Steuerliche Entlastungen für Flutopfer
Katastrophenerlasse wurden veröffentlicht
Um die durch die Unwetter Mitte Juli entstandenen beträchtlichen Schäden durch Hochwasser zu mildern bzw. die finanziellen Belastungen für die Betroffenen tragbar zu machen, wurden viele steuerliche Maßnahmen beschlossen, mit denen unbillige Härten vermieden werden sollen. Der umfassendste Erlass kommt aus dem Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen und nahezu wortgleich aus dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat.
Zahlreiche Billigkeitsmaßnahmen
Darin werden folgende Erleichterungen ausgesprochen:
- Stundung von Steuerzahlungen,
- Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen,
- Herabsetzung von Vorauszahlungen,
- erleichterte Spendennachweis,
- steuerbegünstigte Zuwendungen,
- entschuldbarer Verlust von Buchführungsunterlagen,
- Sonderabschreibungen im Betriebsvermögen,
- Rücklagenbildung für Ersatzbeschaffung,
- sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen,
- Sonderregeln für Land- und Forstwirte,
- steuerfreie Arbeitgeberzahlungen,
- mögliche Arbeitslohnspende,
- Abzug von außergewöhnlichen Belastungen,
- Grundsteuererlass durch die Gemeinden.
Die einzelnen Maßnahmen werden nachfolgend näher erläutert.
Hinweis der Redaktion: |
Mittlerweile wurde der Katastrophenerlass aus NRW noch erweitert und aktualisiert. Die nachfolgenden Erläuterungen in diesem Beitrag befassen sich mit dem Erlass v. 16.7.2021. NRW und weitere Bundesländer aktualisieren Ihre Erlasse und Informationen hierzu regelmäßig:
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Stundung, Vollstreckung sowie Vorauszahlungen
Wer unmittelbar und erheblich von Unwetterschäden betroffen ist, kann eine Stundung für zu zahlende Steuern bis längstens 31.1.2022 erhalten. An die Stundungsanträge sind keine strengen Anforderungen zu stellen und im Regelfall wird auf Stundungszinsen verzichtet. Zudem wird auch eine Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer gewährt.
Die großzügige Handhabung kann für Stundungs- bzw. Anpassungsanträge für bis zum 31.10.2021 fällig werdende Steuern beibehalten werden.
Für Betroffene soll zudem bis 31.1.2022 für bis zum 31.10.2021 fällig werdende Steuern von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen werden. Die in der Zeit vom 1.7.2021 bis 31.1.2022 verwirkten Säumniszuschläge sind zu erlassen.
Nachweis von Spenden
Als Nachweis der Zuwendungen, die bis zum 31.10.2021 zur Hilfe in Katastrophenfällen auf ein eingerichtetes Sonderkonto genügt der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitutes (z. B. Kontoauszug). Bei vergleichbaren Spenden über ein Treuhandkonto eines Dritten genügt als Nachweis eine auf den jeweiligen Zuwendenden ausgestellte Zuwendungsbestätigung des Zuwendungsempfängers.
Wird eine Spendenaktion von einer gemeinnützigen Körperschaft (z. B. Verein) für durch das Hochwasser geschädigte Personen initiiert, ist es für die Steuerbegünstigung dieser Körperschaft unschädlich, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen dieser Spendenaktion erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung für den angegebenen Zweck verwendet. Dazu reicht es aus, wenn die Spenden entweder an eine steuerbegünstigte Körperschaft oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zur Hilfe für die Opfer des Unwetters weiterleitet. Es soll lediglich ein Hinweis auf die Sonderaktion in der Zuwendungsbestätigung enthalten sein.
Verlust von Buchführungsunterlagen
Sind durch das Schadensereignis Buchführungsunterlagen und sonstige Aufzeichnungen vernichtet worden oder verloren gegangen, werden daraus steuerlich keine nachteiligen Folgerungen gezogen. Der Verlust der Unterlagen soll zeitnah dokumentiert werden, damit er nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden kann.
Zahlreiche Maßnahmen bei der Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Lohnsteuer
Egal ob Gewinneinkünfte, Vermietung oder Lohnbezug – für alle Bereiche werden spezielle steuerliche Erleichterungen gewährt.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit
Wiederaufbau von Gebäuden und Sonderabschreibungen
Oftmals werden Aufwendungen zum Wiederaufbau ganz oder teilweise zerstörter Gebäude Erhaltungsaufwand darstellen. Liegen Herstellungskosten vor, werden Sonderabschreibungen für den Wiederaufbau von Betriebsgebäuden gewährt. Im Wirtschaftsjahr der Fertigstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) sind insgesamt bis zu 30 % Sonder-AfA möglich.
