Antworten auf Praxisfragen zur Besteuerung von Betriebsveranstaltungen
Das BMF hat in einem Antwortschreiben an die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft vom 7.12.2016 diverse Praxisfragen zur steuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen ab 2015 aufgegriffen.
Rückblick
Mit Wirkung zum 1.1.2015 hat der Gesetzgeber die Besteuerungsregeln für Zuwendungen an Arbeitnehmer im Rahmen von Betriebsveranstaltungen neu gefasst. Nachdem sich die Regeln zuvor lediglich aus den Lohnsteuer-Richtlinien ergeben hatten, wurden sie mit dem Zollkodex-Anpassungsgesetz vom 22.12.2014 in einen gesetzlichen Rahmen "gegossen" (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG n. F.). In der neuen Rechtslage wurde die bisherige für Betriebsveranstaltungen geltende 110 EUR-Freigrenze (pro Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer) in einen 110 EUR-Freibetrag umgewandelt.
Hinweis: Ab 2015 muss daher nicht mehr der komplette Betrag (lohn-)versteuert werden, wenn bei einer Feier die Schwelle von 110 EUR überschritten wird – die ersten 110 EUR bleiben nun steuerfrei.
Mit Schreiben vom 14.10.2015 hat das BMF ausführliche und bis heute geltende Anwendungsgrundsätze zu den neuen Besteuerungsregeln veröffentlicht, die von den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft aufgegriffen worden sind. Mit Schreiben vom 30.8.2016 haben die Verbände diverse Anwendungsfragen zu dieser Weisung formuliert, die das BMF mit Schreiben vom 7.12.2016 (nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder) beantwortet hat.
Pro-Kopf-Aufteilung der Feierkosten
Zum Hintergrund: Im Anwendungsschreiben vom 14.10.2015 hat das BMF erklärt, dass bei der Berechnung des 110 EUR-Freibetrags die Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung zu gleichen Teilen auf alle bei der Feier anwesenden Teilnehmer aufgeteilt werden müssen (Tz. 4 Buchst. a)).
Aussage im Antwortschreiben: Das BMF weist darauf hin, dass die Finanzverwaltung an dieser Aussage festhält: Die Umrechnung darf weiterhin nicht auf Grundlage der Anzahl der angemeldeten Teilnehmer vorgenommen werden, sondern muss sich nach der Anzahl der tatsächlich anwesenden Teilnehmer richten.
Hinweis: Für Arbeitgeber hat diese Sichtweise den Nachteil, dass eine Betriebsveranstaltung zu unbeabsichtigten steuererhöhenden Folgen führen kann, wenn wesentlich weniger Gäste zu einer Betriebsveranstaltung erscheinen als ursprünglich angemeldet waren. Denn in diesem Fall bleiben die Kosten der Feier häufig (nahezu) gleich, müssen aber auf weniger "Köpfe" umgerechnet werden als ursprünglich geplant, sodass der 110 EUR-Freibetrag schneller überschritten wird.
Das BMF erklärt, dass sich die obersten Finanzbehörden der Länder in diesem Zusammenhang einvernehmlich gegen die Einführung einer Nichtbeanstandungsregelung ausgesprochen haben. Abzulehnen ist nach Ministeriumsmeinung auch eine Nichtbeanstandungsregelung allein für Cateringkosten.
Einrechnung von Geschenken
Zum Hintergrund: Unter den 110 EUR-Freibetrag können nur Zuwendungen fallen, die "anlässlich" einer Betriebsveranstaltung anfallen (Tz. 4 des BMF-Schreibens vom 14.10.2015). Geschenke, die allen oder einzelnen Arbeitnehmern nur "bei Gelegenheit" einer Betriebsveranstaltung überreicht werden, sind hingegen vom Anwendungsbereich des Freibetrags ausgeschlossen (Tz. 2 des BMF-Schreibens vom 14.10.2015).
Aussage im Antwortschreiben: Das BMF erklärt, dass ein Geschenk dann "anlässlich" einer Betriebsveranstaltung überreicht wird, wenn zwischen ihm und der Betriebsveranstaltung ein konkreter Zusammenhang besteht. Das BMF formuliert zudem folgende Nichtbeanstandungsregelung:
- Bei Geschenken bis 60 EUR pro Arbeitnehmer darf der Arbeitgeber pauschal unterstellen, dass sie "anlässlich" einer Betriebsveranstaltung zugewandt wurden, sodass sie in die Freibetragsberechnung einfließen dürfen.
- Bei Geschenke über 60 EUR pro Arbeitnehmer muss einzelfallabhängig geprüft werden, ob sie "anlässlich" oder nur "bei Gelegenheit" einer Betriebsveranstaltung zugewendet wurden.
Hinweis: Diese Nichtbeanstandungsregelung hatte das BMF im ursprünglichen Anwendungsschreiben vom 14.10.2015 noch nicht formuliert.
Das BMF weist ergänzend darauf hin, dass Geschenke nicht in die berücksichtigungsfähigen Gesamtkosten einer Feier einfließen dürfen, wenn sie im Wege des § 37b Abs. 1 EStG pauschal besteuert worden sind (30 %-ige Pauschalierung von Sachzuwendungen).
