer als der fiktive Gewinnanteil, kann der Minderbetrag nicht in die Berechnung des Höchstbetrages des folgenden Wirtschaftsjahres einbezogen werden.
Kaufmannstest
Ziel des sog. Kaufmannstests i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 3 KStG ist es zu verhindern, dass das Erfordernis der Gesamtgewinnabführung zweck- und systemwidrig durch die Vereinbarung von Ausgleichszahlungen in beliebiger Höhe unterlaufen werden kann. Vor allem rein steuerlich motivierte variable Ausgleichszahlungen ohne sachliche Begründung sollen unterbunden werden.
Daraus leitet sich auch ab, dass der Kaufmannstest nur anzuwenden ist, wenn zwischen Organträger und Minderheitsgesellschafter ein Näheverhältnis besteht. Bei fremden Dritten wird i.d.R. von einem Interessengegensatz und damit sachlichen Gründe für die Vereinbarung der zusätzlichen Ausgleichszahlung ausgegangen.
Rechtsfolgen
Sind die insgesamt geleisteten Ausgleichszahlungen nicht höher als der nach § 14 Abs. 2 KStG zulässigen Höchstbetrag, gilt der ganze Gewinn als abgeführt und die ertragsteuerliche Organschaft ist (vorbehaltlich anderer Defizite) anzuerkennen. Die Organgesellschaft hat nach § 16 KStG ein eigenes Einkommen i.H.v. 20/17 der Ausgleichszahlungen zu versteuern.
Übersteigen die insgesamt geleisteten Ausgleichszahlungen hingegen den zulässigen Höchstbetrag, kann die Organschaft steuerlich nicht anerkannt werden. Der GAV gilt als nicht durchgeführt, die Organgesellschaft ist nach den allgemeinen steuerrechtlichen Vorschriften zur Körperschaftsteuer zu veranlagen (R 14.5 Abs. 8 KStR).
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