Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück
Ortsbestimmung bei Grundstücksleistungen
Führt ein Unternehmer eine sonstige Leistung aus, muss geprüft werden, wo sich der Ort dieser Leistung befindet. Wird eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück ausgeführt, ist der Ort der Leistung immer dort, wo sich das Grundstück befindet (Belegenheitsort).
Wichtig: Wird eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück ausgeführt, ist es für die Ortsbestimmung unerheblich, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist oder nicht. Auch die Verwendung einer USt-IdNr. hat keinen Einfluss auf die Ortsbestimmung.
In § 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 UStG wird beispielhaft aufgeführt, was als Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück anzusehen ist. So sind darunter alle Vermietungs- und Verpachtungsleistungen, Leistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf oder Kauf von Grundstücken sowie alle Planungs- und Bauleistungen zu verstehen, soweit es sich nicht um (Werk-)Lieferungen handelt. Die gesetzlichen Vorgaben stellen aber nur eine sehr grobe Abgrenzung dar, sodass es im Einzelfall schwer ist, verlässlich festzulegen, ob es sich um eine Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück handelt oder nicht.
Grenzüberschreitende Leistungen oft problematisch
Insbesondere führt diese Abgrenzung zu Schwierigkeiten, wenn solche Leistungen in der Europäischen Union grenzüberschreitend ausgeführt werden und sich der Ort nach den Grundregelungen zur Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung abweichend vom Grundstücksort ergeben würde.
Beispiel: Architekt A aus Deutschland entwickelt für einen Auftraggeber (Unternehmer mit USt-IdNr.) aus den Niederlanden Pläne für ein Gebäude. Wenn es sich um ein Gebäude handelt, das auf einem bestimmten Grundstück in Deutschland errichtet werden soll, würde es sich um eine in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück handeln. Wenn es sich nicht um eine Planung für ein bestimmtes Grundstück handelt (z. B. Entwurf eines Fertighaustyps, welches auf verschiedenen Grundstücken errichtet werden kann), würde die Leistung unter die B2B-Grundregelung fallen. Sie wäre dann nicht in Deutschland, sondern in den Niederlanden steuerbar und steuerpflichtig.
Leistungsort auch für Steuerschuldnerschaft entscheidend
Die zutreffende Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung hat aber nicht nur einen Einfluss darauf, wo die Leistung der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen ist, sondern in bestimmten Fällen auch, wer der Steuerschuldner ist. Werden Leistungen gegenüber einem Unternehmer für dessen Unternehmen nach der Grundregelung des § 3a Abs. 2 UStG in einem anderen Mitgliedstaat ausgeführt, wird dort der Leistungsempfänger automatisch zum Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführte Leistung. Handelt es sich aber um eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, können die Mitgliedstaaten individuell festlegen, ob der unternehmerische Leistungsempfänger zum Steuerschuldner wird oder nicht.
Beispiel: Unternehmer U aus Deutschland überlässt einem Unternehmer mit USt-IdNr. aus Dänemark Personal, das auf einer Baustelle in Dänemark eingesetzt wird. Unabhängig davon, ob es sich um eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück handelt oder nicht, ist die Leistung entweder nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 oder § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG in Dänemark ausgeführt und damit in Deutschland nicht steuerbar. Wenn es sich um eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück handeln würde – dies setzt voraus, dass U neben der Überlassung des Personals eine bestimmte Leistung oder ein bestimmter Erfolg des überlassenen Personals im Zusammenhang mit dem Grundstück geschuldet wird -, wäre die Leistung des U in Dänemark steuerbar und steuerpflichtig und U müsste nach den einschlägigen Regelungen des dänischen Umsatzsteuerrechts prüfen, ob er oder der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer ist. Der Umsatz ist dann auch nicht in der Zusammenfassenden Meldung anzugeben. Wenn es sich nur um die reine Überlassung von Personal (ohne weitere geschuldete Leistungselemente) handeln würde, würde sich der Ort der Leistung nach § 3a Abs. 2 UStG richten und der Leistungsempfänger in Dänemark wäre zwingend der Schuldner der in Dänemark entstehenden Umsatzsteuer. U müsste die Leistung in Deutschland in der Zusammenfassenden Meldung aufnehmen.
Finanzverwaltung ergänzt frühere Aussagen
Zum 1.1.2017 sind in Art. 31a und Art. 31b MwStSystRL-DVO verbindlich für alle Mitgliedstaaten Abgrenzungskriterien vorgegeben worden, welche Leistungen als sonstige Leistungen in einem direkten Zusammenhang mit einem Grundstück anzusehen sind. Die Finanzverwaltung hatte schon zum 1.1.2013 im Vorgriff auf diese Regelungen den UStAE in wesentlichen Teilen den unionsrechtlichen Vorgaben angepasst (BMF, Schreiben v. 18.12.2012, BStBl 2012 I S. 1272). Mit Schreiben vom 10.2.2017 werden deshalb nur noch einige wenige Fälle zur Klarstellung und weiteren Abgrenzung in den UStAE aufgenommen.
DVO ist unmittelbar anwendbares Recht
Die Vorgaben aus der MwStSystRL-DVO sind aber auch ohne Umsetzung durch die Finanzverwaltung in allen Mitgliedstaaten bindend. Anders als Richtlinien (wie z. B. die MwStSystRL), die vom Gesetzgeber in national verbindliche Rechtsnormen umgesetzt werden müssen, sind die Vorgaben einer Verordnung (wie z. B. der MwStSystRL-DVO) auch ohne weitere nationale Umsetzungen verbindliches Recht in allen Mitgliedstaaten.
