Entwicklung strategischer Geschäftsfelder in der Steuerkanzlei
In Zeiten des digitalen Wettbewerbs, des Drängens von berufsfremden Unternehmen in die Buchhaltungsdienstleistungen und der mittelfristig steigenden Möglichkeiten für Mandanten, alternativ zur Steuerkanzlei auf künftige e-Governance-Lösungen zurückzugreifen, ist ein unternehmerischer und zukunftsorientierter Ansatz nötig, Dienstleistungen des Kanzleiportfolios in verschiedenen Geschäftsfelder strategisch zu entwickeln und am Markt zu positionieren.
Die Positionierung der strategischen Geschäftsfelder
Die strategische Positionierung eines Geschäftsfelds beantwortet die Frage, auf welche Ziele die beschränkten Ressourcen (Zeit und Geld) im jeweiligen Geschäftsfeld fokussiert werden sollen. Vor allem aber, mit welchen Dienstleistungen für welche Zielgruppen in welchem Wettbewerbsumfeld das Geschäftsfeld am Markt positioniert wird. Sie beantwortet die Frage, welcher Wert für Mandanten geschaffen wird, und erklärt, wie genau die Bedürfnisse der Mandanten bedient werden. Damit ist die Positionierung methodisch die Grundlage für das strategische Marketing.
Hinweis: Um die Strategie eines Geschäftsfelds ganzheitlich zu entwickeln, ist über die Positionierung hinaus die Erstellung eines vollständigen Business-Modells angebracht, z. B. mit der Methode "Business-Modell-Canvas".
Definition: Strategische Positionierung
Die strategische Positionierung erklärt,
- … was die Leistungen des Geschäftsfelds erbringen/vollbringen/erzielen/ausführen/ergeben – und für wen genau sie sind.
- … wie ist die Kanzlei das Geschäftsfeld im Vergleich zum Wettbewerb positioniert.
Die Positionierung bezeichnet das gezielte, planmäßige Schaffen und Herausstellen von Stärken und Qualitäten, durch die sich die Kanzlei-Leistungen in der Einschätzung der Zielgruppe klar und positiv von anderen Dienstleistungen unterscheiden. Sie ist Kern der Marketingkommunikation der Kanzlei. Jegliche Kommunikationsmittel und Marketingmaßnahmen richten sich daran aus.
Sie werden verschiedene Definitionen einer Positionierung finden. Je nachdem, welche Literatur sie zur Hand haben. Für Sie dient die Positionierung dem Zweck, profitable Mandanten in Ihren Geschäftsfeldern zu bekommen und zu behalten.
Üblicherweise wird strategische Positionierung in 5 klaren Sätzen aufgeschrieben:
- Satz 1 erklärt das strategische Ziel der Entwicklung Ihres strategischen Geschäftsfelds.
- Satz 2 erklärt, wie Sie das Ziel erreichen, indem er den wesentlichen Nutzen der Dienstleistungen des Geschäftsfelds für Ihre Mandanten erklärt.
- Satz 3 beschreibt Ihren Zielmarkt.
- Satz 4 beschreibt Ihre Nische (Abgrenzung zum vor Ort relevanten Wettbewerb auf Leistungsebene).
- Satz 5 beschreibt das Image Ihrer Kanzlei.
Das strategische Ziel für das Geschäftsfeld festlegen
Klare Zielstellungen helfen Ihnen dabei, erfolgreicher, rentabler und vor allem bezüglich des Faktors Zeit effizienter zu agieren, deshalb formulieren Sie in Satz 1 jeder Positionierung Ihrer Geschäftsfelder eine klare Aussagen darüber, was Sie mit der Entwicklung dieses Geschäftsfeldes erreichen wollen – üblicherweise auf die strategische Zeitebene (3 – 10 Jahre) bezogen. So erreichen Sie die nötige Orientierung, können den Fortschritt der Entwicklung des Geschäftsfeldes messen (Umsetzungskontrolle, mindestens wöchentlich!); Diese konsequente Dokumentation allein hilft schon bei der Umsetzung! Die genaue Zielsetzung ermöglicht Ihnen auch im Vorfeld mögliche negativen Konsequenzen zu bedenken, die mit der Zielerreichung verbunden sind (vgl. auch Ulf Hausmann, KP Kanzleiführung Professionell 5/2015: Machen Sie Ihre Kanzlei zukunftsfähig: Mit klaren Zielen zum Erfolg).
