Verwaltung regelt Einzelheiten zur neuen Mitarbeiterbeteiligung

Die Finanzverwaltung hat in einem umfangreichen Schreiben zur lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung bzw. Übertragung von Vermögensbeteiligungen ab 2021 Stellung bezogen.

Mit dem Fondsstandortgesetz vom 3.6.2021 (vgl. News) hat der Gesetzgeber zwei Steueränderungen vorgenommen um die Beteiligung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen am Unternehmen zu fördern: ein höherer Freibetrag und ein neuer Steueraufschub. Mit einem ausführlichen Erlass hat das Bundesfinanzministerium nun zu den Neuerungen Stellung genommen (BMF, Schreiben v. 16.11.2021, IV C 5 - S 2347/21/10001 :006).

Ausweitung Steuerbefreiung

Mit dem Gesetz ist der bisherige steuerfreie Höchstbetrag für Mitarbeiterkapitalbeteili­gungen von 360 EUR auf 1.440 EUR angehoben und damit vervierfacht worden (§ 3 Nr. 39 EStG). Aus der Steuerfreiheit folgt die Sozialversicherungsfreiheit in gleicher Höhe.

Der Freibetrag gilt weiter unter den Voraussetzungen, dass es sich

  • um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers handelt, die grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens offensteht, die ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Arbeitgeber stehen und
  • bei der Mitarbeiterbeteiligung um eine Vermögensbeteiligung am Unternehmen des eigenen Arbeitgebers handelt, die in Form von Sachbezügen gewährt werden.

Hinsichtlich des Offenstehens für alle Beschäftigten weist die Verwaltung u.a. auf folgende Punkte hin:

  • Einzubeziehen in das Beteiligungsangebot sind auch geringfügig Beschäftigte, Teilzeitkräfte, Auszubildende und weiterbeschäftigte Rentner.
  • Ausnahmen sind u.a. möglich für entsandte Mitarbeiter:innen (mit ruhendem Dienstverhältnis) sowie ausscheidende und gekündigte Beschäftigte.

Keine steuerliche Voraussetzung ist die Gewährung zusätzlich zum Arbeitslohn (vgl. § 8 Abs. 4 EStG). Somit ist die Steuerbefreiung bis 1.440 EUR grds. auch anwendbar, wenn die Beteiligung im Rahmen der Entgeltumwandlung überlassen wird. Die Sozialversicherungsfreiheit würde dann allerdings entfallen.

Die begünstigten Vermögensbeteiligungen sind im Vermögensbildungsgesetz abschließend aufgezählt (§ 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b, f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes). Dazu gehören u.a. Aktien und GmbH-Anteile. Begünstigt sind nur Vermögensbeteiligungen "am Unternehmen des Arbeitgebers". Unternehmen, die demselben Konzern (§ 18 AktG) angehören, sind dem Unternehmen des Arbeitgebers zuzurechnen.

Bei Anwendung der Steuerbefreiung ist die Vermögensbeteiligung mit dem gemeinen Wert (§ 11 BewG) bei der Überlassung anzusetzen. Das kann in vielen Fällen der Börsenkurs sein. Aus Vereinfachungsgründen kann die Ermittlung des Wertes am Tag der Ausbuchung beim Überlassenden oder bei dessen Erfüllungsgehilfen erfolgen. Der geldwerte Vorteil ergibt sich aus dem Unterschied zwischen dem Wert der Vermögensbeteiligung und dem Preis, zu dem die Vermögensbeteiligung überlassen wird.

Der steuerfreie Höchstbetrag ist ein Jahresfreibetrag, der bereits für den gesamten Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden ist. Hat der Arbeitgeber vor dem 30.6.2021 Vermögensbeteiligungen verbilligt oder unentgeltlich überlassen, bei denen der geldwerte Vorteil den bisherigen Höchstbetrag überstiegen hat, so ist der Lohnsteuerabzug zu korrigieren. Achtung: Die rückwirkende Korrekturmöglichkeit besteht nicht bei der Sozialversicherung.