Das gilt auch für die Ersatzbeschaffung beweglicher Anlagegüter. Hierbei sind im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) sogar Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten möglich.
Beides mal muss mit der Ersatzherstellung oder Ersatzbeschaffung jedoch bis zum Ablauf des dritten dem Wirtschaftsjahr des schädigenden Ereignisses folgenden Wirtschaftsjahres begonnen worden sein. Zudem sind die Vorschriften für Sonderabschreibungen nach § 7a Abs. 1, 2 und Abs. 4 bis 8 EStG zu beachten.
Ersatzbeschaffung und Rücklagen
Ferner ist es möglich für die Ersatzbeschaffung unbeweglicher und beweglicher Anlagegüter in besonders begründeten Ausnahmefällen bereits in Wirtschaftsjahren vor der Ersatzherstellung bzw. Ersatzbeschaffung eine Rücklage zu bilden. Zugelassen wird dies bei außergewöhnlich hohen Teilherstellungskosten oder Anzahlungen oder wenn die Zulassung von Sonderabschreibungen nicht ausreicht, um die Finanzierung der Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden sichern. Die Rücklage darf zusammen 30 % bzw. 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht übersteigen. Die Rücklage ist gewinnerhöhend wieder aufzulösen, sobald für die betreffenden Wirtschaftsgüter Sonderabschreibungen vorgenommen werden können; bei Baumaßnahmen jedoch spätestens am Schluss des 4. auf den Beginn der Baumaßnahme folgenden Wirtschaftsjahres.
Sonderabschreibungen und Rücklagen bis max. 600.000 EUR
Zu beachten ist, dass die Gewinnminderung durch Sonderabschreibungen und Bildung von Rücklagen insgesamt höchstens 600.000 EUR betragen darf und im einzelnen Jahr nicht mehr als 200.000 EUR. Höhere Beträge bedürfen der Zustimmung des BMF. Bei erhaltenen Zuschüssen oder Entschädigungen, z. B. Versicherungsersatz, und nach R 6.6 EStR übertragenen stillen Reserven sind die zulässigen Sonderabschreibungen und Rücklagen nach den um die Entschädigungen verminderten AK/HK zu bemessen.
Erhaltungsaufwendungen
Aufwendungen für die Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude und beschädigter beweglicher Anlagegüter werden ohne nähere Prüfung als Erhaltungsaufwand anerkannt. Dies gilt bei einer innerhalb von 3 Jahren begonnenen Wiederherstellung. Für Gebäude sollen die Aufwendungen zudem nicht höher als 70.000 EUR liegen; ansonsten ist eine Prüfung des Einzelfalls erforderlich. Erhaltungsaufwand liegt zudem nur insoweit vor, als die Aufwendungen erhaltene Entschädigungen übersteigen und keine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Absetzungen (AfaA) vorgenommen wird.
Sofern Aufwendungen die Beseitigung von Hochwasserschäden am Grund und Boden betreffen, können diese sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden. Darunter fallen auch Hofbefestigungen und Wirtschaftswege.
Unabhängig davon kann Erhaltungsaufwand größeren Umfangs auf Antrag gleichmäßig auf 2 bis 5 Jahre verteilt werden.
Sonderregelungen Land- und Forstwirtschaft
Bei einer Gewinnermittlung nach § 13a EStG kann die auf den Gewinn der landwirtschaftlichen Nutzung (§ 13a Abs. 4 EStG) und die auf den Gewinn der Sondernutzungen (§ 13a Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG) entfallende Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen werden. Für die eingetretenen Ertragsausfälle darf jedoch kein Anspruch aus Versicherungsleistungen bestehen.
Die Wiederanpflanzung zerstörter Dauerkulturen wird ohne nähere Prüfung als sofort abziehbare Betriebsausgaben anerkannt, sofern der bisherige Buchwert beibehalten wird.
Wer Entschädigungen aus Versicherungen bei Forstschäden auf den forstwirtschaftlichen Aufwuchs erhält, kann die Begünstigungen nach § 34b Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 EStG erhalten.
Zudem kann bei Versicherungsleistungen auf eine Aufteilung in eine Entschädigung für entgehende Einnahmen und Substanzverluste verzichtet werden. Wird der Buchwert beibehalten, können die Einnahmen einer Rücklage nach R 6.6 EStR zugeführt werden. Die Rücklage ist im Wirtschaftsjahr der Wiederaufforstung bis zur Höhe der Wiederaufforstungskosten aufzulösen, die bis zum Ablauf des 8. auf das Schadensjahr folgenden Wirtschaftsjahrs entstanden sind. Eine danach noch verbleibende Rücklage ist gewinnerhöhend aufzulösen. Dies gilt sinngemäß bei nicht buchführenden Land- und Forstwirten.