Berücksichtigen Sie die SMART-Kriterien bei der Zielsetzung:
S | Specific (präzise) |
M | Measurable (messbar) |
A | Attainable (erreichbar) |
R | Realistic (realistisch) |
T | time-phased (zeitlich planbar) |
Neben der Auswertung von einer SWOT-Analyse im Geschäftsfeld sollten Sie bei strategischen Zielsetzungen besonderes Augenmerk auf die Wettbewerbssituation bei Ihnen vor Ort legen. Per se haben Sie bessere Voraussetzungen für Wachstum und Rentabilität, wenn Sie sie im Wettbewerb clever positionieren. Den Zielpunkt dieser Positionierung legen Sie mit einem gut durchdachten und intern kommunizierten strategischen Ziel fest.
Zielgruppe(n)
In der Praxis wird häufig der Fehler gemacht, dass Kanzleien Zielgruppen zu schnell wechseln oder zu wenige Maßnahmen je Zielgruppe durchführen. Zwar werden Steuerberater häufiger gewechselt als früher, aber bis eine Wechsel-Entscheidung tatsächlich getroffen wird, kann es schon mal Jahre dauern – erheblich länger als in anderen Branchen. Effizienz Ihrer Marketing-Anstrengungen sichern Sie sich, wenn Sie über Jahre immer den gleichen Personenkreis ansprechen (vgl. auch Ulf Hausmann, KP Kanzleiführung Professionell 11/2015: Wissen für Ihre Zielgruppen: Positionierung von Geschäftsfeldern der Kanzlei).
Außerdem sollten Sie berücksichtigen, dass die Geschäftsfelder, die Sie zielgruppenspezifisch entwickeln, mittelfristig "groß genug" sind. D. h. es muss genügend Geschäft in einem Zielgruppenbereich stattfinden, dass optimaler Weise 2-3 Personen damit ausgelastet sind. So stellen Sie sicher, dass bei Ausfall Einzelner andere einspringen können und dass zwischen dem spezialisierten Personal ein Austausch und so eine bessere Know-how- und Dienstleistungsentwicklung permanent erfolgen können.
Zielgruppen sind konkrete Personengruppen, die Sie mit Namen und spezifischen Eigenschaften benennen können. Sie sind intern relevant für Know-how, das aufgebaut wird, und extern sichtbar in der Marketing-Kommunikation.
Häufig wird Zielgruppen-Orientierung in Steuerkanzleien mit reiner Branchenorientierung verwechselt – und es wird kategorisch gesagt: "Das funktioniert bei uns sowieso nicht – wir müssen alle Unternehmer bedienen". Dabei werden die Vorteile der Zielgruppen-Orientierung verkannt, und dass es z. B. eine korrekte Zielgruppenorientierung ist, zu sagen: "Unsere Zielgruppe sind alle inhabergeführten Unternehmen im Ort XY bis zu einer Größe von 2 Mio. EUR Jahresumsatz." Das ist eine klar umrissene Gruppe von Personen, die Sie mit Ihrem Marketing zielgerichtet ansprechen können.
Mit Ihrer Entscheidung, einen bestimmten Personenkreis in den Fokus der strategischen Entwicklung eines Geschäftsfelds zu stellen, beeinflussen Sie zunächst einmal, welche Dienstleistungen Sie für welche Mandanten erbringen, und außerdem, welchen Wettbewerb Sie im Markt vorfinden. Damit nutzen Sie zwei Stellhebel für mehr Marketingeffizienz:
- Sie wählen einen Nischenmarkt, in dem Sie von vornherein eine Position der Stärke besetzen.
- Sie sprechen eine besondere Zielgruppe mit einem auf diese zugeschnittenen Inhalt sowie einer auf diese zugeschnittenen Tonalität auf geeigneten Kommunikationskanälen an.
Werte- und Nutzenbotschaft
Strategische Überlegungen sollten Sie damit beginnen, herauszufinden, was der Wert Ihrer Dienstleistung ist, und diesen zu kommunizieren. Der Unterschied zwischen Produktmarketing und Marketing für Dienstleistungen liegt in der Immaterialität. Eine Dienstleistung kann man nicht auf den Tisch legen und anfassen, prüfen und begutachten. Der Wert einer Dienstleistung ist nicht mit den Händen zu greifen und ist deshalb besonders schwierig nach außen zu transportieren.
Um sich bewusst zu machen, welchen Wert und Nutzen Ihre Kanzlei Ihren Mandanten bringt – selbst oder in einem Workshop unter den Partnern, in einzelnen Kanzleiteams oder mit der ganzen Kanzlei –, stellen Sie sich folgende Fragen:
- Wofür steht das strategische Geschäftsfeld (im Markt)?
- Was sollen die Menschen darüber wissen?
- Was ist das Besondere an meiner Kanzlei/dem Geschäftsfeld?
- Warum sollte jemand daran interessiert sein, Dienstleistung und Beratung bei mir zu kaufen?
- Was ist das Besondere an den Leistungen, die ich vermarkte?
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