Einkünftekorrekturen nach § 1 Abs. 1 AStG bei Teilwertabschreibungen
Das Vorliegen einer "gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung" i.S. des § 1 Abs. 4 AStG ist unter Heranziehung des für die ausländische Tochtergesellschaft maßgebenden materiellen Gesellschaftsrechts zu beurteilen.
Hintergrund: Teilwertabschreibung auf unbesicherte Forderungen und Buchwertübertragungen auf Tochtergesellschaften
Die A (inländische Kapitalgesellschaft) war im Streitjahr 2005 an in- und ausländischen Gesellschaften beteiligt. Die A und mit dieser verbundene Organgesellschaften gewährten verschiedenen nachgeordneten – in Frankreich und den USA ansässigen – Gesellschaften unbesicherte Darlehen. A schrieb diese Darlehen im Streitjahr gewinnmindernd ab.
Außerdem übertrug A Wirtschaftsgüter zu Buchwerten auf eine maltesische Tochtergesellschaft und brachte die Anteile an dieser Gesellschaft ebenfalls zu Buchwerten im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine weitere in Malta ansässige Kapitalgesellschaft ein.
Das FA rechnete die Gewinnminderungen aufgrund der Teilwertabschreibungen außerbilanziell wieder hinzu und erhöhte den Bilanzansatz für die übertragenen Wirtschaftsgüter. Die Klage hatte überwiegend Erfolg. Dagegen legten sowohl die A als auch das FA Revision ein.
Entscheidung: Korrektur der Teilwertabschreibungen und der Einlagen
Der BFH verweist zunächst auf das Urteil vom 27.02.2019 - I R 73/16 (BStBl 2019 II S. 394). Mit diesem Urteil hat der BFH seine (bisherige) Rechtsprechung (BFH Urteil vom 17.12.2014 - I R 23/13, BStBl 2016 II S. 261, und vom 24.06.2015 - I R 29/14, BStBl 2016 II S. 258) aufgegeben. Nach dieser – nunmehr überholten – Rechtsprechung war eine Einkünftekorrektur i.S. einer Preiskorrektur nur möglich, wenn der vereinbarte Preis seiner Höhe (Angemessenheit) nach dem Fremdvergleich nicht standhielt. Nach der geänderten BFH-Rechtsprechung ermöglicht der Korrekturbereich des Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk über eine Preiskorrektur hinaus auch die Neutralisierung der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehensforderung oder einer Teilwertabschreibung hierauf.
Prüfung der Fremdüblichkeit der fehlenden Besicherung
Wäre ein fremder Dritter in der Situation der A (oder der Organgesellschaften) nicht bereit gewesen, die Darlehen unbesichert an die ausländischen Tochtergesellschaften auszureichen, würde der sog. Rückhalt im Konzern dem Fremdvergleich nicht entgegen stehen. Der Konzernrückhalt bedeutet lediglich die Üblichkeit, innerhalb eines Konzerns Kredite nicht wie unter Fremden abzusichern. Allein in den Einflussmöglichkeiten des beherrschenden Gesellschafters auf den Darlehensnehmer innerhalb des Konzerns kann jedoch keine fremdübliche (werthaltige) Besicherung gesehen werden (BFH Urteil vom 27.02.2019 - I R 73/16, BStBl 2019 II S. 394)
Auch das Unionsrecht spricht nicht gegen eine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG
Die grundsätzlich auch im Verkehr mit Drittstaaten geschützte Kapitalverkehrsfreiheit (jetzt Art. 63 AEUV) wird von der insoweit vorrangig anzuwendenden Niederlassungsfreiheit verdrängt (BFH Urteil vom 06.03.2013 - I R 10/11, BStBl 2013 II S. 707, und vom 19.07.2017 - I R 87/15, BFH/NV 2018 S. 298). Für die in Frankreich ansässigen Darlehensnehmerinnen stellt § 1 Abs. 1 AStG eine zur ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (jetzt Art. 49 AEUV) dar (EuGH-Urteil Hornbach-Baumarkt v. 31.5.2018, C-382/16, EU:C:2018:366, HFR 2018 S. 580).
Hinzurechnung der auf der Buchwertübertragung auf die maltesische Tochtergesellschaft beruhenden Gewinnminderung
A hat die Wirtschaftsgüter in die maltesische Tochtergesellschaft verdeckt eingelegt. Denn sie hat für ihre Einlage keine wertadäquate Gegenleistung erhalten. Zwar sind die Anteile der A an der Tochtergesellschaft durch die Einlage wertvoller geworden. Diese Wertsteigerung führt jedoch nicht zu einem greifbaren Vermögensvorteil und ist daher nicht als Gegenleistung, sondern lediglich als Wertreflex zu beurteilen (z.B. BFH Urteil vom 04.03.2009 - I R 32/08, BStBl 2012 II S. 341).
Eine verdeckte Einlage schließt den Tatbestand einer Geschäftsbeziehung i.S.d. § 1 Abs. 1 AStG nicht aus
Geschäftsbeziehung ist jede schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist (§ 1 Abs. 4 AStG). Entscheidend ist daher, ob der Übertragung der Wirtschaftsgüter von der A auf die maltesische Tochtergesellschaft eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zugrunde liegt. Diese kann auch in einer außerhalb des Gesellschaftsvertrags getroffenen Abrede beruhen. Dazu ist das für die maltesische Tochtergesellschaft geltende maltesische Recht heranzuziehen. Das FG hat jedoch zur Änderung der Gesellschafterstellung der Tochtergesellschaft keine Feststellungen getroffen.
Zurückverweisung an das FG
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies den Fall an das FG zurück. Dieses hat die Feststellungen zum Fremdvergleich der unbesicherten Darlehen und zum maltesischen Gesellschaftsrecht nachzuholen.
Hinweis: Konkrete Prüfung der Fremdüblichkeit
Der BFH hebt hervor, dass die Ausreichung unbesicherter Darlehen durch fremde Dritte an die Konzernobergesellschaft eine Würdigung des einer Tochtergesellschaft eingeräumten Darlehens am Maßstab der fremdüblichen Kreditgewährung nicht ersetzen kann. Der Fremdvergleich hat sich vielmehr auch hier an der konkreten darlehensnehmenden Tochtergesellschaft zu orientieren. Bei einer am Bilanzgewinn orientierten variablen Verzinsung sind insbesondere die konkreten Ertragsaussichten der darlehensnehmenden Gesellschaft zu berücksichtigen. Die Konzernüblichkeit der fehlenden Besicherung kann die Fremdüblichkeit nicht begründen (BFH Urteil vom 27.02.2019 - I R 73/16, BStBl 2019 S. 394).
BFH Urteil vom 19.06.2019 - I R 32 17 (veröffentlicht am 09.01.2020)
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