Werden pauschale Betriebsausgaben nach § 51 EStDV für die Gewinnermittlung herangezogen, sind Entschädigungen aus Versicherungen den Einnahmen aus Holznutzungen hinzuzurechnen. Jedoch kann auf solche Entschädigungen § 51 Abs. 3 EStDV angewendet werden.
Hingewiesen wird nach auf den Steuersatz für Kalamitätsholz bei regional größeren Schadensereignissen, der einheitlich ein Viertel durchschnittlichen Steuersatzes beträgt (§ 34b Abs. 3 Nr. 2 EStG i.V.m. R 34b.7 Abs. 4 EStR), wenn der Schaden das Doppelte des maßgeblichen Nutzungssatzes übersteigt. Auch kann bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich unter diesen Voraussetzungen von der Aktivierung des eingeschlagenen und unverkauften Kalamitätsholzes im Schadensjahr ganz oder teilweise abgesehen werden.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Auch für den Wiederaufbau von ganz oder teilweise zerstörten vermieteten Gebäuden im Privatvermögen gelten die o. g. Billigkeitsmaßnahmen für Betriebsgrundstücke analog. Für Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden an Gebäuden und am Grund und Boden ist ohne nähere Prüfung der Werbungskostenabzug als Erhaltungsaufwand möglich, sofern der Betrag von 70.000 EUR nicht übersteigt. Hierbei ist von den Gesamtkosten vor Abzug von Entschädigungen auszugehen. Beim Abzug als Erhaltungsaufwand sind Entschädigungen mindernd zu berücksichtigen und es darf keine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) vorgenommen werden. Höhere Aufwendungen können auf 2 bis 5 Jahre verteilt werden.
Wichtig ist jedoch, dass mit der Wiederherstellung von Gebäuden und der Beseitigung von Schäden am Grund und Boden bis zum Ablauf des 3. Kalenderjahres nach dem schädigenden Ereignis begonnen werden muss.
Lohnsteuer
Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer können nach R 3.11 LStR steuerfrei sein. Dabei müssen die Voraussetzungen in R 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 LStR nicht vorzuliegen. Beträge sind bis 600 EUR im Jahr steuerfrei; höhere Unterstützungszahlungen erfordern nach den Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers zu wertenden besonderen Notfall. Dies wird im Regelfall bei diesen Hochwasserschäden zu bejahen sein.
Vom Arbeitgeber können auch steuerfreie Zinszuschüsse und Zinsvorteile bei Darlehen zur Unterstützung seiner Arbeitnehmer genutzt werden; dies unabhängig von der Laufzeit des Darlehens. Einzige Voraussetzung ist, dass das Darlehen die Schadenshöhe nicht übersteigt. Bei längerfristigen Darlehen sind Zinszuschüsse und Zinsvorteile insgesamt nur bis zur Höhe des Schadens steuerfrei. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen und dabei auch die Schädigung durch das Hochwasser zu dokumentieren.
Leisten Arbeitnehmer eine sog. Arbeitslohnspende (Verzicht auf Teile des Arbeitslohns oder eines angesammelten Wertguthabens) zugunsten einer Beihilfe des Arbeitgebers an vom Hochwasser betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens oder zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto, dann stellen diese Lohnteile keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Auch dies ist im Lohnkonto aufzuzeichnen. Für die ohne Lohnversteuerung gebliebene Arbeitslohnspende entfällt beim Arbeitnehmer dann jedoch ein Abzug als Spende.
Außergewöhnliche Belastungen
Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung oder die Beseitigung von Schäden an dem eigen genutzten Wohneigentum können als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Unerheblich hierbei ist eine nicht bestehende Elementarschadensversicherung.
Diese außergewöhnlichen Belastungen können bereits nach § 39a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 39a Abs. 2 Satz 4 EStG auf Antrag durch das Finanzamt als ein vom Arbeitslohn abzuziehender Freibetrag für das Lohnsteuerabzugsverfahren ermittelt werden und mindern dann bereits den Lohnsteuerabzug.
Grundsteuer
Für den Erlass von Grundsteuer wegen wesentlicher Ertragsminderung (§ 33 GrStG) wird auf die Antragsfrist (§ 34 Abs. 2 GrStG) und die Zuständigkeit der jeweiligen Gemeinde hingewiesen.
Gewerbesteuer
Auch für eine Stundung oder einen Erlass von Gewerbesteuerzahlungen wird auf die jeweilige Gemeinde verwiesen (R 1.6 Abs. 1 GewStR).
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