Arbeitszimmerkosten bei Ehegatten
Bis einschließlich 2017 konnte - selbst wenn eine Eigentumswohnung beiden Ehegatten zu jeweils 50 % gehörte - der Ehegatte, der einen Raum dieser Wohnung als häusliches Arbeitszimmer nutzte, 100 % der auf das Arbeitszimmer entfallenden Gebäudeabschreibung und der Schuldzinsen bei der Ermittlung der Arbeitszimmerkosten geltend machen (H 9.14 – Ermittlung der abziehbaren Aufwendungen – 6. Spiegelstrich – LStH 2017).
BFH-Rechtsprechung macht differenzierte Beurteilung erforderlich
Ab 2018 ist nach dem BFH Urteil vom 06.12.2017 - VI R 41/15 unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des GrS vom 23.08.1999 (1/97 – 3/97 u. 5/97) allerdings eine differenzierte Beurteilung zur Berücksichtigung von Drittaufwand vorzunehmen. Danach ist zwischen
- grundstücksorientierten Aufwendungen (wie AfA, Schuldzinsen, Grundsteuern, Hausversicherungen) und
- nutzungsorientierten Aufwendungen (wie Energiekosten, Renovierungskosten für das Arbeitszimmer, Reinigungskosten)
zu unterscheiden. Die oben angesprochene Vereinfachungsregelung in H 9.14 LStH ist nicht mehr anzuwenden.
Regelung in EStH 2020
Vielmehr ist in H 4.7 EStH 2020 unter "Drittaufwand" Folgendes enthalten:
Werden die laufenden Aufwendungen für ein Wirtschaftsgut, das dem nicht einkünfteerzielenden Ehegatten gehört, gemeinsam getragen, kann der das Wirtschaftsgut einkünfteerzielend nutzende (andere) Ehegatte nur die nutzungsorientierten Aufwendungen (z. B. bei einem Arbeitszimmer die anteiligen Energiekosten und die das Arbeitszimmer betreffenden Reparaturkosten) als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend machen (BFH Beschluss vom 23.08.1999 - GrS 2/97).
Nutzt ein Miteigentümer allein eine Wohnung zu betrieblichen oder beruflichen Zwecken und werden die Darlehen zum Erwerb der Wohnung gemeinsam aufgenommen und Zins und Tilgung von einem gemeinsamen Konto beglichen, kann er AfA und Schuldzinsen nur ent-sprechend seinem Miteigentumsanteil als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend machen. Entsprechendes gilt für gemeinschaftlich getragene andere grundstücksorientierte Aufwendungen, z. B. Grundsteuer, allgemeine Reparaturkosten, Versicherungsprämien (BFH Urteil vom 06.12.2017 - VI R 41/15).
Welche Kosten können geltend gemacht werden?
Aufgrund des jüngeren Urteils des BFH vom 06.12.2017 ist in die Praxis nicht eindeutig durchgedrungen, ob beispielweise bei Miteigentum (z. B. 50 %) und Zahlung vom gemeinsamen Konto, die grundstücksorientierten Kosten nur noch in Höhe von 50 % (Miteigentumsanteil) geltend gemacht werden dürfen.
Schaut man in einen Erlass der Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen v. 04.11.2019, 900 – S 2145 – 1/2014 – 1/2016 11-1, könnte man tatsächlich diese Auffassung vertreten. Hier heißt es z. B. für Mietwohnungen:
Bei einer gemeinsam gemieteten Wohnung und Nutzung des Arbeitszimmers durch einen Ehegatten/Lebenspartner kann dementsprechend die anteilig auf das Arbeitszimmer entfallende (Kalt-)Miete nur zur Hälfte steuerlich berücksichtigt werden.
Im Folgenden wird dargestellt wie einzelne Fallgestaltungen in der Praxis zu handhaben sind. Es wird dabei deutlich, dass sich etwa bei einem vorhandenen häuslichen Arbeitszimmer in der gemeinsamen Wohnung, welches von einem Miteigentümer genutzt wird und die Zahlung der grundstücksorientierten Kosten vom gemeinsamen Konto beglichen werden, in der Regel keine Änderung gegenüber der bisherigen Regelung ergibt.
