Pauschalbesteuerung von intransparenten Investmentvermögen
Hintergrund
Der Hintergrund dieses neuen BMF-Schreibens vom 4.2.2015 (IV C 1 - S 1980-1/11/10014: 005) ist das EuGH-Urteils vom 9. 10. 2014 in der Rechtssache C-326/12 (van Caster und van Caster), wonach dieser entschieden hatte, dass § 6 InvStG an das Unionsrecht anzupassen ist. Dem Steuerpflichtigen, der Anteile an einem ausländischen Investmentfonds gezeichnet hat, sei die Möglichkeit einzuräumen, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die tatsächliche Höhe seiner Einkünfte nachweisen lässt. Der Inhalt, die Form und das Maß an Präzision, denen die Angaben genügen müssen, um in den Genuss der transparenten Besteuerung zu kommen, müssten von der Finanzverwaltung bestimmt werden, um dieser die ordnungsgemäße Besteuerung zu ermöglichen. Daher kommt die Möglichkeit einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nicht in Betracht.
Falls ein Investmentfonds die durch das InvStG abgeforderten Publizitäts- und Bescheinigungspflichten nicht erfüllt, gelten diese als sog. intransparente Investmentfonds. Die Bemessungsgrundlage für die laufende Besteuerung dieser intransparenten Investmentfonds wurde bisher gem. § 6 InvStG pauschal berechnet. In den meisten Fällen ergab sich für den Anleger eine höhere Steuerbelastung. Der EuGH erklärte in seinem o.g. Urteil den Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit bzgl. des Regelungsinhalts des § 6 InvStG, dass § 6 InvStG entsprechend diesem Urteil unionsrechtskonform ausgelegt werden muss.
Basierend auf dem Urteil des EuGH hat das BMF mittels Schreiben die Finanzverwaltung angewiesen, bis zu einer gesetzlichen Neuregelung von der Pauschalbesteuerung Abstand zu nehmen, sofern der Steuerpflichtige selbst die entsprechenden Unterlagen oder Informationen beibringt, mit denen sich die tatsächliche Höhe seiner Einkünfte nachweisen lässt. Dabei unterscheidet das BMF zwischen den Mindestangaben nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a, b, e, g, h InvStG, um der Pauschalbesteuerung zu entgehen, und "optionalen Angaben", um volle steuerliche Transparenz durch die Berücksichtigung steuerbegünstigter Ertragsteile und/oder Anrechnung ausländischer Steuern zu erreichen.
Wenn die in § 5 Abs. 1 InvStG genannten Besteue-rungsgrundlagen mit Ausnahme der Buchst. c und f bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung erklärt werden und der Steuerpflichtige auf Anforderung des FA die Richtigkeit der Angaben nachweist, erfolgt eine Besteuerung als sog. semitransparenter Fonds nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG. Das FA kann den Nachweis der Richtigkeit der angegebenen Besteuerungsgrundlagen verlangen und im Fall der Mindestangaben vom Steuerpflichtigen u. a. den gültigen Verkaufsprospekt, Jahresbericht, Summen- und Saldenliste sowie Überleitungsrechnung, aber auch eine Berufsträgerbescheinigung anfordern.
Erklärt der Steuerpflichtige auch die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c und f InvStG genannten Besteuerungsgrundlagen (d. h. Aufgliederung der ausgeschütteten Erträge und der auf die ausgeschütteten Erträge entfallenden ausländischen Steuer etc.), erfolgt die für transparente Fonds geltende Regelbesteuerung der §§ 2 und 4 InvStG. Auch hier können Nachweise verlangt werden, beispielsweise eine Übersicht über die Dividendenzahlungen und einbehaltenen Quellensteuern, sowie die Bemessungsgrundlage für die Anrechnung – jeweils getrennt nach Ländern – und den Nachweis der sog. Aktienquote (Aufteilungsmaßstab im Rahmen der Zuordnung von Werbungskosten).
Anleger erhalten damit die Möglichkeit, die Pauschalbesteuerung abzuwenden. Legt der Steuerpflichtige die Beweismittel in einer fremden Sprache vor, so kann eine Übersetzung in die deutsche Sprache verlangt werden (§ 87 Abs. 2 AO).
Hinweis
Das EuGH-Urteil vom 9.10.2014 ist zu begrüßen, denn per Anwendung der Grundsätze dieses Urteils würde es die Beendigung der Pauschalbesteuerung nach § 6 InvStG bedeuten.
Nach den Vorgaben des EuGH-Urteils muss es dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden, Kapitalerträge aus intransparenten Investmentfonds individuell zu dokumentieren und nachzuweisen.
Auf lange Sicht und die große Investmentsteuerreform vor Augen, wird § 6 InvStG in dieser Weise nicht mehr haltbar sein und wird entsprechend zu revidieren sein.
Der steuerpflichtige Anleger erhält durch das EuGH-Urteil zwar eine weitere Handlungsoption, ist aber, um diese nutzen zu können, mit tatsächlichen Hindernissen konfrontiert. Die erforderlichen Unterlagen von den einzelnen Investmentfonds zu erhalten, wird mit Aufwand verbunden sein. Dadurch entstehen für den Anleger weitere Kosten.
Die Nachweispflichten, die das BMF in dem Schreiben dem Steuerpflichtigen aufgibt, auch wenn diese im Vergleich zum Entwurf des BMF-Schreibens abgeschwächt wurden, können allerdings erhebliche Hürden und Belastungen darstellen. Die Hürden in Bezug auf die Mindestangaben, so auch das Institut der Wirtschaftsprüfer in seiner Stellungnahme zum damaligen Entwurfsschreiben, sind jedoch weiterhin relativ hoch und unverhältnismäßig.
Letztlich werden die Anleger trotz der rechtlichen Möglichkeiten, selbst die entsprechenden Unterlagen oder Informationen für den Nachweis der Besteuerungsgrundlagen beizubringen, gezwungen sein, auf die Berufsträgerbescheinigung zu rekurrieren, sobald die Finanzverwaltung die Nachweise nicht anerkennt.
Aus diesem Gesichtspunkt muss das vorliegende Schreiben des BMF kritisiert werden, da durch Aufbau von weiteren Hürden die Vorgaben des EuGH, um in den Genuss der transparenten Besteuerung für Investmentfonds zu kommen, verschärft werden.
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