Das BMF-Schreiben vom 10.2.2017
Die Finanzverwaltung nimmt – ohne sich inhaltlich darauf zu beziehen – im Zusammenhang mit den jetzt zum 1.1.2017 verbindlich in allen Mitgliedstaaten umzusetzenden Abgrenzungsregelungen der Art. 31a und Art. 31b MwStSystRL-DVO zu den Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück Stellung. Dabei wird zuerst noch einmal herausgestellt, dass die Rechtsfolge einer Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG zwingend voraussetzt, dass die Leistung in einem engen Zusammenhang mit einem ausdrücklich bestimmten Grundstück erbracht werden muss. Werden z. B. Planungsleistungen ausgeführt, ohne dass das Grundstück, auf das sich die Planung bezieht, schon exakt feststeht, kann es sich nicht um eine Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück handeln.
Beispielhafte Aufzählung wird ergänzt
Bei den Aufzählungen der Leistungen, die von der Finanzverwaltung als Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück angesehen werden, sind die folgenden Ergänzungen vorgenommen worden:
- Die Überlassung von Personal ist als sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück anzusehen, wenn gleichzeitig eine bestimmte Leistung oder ein bestimmter Erfolg des überlassenen Personals im Zusammenhang mit einem Grundstück geschuldet wird. Insbesondere kann dies bei der Einschaltung von Subunternehmern eine Rolle spielen.
Wichtig: Die Finanzverwaltung ergänzt in diesem Zusammenhang den UStAE um eine allgemeine Abgrenzung, unter welchen Voraussetzungen die Überlassung von Personal als eigenständige Leistung oder Leistung anderer Art anzusehen ist. Unter einer Gestellung von Personal ist danach die entgeltliche Überlassung von weiterhin beim leistenden Unternehmer angestellten Arbeitnehmern an einen Dritten zu verstehen, welcher das Personal für seine Zwecke einsetzt. Dabei muss der Leistungsempfänger in der Lage sein, das Personal entsprechend seines Weisungsrechts einzusetzen. Die Verantwortung für die Durchführung der Arbeiten muss beim Leistungsempfänger liegen. Schuldet hingegen der leistende Unternehmer den Eintritt eines bestimmten Erfolges oder Ereignisses, steht nicht die Überlassung des Personals, sondern die Ausführung einer anderen Art der Leistung im Vordergrund.
- Bisher war schon als Leistung im Zusammenhang mit Grundstücken die Verwaltung von Grundstücken oder Grundstücksteilen angesehen worden. Dies wird jetzt dahingehend präzisiert, dass es insbesondere die Mietzinsverwaltung, Buchhaltung und Verwaltung der laufenden Ausgaben umfasst. Ausgenommen ist allerdings ausdrücklich die Portfolioverwaltung im Zusammenhang mit Eigentumsanteilen an Grundstücken, selbst wenn das Portfolio Grundstücke enthält.
- Die Wartung und Überwachung von Maschinen oder Ausrüstungsgegenständen war auch schon bisher als Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück angesehen worden, wenn diese Teile wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind. Klarstellend wird jetzt ergänzt, dass dies auch Leistungen – wie z. B. die Fernwartung von solchen Anlagen – betrifft, die nicht vollständig vor Ort ausgeführt werden, sofern der Schwerpunkt der Wartungsdienstleistungen vor Ort erbracht wird.
Sonderfall Messen und Ausstellungen
Ein besonderer Fall in der Praxis ist auch die Abgrenzung von Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück zu den unter die B2B-Grundfälle fallenden Leistungen bei Messen und Ausstellungen. Die Finanzverwaltung hatte schon früher festgestellt, dass die in Abschn. 3a.4 UStAE enthaltenen Abgrenzungskriterien auch für die Überlassung eines Kongresszentrums oder eines Teils davon gelten. Jetzt ergänzt die Finanzverwaltung dies noch um die Aussage, dass bei der Überlassung von Flächen in einem Hotel (z. B. Konferenz-, Seminar- oder Tagungsräumen) einschließlich der Konferenztechnik die gleichen Abgrenzungskriterien gelten.
Konsequenzen für die Praxis
Die zutreffende Feststellung, ob es sich um eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück handelt, ist aus den oben dargestellten Gründen bei grenzüberschreitend ausgeführten Leistungen von erheblicher Bedeutung. Unionsrechtlich sind aus diesen Gründen zwingend zum 1.1.2017 verbindliche Abgrenzungskriterien vorgeben worden. Die Finanzverwaltung, die schon früher im Vorgriff auf diese Abgrenzungskriterien den UStAE umfassend ergänzt hatte, nimmt jetzt weitere Anpassungen vor.
Da die Vorgaben des Art. 31a MwStSystRL-DVO sowieso national anwendbare Regelungen darstellen, hat die Anpassung des UStAE nur formalen Charakter. Grundsätzlich erhöhen die in Art. 31a MwStSystRL-DVO enthaltenen Abgrenzungskriterien für den grenzüberschreitend in der Europäischen Union tätigen Unternehmer die Rechtssicherheit, wenn auch nicht alle Abgrenzungsschwierigkeiten dadurch gelöst sind. Wichtig ist aber die Grundaussage, dass eine Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück nur dann vorliegen kann, wenn es sich um eine mit einem genau bestimmbaren (identifizierbaren) Grundstück im Zusammenhang stehende Leistung handelt.
Diese Grundsätze werden von der Finanzverwaltung in allen noch offenen Fällen angewendet.
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