Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Transportbehältnissen
Bei der Abgabe von Waren werden auf allen Handelsstufen Warenumschließungen mit abgegeben, die dem jeweiligen Leistungsempfänger teilweise gegen ein gesondertes Entgelt (Pfand) oder teilweise unentgeltlich abgegeben werden. In bestimmten Fällen (z. B. insbesondere bei der Überlassung von Euro-Flachpaletten oder Euro-Güterboxpaletten) werden die Gegenstände in Tauschsystemen überlassen. Dabei kann es sowohl zur Berechnung von Abwicklungsentgelten („Handling“) wie auch zu Ausgleichszahlungen bei Nichtrückgabe kommen.
Die Überlassung von Warenumschließungen kann sich aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht als entgeltlicher Umsatz (Lieferung und ggf. Rücklieferung), als Nebenleistung, die das Schicksal der Hauptleistung teilt, als unentgeltliche Wertabgabe oder als Sachdarlehen darstellen. Dabei kommt es jeweils darauf an, um welche Art Warenumschließung es sich handelt und welche Vereinbarungen zwischen den Beteiligten getroffen worden waren.
Wichtig: Die zutreffende umsatzsteuerrechtliche Einordnung ist sowohl für die richtige Ermittlung der Umsatzsteuer des leistenden Unternehmers wie auch für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers von Bedeutung. Auch ergeben sich erhebliche Unterschiede in der zutreffenden Rechnung oder Gutschrift.
Das BMF-Schreiben vom 5.11.2013 ergänzt Abschn. 1.3 Abs. 9, Abschn. 3.5 Abs. 3 und Abschn. 3.10 Abs. 5a UStAE.
Grundsätzlich muss bei der Überlassung von Transportmitteln unterschieden werden, ob diese gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld oder im Rahmen von Tauschmitteln überlassen werden.
Überlassung von Transportbehältnissen gegen Pfand
Für die zutreffende umsatzsteuerrechtliche Beurteilung muss unterschieden werden, ob es sich um ein selbstständiges Transporthilfsmittel oder um eine Warenumschließung handelt.
Transportbehältnisse | |
selbstständiges Transporthilfsmittel | Warenumschließung |
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Beurteilung | |
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Wichtig: Selbstständige Transporthilfsmittel können auf allen Handelsstufen eingesetzt werden, werden aber grundsätzlich nicht an den Endverbraucher geliefert.
Liegen selbstständige Transporthilfsmittel vor, werden diese – soweit ein gesondertes Entgelt dafür verlangt wird (z. B. Pfand) – im Rahmen einer eigenständigen Lieferung abgegeben. Dabei kommt der Regelsteuersatz (19 %) zur Anwendung, unabhängig davon, für welche Art Waren diese Hilfsmittel verwendet werden. Der Empfänger des Transporthilfsmittels ist – soweit eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt – zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, da davon auszugehen ist, dass er selbst keine vorsteuerabzugsschädlichen Ausgangsleistungen ausführen wird.
Gibt der Empfänger der Transporthilfsmittel diese – regelmäßig gegen Rückzahlung des Pfands – an den Lieferer zurück, vollzieht sich dieses im Rahmen einer eigenständigen (Rück-)Lieferung. Der Unternehmer, der die Rücklieferung ausführt, muss einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz (zum Regelsteuersatz) anmelden und schuldet die Umsatzsteuer. Der Empfänger der Rücklieferung hat einen Vorsteuerabzug aus dieser Rücklieferung, soweit ihm darüber eine ordnungsgemäße Rechnung erteilt wird.
Praxis-Tipp: Es bietet sich an, in diesen Fällen mit einer Gutschrift über die Rückgabe der Transporthilfsmittel abzurechnen. In diesen Fällen ist auf die besonderen Rechnungsangaben (Pflichtangabe „Gutschrift“) zu achten.
Beispiel: Fischgroßhändler F verkauft Fisch an Einzelhändler in Fischtransportkisten. Für die besonderen Transportkisten berechnet er seinem Kunden 10 EUR (netto) als Pfand. Bei Rückgabe der Fischtransportkisten wird dem Einzelhändler das Pfand erstattet. Die Lieferung der Fische unterliegt bei F als steuerbare und steuerpflichtige Lieferung dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Die Abgabe der Fischtransportkisten führt als eigenständige steuerbare und steuerpflichtige Lieferung zum Regelsteuersatz. F muss seinem Einzelhändler für jede Kiste 10 EUR zuzüglich 1,90 EUR Umsatzsteuer berechnen; der Einzelhändler kann einen entsprechenden Vorsteuerabzug vornehmen. Gibt der Einzelhändler die Fischtransportkiste gegen Rückzahlung des Pfands an F zurück, erfolgt dies ebenfalls im Rahmen eines steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatzes zu 19 %. Der Einzelhändler muss F eine ordnungsgemäße Rechnung ausstellen bzw. F muss eine ordnungsgemäße Gutschrift erstellen. F hat einen entsprechenden Vorsteuerabzug.