Neuer Steueraufschub

Ergänzend zur Ausweitung der Steuerbefreiung hat der Gesetzgeber eine davon weitgehend unabhängige Steuerbegünstigung zur weiteren Förderung von Mitarbeiterkapital­beteiligungen insbesondere bei Startup-Unternehmen aufgenommen (neuer § 19a EStG).

Mit der Regelung wird vermieden, dass bereits im Zeitpunkt der Übertragung der Beteiligung auf einen Mitarbeiter Arbeitslohn zu versteuern ist. Die Besteuerung erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich

  • bei Veräußerung der Anteile,
  • bei einem Arbeitgeberwechsel oder
  • spätestens nach zwölf Jahren.

Im Besteuerungszeitpunkt ist die sog. Fünftelregelung anwendbar, wenn seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung mindestens drei Jahre vergangen sind. Ist im Besteuerungszeitpunkt der gemeine Wert der Vermögensbeteiligung abzüglich geleisteter Zuzahlungen niedriger als der zuvor nicht besteuerte Arbeitslohn (Verlustfall), unterliegt die Differenz nicht der Besteuerung. Das bedeutet zusätzliche Sicherheit: War beispielsweise eine Beteiligung bei Überlassung 10.000 EUR wert, im Besteuerungszeitpunkt aber nur noch 7.000 EUR, so sind auch nur die 7.000 EUR zu besteuern.

Hinsichtlich der begünstigten Beteiligungen gelten die Regelungen zur Steuerbefreiung – und damit auch die obigen Ausführungen entsprechend. Allerdings enthält § 19a EStG keine Konzernklausel. Weitere Voraussetzung für die Anwendung: Die Vermögensbeteiligungen müssen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Entgeltumwand-lungen sind hier also nicht begünstigt.

Außerdem kommen nicht alle Arbeitgeber in Betracht. Gefördert werden Beschäftigte von von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU),

  • deren Gründung nicht mehr als zwölf Jahre zurückliegt sowie
  • mit weniger als 250 Mitarbeitern und
  • einem Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen EUR oder
  • einer Jahresbilanzsumme von höchsten 43 Millionen EUR.

Damit Arbeitgeber und Mitarbeiter Rechtssicherheit erhalten, soll das Betriebsstätten­finanzamt nach der Übertragung einer Vermögensbeteiligung im Rahmen einer Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) den vom Arbeitgeber nicht besteuerten Vorteil bestätigen. Die Finanzverwaltung weist dazu ausdrücklich darauf hin, dass die Bestätigung der Höhe des nicht besteuerten Vorteils voraussetzt, dass - in der Regel durch den Arbeitgeber - sowohl der ermittelte Wert als auch Unterlagen zur Wertermittlung dem Betriebsstättenfinanzamt vorgelegt werden.

Der neue Steueraufschub nach § 19a EStG ist erstmals anzuwenden auf Vermögens­beteiligungen, die nach dem 30.6.2021 übertragen werden. Der Steueraufschub gilt ausdrücklich nicht bei der Sozialversicherung (Änderung von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV).

Verhältnis der Vorschriften zueinander

Grundsätzlich sind Steueraufschub und Steuerfreibetrag unabhängig voneinander. Bei der Ermittlung des Vorteils, für den die Besteuerung nach § 19a EStG aufgeschoben wird, kann vorab der Steuerfreibetrag von 1.440 EUR nach § 3 Nr. 39 EStG abgezogen werden, aber nur, wenn die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind und der Freibetrag noch nicht verbraucht ist. Während der Steueraufschub auch für einzelne Beschäftigte möglich ist, müssen die steuerfreien Beteiligungen allen Beschäftigten offenstehen.

Ausblick

Nach Ihrem Koalitionsvertrag vom 24.11.2021 will die neue Bundesregierung die Mitarbeiterkapitalbeteiligung noch attraktiver machen, u. a. durch eine weitere Anhebung des Steuerfreibetrags.

BMF, Schreiben v. 16.11.2021, IV C 5 - S 2347/21/10001 :006


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