Praxisbeispiele ergeben sich aus der Einkommensteuer-Kurzinformation Nr. 2020/1 des Finanzministeriums Schleswig-Holstein v. 8.1.2020, welche auch für auch für nichteheliche Lebensgemeinschaften gelten sollen.
1. Eigentumsfälle
Zunächst ist bezüglich der nutzungsorientierten Kosten darauf hinzuweisen, dass die anteilig auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen durch den Beruf desjenigen Ehegatten/Lebenspartner veranlasst sind, der das Arbeitszimmer nutzt. Sie werden demjenigen zugerechnet, von dessen Konto sie gezahlt worden sind. Werden diese Aufwendungen von einem gemeinsamen Bankkonto der Ehegatten/Lebenspartner beglichen, kann der Nichteigentümer die durch seine berufliche Nutzung verursachten Kosten insgesamt und nicht nur anteilig steuerlich geltend machen.
Grundstücksorientierte Aufwendungen - Alleineigentümer nutzt Arbeitszimmer:
100 % der grundstücksorientierten Aufwendungen sind abziehbar, wenn sie
- vom Konto des Alleineigentümers oder
- vom Gemeinschaftskonto der Ehegatten gezahlt werden.
Nicht abziehbarer Drittaufwand liegt vor, wenn die Zahlung vom Konto des anderen Ehegatten erfolgt.
Grundstücksorientierte Aufwendungen - Ehegatten sind Eigentümer, ein Ehegatte nutzt Arbeitszimmer:
100 % der grundstücksorientierten Aufwendungen sind abziehbar,
- wenn sie vom Konto des Arbeitszimmer-Nutzenden gezahlt werden oder
- wenn sie vom Gemeinschaftskonto der Ehegatten bezahlt werden, begrenzt auf den Miteigentumsanteil an den Räumlichkeiten.
Beispiel: Wohnfläche der gesamten Wohnung 100 qm, Arbeitszimmer 10 qm, Miteigentumsanteil 50 %, grundstücksorientierte Aufwendungen 2.000 EUR. Es sind 200 EUR abzugsfähig (10 % von 2.000 EUR, nicht nur 100 EUR entsprechend dem Miteigentumsanteil).
Abwandlung: Das Arbeitszimmer hat eine Fläche von 60 qm. Es sind 1.000 EUR abzugsfähig (60 % von 2.000 EUR = 1.200 EUR, aber begrenzt auf den Miteigentumsanteil von 50%). Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass im Fall des BFH (BFH Urteil vom 06.12.2017 - VI R 41/15) die Ehegatten Eigentümer einer Wohnung waren, die ein Ehegatte zu 100 % beruflich genutzt hat (Zahlung vom gemeinsamen Konto).
Nicht abziehbarer Drittaufwand liegt vor, wenn die Zahlung vom Konto des anderen Ehegatten erfolgt.
Grundstücksorientierte Aufwendungen - Nicht Arbeitszimmer-Nutzer ist Eigentümer:
100% der grundstücksorientierten Aufwendungen sind abziehbar, wenn sie vom Konto des Arbeitszimmer-Nutzers gezahlt werden.
Nicht abziehbarer Drittaufwand liegt vor, wenn die Zahlung vom Konto des anderen Ehegatten oder vom Gemeinschaftskonto der Ehegatten erfolgt. Bezüglich des Gemeinschaftskontos ist dem Urteil des BFH vom 23.08.1999 - GrS 2/97, Folgendes zu entnehmen:
Soweit die gemeinsam getragenen laufenden Aufwendungen für die Wohnung des Eigentümer-Ehemannes grundstücksorientiert sind (z. B. Schuldzinsen auf den Anschaffungskredit, Grundsteuern, allgemeine Reparaturkosten, Versicherungsprämien u. ä. Kosten), sind sie beim Steuerpflichtigen (der das Arbeitszimmer nutzt) nicht als Werbungskosten abziehbar.
