Zurückweisung von Einsprüchen und Änderungsanträgen zu Zinsfestsetzungen
Einsprüche werden zurückgewiesen
Am 8.7.2021 hat des BVerfG (1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) über die Rechtsmäßigkeit der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen nach § 233a AO i.V.m. § 238 AO entschieden.
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Bekanntlich hat das BVerfG die Verzinsung für Zeiträume bis einschließlich 2013 für verfassungsgemäß erklärt, die Verzinsung ab 2014 hingegen für verfassungswidrig. Gleichwohl darf die verfassungswidrige Rechtslage bis 2018 angewendet werden, ab 2019 geht dies nicht mehr. Zudem muss der Gesetzgeber bis 31.7.2022 eine verfassungsgemäße Regelung treffen. Mit der Allgemeinverfügung werden die diversen Einsprüche, die gegen die Verzinsung bis 31.12.2018 erhoben wurden, zurückgewiesen.
Steuerpflichtige können jetzt ein Jahr überlegen, ob Sie klagen wollen. Die Erfolgsaussichten dürften indes überschaubar sein. Bereits mit Schreiben vom 17.9.2021 (IV A 3 – S 0338/19/10004:005) hat das BMF seine Grundsätze zur verfahrensrechtlichen Handhabung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dargestellt. In diesen Schreiben war bereits angelegt, was jetzt im gleichlautenden Ländererlass umgesetzt wurde. Mit einem Schreiben vom 3.12.2021 hat das BMF sein Schreiben aus dem September nunmehr ergänzt. Die Ergänzungen betreffen vor allem den Umgang mit Hinterziehungszinsen. Diese weisen einige Besonderheiten auf, die hier nicht weiter dargestellt werden sollen. Festzuhalten ist aber, dass im Fall einer Festsetzung von Hinterziehungszinsen unbedingt das nunmehr vorliegende BMF-Schreiben herangezogen werden sollte.
Gesetzliche Grundlage der Allgemeinverfügung
Betrifft eine gerichtliche Entscheidung des BFH, des EuGH oder des BVerfG eine Vielzahl von anhängigen Einspruchsverfahren, kann die Finanzverwaltung diese als Gründen der Verwaltungsökonomie nach § 367 Abs. 2b AO im Wege der Allgemeinverfügung zurückweisen. Dies geschieht dadurch, dass die Entscheidung im Bundessteuerblatt und auf der Homepage des BMF veröffentlicht wird. Ein betroffener Steuerpflichtiger hat dann ein Jahr Zeit, sich zu überlegen, ob er Klage in seinem Einzelfall erheben will. Von dem Instrument der Allgemeinverfügung haben die zuständigen obersten Finanzbehörden der Länder hinsichtlich der Umsetzung des Zinsbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts verständlicher Weise Gebrauch gemacht.
Grundzüge des Erlasses
Der wesentliche Inhalt der gleichlautenden Erlasse lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Am 29.11.2021 anhängige und zulässige Einsprüche gegen die Festsetzung von Zinsen nach § 233a AO für die Zeiträume vor dem 1.1.2019 werden zurückgewiesen, wenn in den Einsprüchen geltend gemacht wird, dass die Zinshöhe gegen das Grundgesetz verstößt.
- Entsprechendes gilt für am 29.11.2021 anhängige Anträge, außerhalb eines Einspruchs. Oder für im Rahmen eines Klageverfahrens gestellte und zulässige Anträge auf Änderung einer Zinsfestsetzung.
- Die Finanzbehörden stellen klar, dass zwar die Verzinsung bereits ab 2014 verfassungswidrig war, diese verfassungswidrige Rechtslage jedoch bis einschließlich 2018 anzuwenden ist, sodass auch Einsprüche für die Zeiträume bis 2018 zurückzuweisen sind.
- Betrifft ein Einspruch oder ein Änderungsantrag auch Verzinsungszeiträume nach dem 31.12.2018, wird das Finanzamt über diese nach einer gesetzlichen Neuregelung entscheiden.
Dies gilt für alle offenen Fälle.
Vorläufigkeit und Aussetzung
Der wesentliche Inhalt des BMF-Schreibens v. 3.12.2021 ist:
- Es wird klargestellt, dass auch bei Einspruchsverfahren gegen die vorläufige Festsetzung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist (in Abschnitt IV. Nr.2. des Schreibens vom 17.9.2021).
- In Abschnitt VII. Nr 1. wird klargestellt, dass für Hinterziehungszinsen besondere Regelungen nach VII.Nr. 2. gelten.
- Diese besonderen Regelungen werden dann in Abschnitt VII Nr. 2 dargestellt. Hiernach sind Hinterziehungszinsen für Zeiträume ab 1.1.2019 nur insoweit vorläufig festzusetzen, soweit für den gleichen Zeitraum nach § 233a AO festsetzte Nachzahlungszinsen auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden. Da die Zinsen nach § 233a AO und nach § 235 AO insbesondere einen anderen Zinsbeginn haben, ist dies durchaus nicht immer der Fall.
- Gleiches gilt in Änderungs- oder Berichtigungsfällen, wenn die Festsetzung der Hinterziehungszinsen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufige ergangen ist. Bei nur teilweiser Vorläufigkeit sind ebenfalls Sonderregelungen zu beachten.
Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder v. 29.11.2021
BMF, Schreiben v. 3.12.2021, IV A 3 - S 0338/19/10004 :005
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