Die Überlassung von Warenumschließungen stellt eine unselbstständige Nebenleistung zu der eigentlichen Lieferung dar und führt somit nicht zu einer eigenständigen Leistung. Werden diese Warenumschließungen an den liefernden Unternehmer zurückgegeben, handelt es sich um eine Minderung der Bemessungsgrundlage. Werden solche Warenumschließungen gegen Pfand an einen anderen Unternehmer abgegeben und später wieder gegen Rückzahlung des Pfands zurückgegeben, mindert sich die Bemessungsgrundlage für die Lieferung des leistenden Unternehmers wie auch der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger.
Wichtig: Warenumschließungen haben unabhängig von ihrer Verwendung als Verpackung keinen oder nur einen geringen dauernden selbstständigen Gebrauchswert.
Überlassung von Transporthilfsmitteln im Rahmen von Tauschsystemen
Bestimmte Transportmittel (z. B. Euro-Flachpaletten oder Euro-Gitterboxpaletten) werden häufig zwischen Unternehmern im Rahmen von reinen Tauschsystemen verwendet. Da es sich bei solchen Systemen um Sachdarlehen nach § 607 BGB handelt, liegen keine Lieferungen, sondern umsatzsteuerrechtlich sonstige Leistungen vor. Dabei können die folgenden Möglichkeiten vorliegen:
- Der Austausch der Transportmittel erfolgt unentgeltlich: In diesen Fällen liegen keine steuerbaren Leistungen vor. Eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG liegt ebenfalls nicht vor, da die Wertabgabe aus unternehmerischen Gründen erfolgt.
- Erfolgt die Überlassung entgeltlich (z. B. auch bei Entgelten für die Palettenabwicklung – sog. „Handling“ oder Palettenaustauschgebühren), liegen sonstige Leistungen vor, die dort ausgeführt sind, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 UStG). Regelmäßig wird dies zu steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen führen. Der leistende Unternehmer hat den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung oder Herstellung sowie der Reparatur der Gegenstände.
Wichtig: Bei der unentgeltlichen Überlassung der Paletten im Rahmen von Sachdarlehen richtet sich der Vorsteuerabzug des leistenden Unternehmers nach dessen unternehmerischer Gesamttätigkeit.
Kommt der Empfänger der Gegenstände seiner Verpflichtung zur Rückgabe der Gegenstände nicht nach, weil diese durch Diebstahl oder Zerstörung nicht mehr zurückgegeben werden können, stellt die Ersatzzahlung einen nicht steuerbaren echten Schadensersatz dar.
Praxis-Tipp: Echter Schadensersatz liegt auch dann vor, wenn ein Ausgleich auf Palettenkonten erfolgt, auf denen der jeweilige Saldo zwischen den erhaltenen und zurückgewährten Paletten aufgezeichnet und der Saldo in Geld ausgeglichen wird.
Wird aber später auf die Rücknahme der Gegenstände (z. B. Paletten) verzichtet, obwohl die Rückgabe erfolgen könnte, liegt eine an das Sachdarlehen anschließende Lieferung vor, die regelmäßig steuerbar und steuerpflichtig ist.
Bei sog. Reparatur-Tausch-Programmen, bei denen defekte Paletten eingeliefert werden und reparierte Paletten zurück gegeben werden, liegt ein Tausch nach § 3 Abs. 12 UStG (ggf. mit Baraufgabe) vor. Beide Unternehmer führen in diesem Fall steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen aus. Die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG kann im Rahmen einer Vereinfachungsregelung für beide Lieferungen mit dem gemeinen Wert der reparierten Paletten angenommen werden. Für die Entstehung der Steuer ist zu beachten, dass die Hingabe der defekten Paletten die Lieferung des einen Unternehmers darstellt, gleichzeitig aber auch die Anzahlung für den anderen Unternehmer ist, der (später) reparierte Paletten liefern wird.
Konsequenzen für die Praxis
Die Finanzverwaltung grenzt umfangreich die Überlassung von Transportbehältnissen ab. Bei der pfandweisen Überlassung von Warenumschließungen ergeben sich zu der bisherigen Behandlung keine Abweichungen; sie stellen Nebenleistungen dar, die das Schicksal der Hauptleistung teilen. Bei der Rückgabe ist eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG vorzunehmen.
Bei der Überlassung von Transporthilfsmitteln muss unterschieden werden, ob diese unentgeltlich, entgeltlich oder im Rahmen von Tauschsystemen überlassen werden. Hier ergeben sich für die beteiligten Unternehmer bei entgeltlichen Leistungen wie auch im Tauschsystem besondere Anforderungen, da steuerbare Leistungen ausgeführt werden. Insbesondere bei der Abrechnung durch Gutschriften muss darauf geachtet werden, dass die Gutschriften den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, um dem Aussteller der Gutschrift den Vorsteuerabzug zu sichern.
Die Grundsätze sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber für alle bis zum 30.6.2014 ausgeführten Leistungen nicht, wenn
- bei der Hingabe von Transporthilfsmitteln gegen Pfand noch von einer Nebenleistung ausgegangen wird und die Rückgabe der Gegenstände als Minderung der Bemessungsgrundlage behandelt wird und
- bei Tauschsystemen noch von Lieferungen der Gegenstände (Paletten) ausgegangen wird und die Leistungen von den Unternehmern auch entsprechend besteuert werden.
Hinweis: Die Übergangsfrist wurde auf Drängen der Praxis verlängert (BMF, Schreiben v. 16.12.2013, IV D 2 - S 7200/07/10022 :001); ursprünglich sollte sie am 31.12.2013 enden.
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