Reisekosten
Zum Hintergrund: Nach dem Anwendungsschreiben vom 14.10.2015 können Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern die bei einer Betriebsveranstaltung anfallenden Reisekosten (Fahrt- und Übernachtungskosten, Verpflegungsmehraufwendungen) steuerfrei erstatten, wenn
- die Veranstaltung außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers stattfindet,
- der Arbeitnehmer wegen der Betriebsveranstaltung anreisen muss und
- der Arbeitnehmer seine An- und Anreise selbst organisiert (Tz. 6).
Die Reisekosten gehören in diesem Fall nicht zu den Kosten der Betriebsveranstaltung, die in die 110 EUR-Freibetragsberechnung einfließen müssen, sondern können dem Arbeitnehmer eigenständig nach § 3 Nr. 13 oder 16 EStG steuerfrei erstattet werden (Tz. 6). Sind die vorgenannten Kriterien nicht erfüllt (z. B. weil der Arbeitgeber die An- und Abreise organisiert), zählt die arbeitgeberseitige Übernahme von Übernachtungs- und Fahrtkosten zu den Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung, sodass die Kosten in den 110 EUR-Freibetrag eingerechnet werden müssen (Tz. 2).
Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben in ihrem Schreiben vom 30.8.2016 das Kriterium der "Selbstorganisation der Anreise" kritisiert. Sie tragen vor, dass insbesondere große Arbeitgeber aus Kostengründen häufig auch die Anreise der auswärtigen Arbeitnehmer zum Veranstaltungsort organisieren (z. B. über Charterflüge, Sonderzüge oder Busse) oder ein Kontingent für Hotelübernachtungen buchen, wenn die Rückreise nach der Feier nicht mehr möglich ist. Für diesen Zweck nutzen die Arbeitgeber eigene Reisemanagementsysteme und buchen die Dienstreisen zentral. Die Verbände haben das BMF um die Klarstellung gebeten, dass auch bei diesem arbeitgeberseitigen Engagement die steuerfreie Erstattung der Reisekosten (über § 3 Nr. 13 oder 16 EStG) möglich ist.
Aussage im Antwortschreiben: Das BMF reagiert in seinem Antwortschreiben jedoch ablehnend und weist darauf hin, dass nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder in diesem Fall der arbeitgeberseitigen Organisation über betriebsinterne Reisemanagementsysteme keine steuerfreie Reisekostenerstattung möglich ist, sondern die übernommenen Reisekosten in den 110 EUR-Freibetrag einfließen müssen.
Bewirtung von Geschäftspartnern
Aussage im Antwortschreiben: Nehmen Geschäftspartner, Arbeitnehmer verbundener Unternehmen und Leiharbeitnehmer, sowie deren Begleitpersonen aus geschäftlichem Anlass an einer Betriebsveranstaltung teil, muss der Betriebsausgabenabzug für Bewirtungskosten und übrige Aufwendungen, die diesen Personenkreis betreffen, nach dem BMF-Antwortschreiben über die "allgemeinen" Regelungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG beschränkt werden (35 EUR-Abzugsgrenze für Geschenke, 70 %-Abzug für Bewirtungskosten). Die Kosten werden also so behandelt, als wären sie außerhalb einer Betriebsveranstaltung angefallen.
Mit dieser Aussage spricht sich das BMF gegen die Forderung der Spitzenverbände aus, bei der Teilnahme von Leiharbeitnehmern oder Arbeitnehmern aus verbundenen Unternehmen den vollen Betriebsausgabenabzug zuzulassen.
Jubilarfeiern
Zum Hintergrund: Der Freibetrag von 110 EUR kann nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 4 EStG nur für maximal zwei Betriebsveranstaltungen jährlich beansprucht werden. Die Spitzenverbände haben in ihrem Schreiben vom 30.8.2016 gefordert, dass der Freibetrag für Jubilarfeiern – ungeachtet der Anzahl der übrigen Feiern – stets zu gewähren ist. Die Verbände berufen sich auf die Regelung in R 19.5 Abs. 3 S. 3 LStR 2011, wonach Jubilarfeiern bei der "Zwei-Feier-Grenze" gesondert zu werten waren.
Aussage im Antwortschreiben: Das BMF weist darauf hin, dass in der ab 2015 geltenden Rechtslage keine gesonderte Behandlung von Jubilarfeiern mehr möglich ist.
Fazit
Das BMF reagiert in seinem Antwortschreiben weitgehend ablehnend auf die Forderungen bzw. Vorschläge der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft. Entgegenkommen zeigt es allein mit der Nichtbeanstandungsregelung für Geschenke bis zu einem Wert von 60 EUR. Abzuwarten bleibt, welche Antworten die Verbände auf ihre umsatzsteuerlichen Fragen zum Themenkreis erhalten werden – hierzu steht die Antwort des BMF noch aus.
BMF, Schreiben v. 7.12.2016, IV C 5 - S 2332/15/10001
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