2. Mietwohnung
Die Differenzierung zwischen grundstücks- und nutzungsorientierten Aufwendungen mit den sich daraus ergebenden unterschiedlichen Rechtsfolgen ist nicht nur auf Eigentumsfälle beschränkt, sondern auch bei angemieteten Wohnobjekten vorzunehmen. Zunächst ist bezüglich der nutzungsorientierten Kosten wieder darauf hinzuweisen, dass für gemietete Wohnungen die gleichen Grundsätze gelten, wie bei im Eigentum stehenden Wohnungen.
Grundstücksorientierte Aufwendungen - Alleinmieter nutzt Arbeitszimmer:
100% der grundstücksorientierten Aufwendungen sind abziehbar, wenn
- sie vom Konto des Alleinmieters oder
- vom Gemeinschaftskonto der Ehegatten gezahlt werden.
Nicht abziehbarer Drittaufwand liegt vor, wenn die Zahlung vom Konto des anderen Ehegatten erfolgt.
Grundstücksorientierte Aufwendungen - Ehegatten sind Mieter, ein Ehegatte nutzt Arbeitszimmer:
100% der grundstücksorientierten Aufwendungen sind abziehbar,
- wenn sie vom Konto des Arbeitszimmer-Nutzenden gezahlt werden oder
- wenn sie vom Gemeinschaftskonto der Ehegattenbezahlt werden, begrenzt auf 50 % der gesamten Wohnfläche
Beträgt also der Nutzungsumfang des häuslichen Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten Wohnfläche sind maximal 50 % der gemeinsam getragenen Aufwendungen abziehbar.
Nicht abziehbarer Drittaufwand liegt vor, wenn die Zahlung vom Konto des anderen Ehegatten erfolgt.
Grundstücksorientierte Aufwendungen - Nicht Arbeitszimmer-Nutzer ist Mieter:
100% der grundstücksorientierten Aufwendungen sind abziehbar, wenn sie vom Konto des Arbeitszimmer-Nutzers gezahlt werden.
Nicht abziehbarer Drittaufwand liegt vor, wenn die Zahlung vom Konto des anderen Ehegatten oder vom Gemeinschaftskonto der Ehegatten erfolgt.
Hinweis: Erstattet der Arbeitszimmer-Nutzende nachweislich einen Anteil der Miete an den zahlenden Ehegatten vom eigenen Konto, liegt - unabhängig von der Frage, wer die Aufwendungen schuldet - abziehbarer Eigenaufwand vor.
Ohne Ehe/Lebenspartnerschaft
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Ehegatten/Lebenspartner, die gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer nutzen, die grundstücksorientierten Aufwendungen entsprechend den vorgenannten Ausführungen geltend machen können.
Bei Nicht-Ehegatten/Lebenspartnern stehen jedem Steuerpflichtigen grundsätzlich die von ihm getragenen Kosten zu. Tragen beide die Kosten gemeinsam, kann davon ausgegangen werden, dass jeder Steuerpflichtige 50 % der Aufwendungen getragen hat und 50 % der Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen kann. Zahlt ein Steuerpflichtiger alleine die Miete bzw. die Anschaffungs- und Herstellungskosten und erstattet der andere in der häuslichen Gemeinschaft lebende Steuerpflichtige die Aufwendungen anteilig, können die Aufwendungen nur in der Höhe als Werbungskosten geltend gemacht werden, in der der jeweilige Steuerpflichtige Kosten getragen hat.
Beispiel: A und B leben gemeinsam in einer Mietwohnung, welche A gemietet hat. A zahlt auch die Kosten. B erstattet ihm 20 % der Kosten. Sie nutzen zusammen ein 15 qm großes häusliche Arbeitszimmer. Die grundstücksorientierten Kosten für das Arbeitszimmer betragen 2.000 EUR. A sind 1.600 EUR (80%) und B 400 EUR (20 %) zuzurechnen.
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