Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
Sei dem Jahr 2012 sind Kinderbetreuungskosten in Höhe von 2/3 der Kosten nur noch einheitlich als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Der Abzug ist jedoch auf 4.000 EUR je Kind begrenzt (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Persönlichen Anspruchsvoraussetzungen gibt es nicht mehr.
Betreuung durch Angehörige
Grundsätzlich darf die betreuende Person auch ein Angehöriger sein. Jedoch werden Aufwendungen für familieninterne Betreuungsleistungen, die üblicherweise kostenlos erbracht werden, nicht anerkannt. Daher kann beispielsweise ein an die Mutter gezahltes Entgelt für die Kindesbetreuung nicht berücksichtigt werden, wenn sie zusammen mit dem gemeinsamen Kind im Haushalt des Steuerpflichtigen lebt. Auch bei einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft oder einer Lebenspartnerschaft zwischen dem Steuerpflichtigen und der das Kind betreuenden Person ist eine Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten nicht möglich.
Zahlen die Eltern an den Großvater oder die Großmutter eine Vergütung für die Betreuung ihrer Kinder ist eine Berücksichtigung als Sonderausgaben bei den Eltern möglich, wenn die Großeltern nicht in dem gleichen Haushalt leben. Grundvoraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Vereinbarung über die Betreuung (zeitlicher Umfang und Höhe der Entlohnung) wie unter fremden Dritten üblich geregelt wird.
Praxis-Tipp: Ist eine Vetrgütung sinnvoll?
Da die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen sehr hoch sind, und auf der anderen Seite der Empfänger die Vergütung für die Betreuung in seiner Einkommensteuererklärung in voller Höhe (nicht nur 2/3 der Vergütung) angeben muss, eigent sich Variante nur in bestimmten Fällen. Dies könnte z. B. dann der Fall sein, wenn die Großeltern auch nach Zurechnung der Betreuungsvergütungen keine Einkommensteuer zahlen müssen.
Um aber auch in einem solchen Fall auf der sicheren Seite zu sein ist es unbedingt erforderlich, dass klare und eindeutige schriftliche Vereinbarungen zwischen den Großeltern und den Eltern des bzw. der zu betreuenden Kinder getroffen werden. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass der zeitliche Umfang der Betreuungsleistungen und die Höhe der Bezahlung, welche in jedem Fall per Überweisung erfolgen muss, genau festgelegt werden. Die getroffenen Vereinbarungen müssen dem Fremdvergleich standhalten.
Fahrtkostenerstattungen zur Kinderbetreuung
Der BFH hat bereits mit Urteil vom 4.6.1998 (III R 94/96) entschieden, dass Fahrtkosten, die zur Betreuung von Kindern anfallen grundsätzlich als Kinderbetreuungskosten berücksichtigt werden können.
Fahrtkosten bei unentgeltlichen Betreuungsleistungen
Mit Urteil vom 09.05.2012 - 4 K 3278/11 hat das FG Baden-Württemberg entschieden, dass Kinderbetreuungskosten in Form von Fahrtkosten (0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer) an die Großmütter auch dann nach § 4f EStG als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten abzugsfähig sind, wenn die Betreuungsleistung unentgeltlich erbracht wird und wenn hinsichtlich der genauen Zeiten, an denen Betreuungsleistungen erforderlich sind, eine bloße Rahmenvereinbarung abgeschlossen wird. Unschädlich ist, wenn die Betreuungsleistung zusätzlich zu den Aufenthalten des Kindes in der Kindertagesstätte erforderlich geworden ist.
Im Streitfall schlossen die Kläger mit der Mutter des Klägers bzw. mit der Mutter der Klägerin eine "Vereinbarungen zur Kinderbetreuung" ab, wonach sich die Mütter der Kläger verpflichteten, deren Sohn an einem Tag pro Woche, erforderlichenfalls auch öfter, unentgeltlich zu betreuen. Die Kläger verpflichteten sich zum Ersatz der Fahrtkosten, die für die Fahrten vom Wohnsitz der jeweiligen Mutter zur Wohnung der Kläger entstanden, mit je 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer.
Für die im Streitjahr geleisteten Fahrten rechneten die Mütter der Kläger die folgenden Beträge ab:
- Mutter des Klägers 1.886,40 EUR,
- Mutter der Klägerin: 727,20 EUR.
Die Kläger bezahlten den Fahrtkostenersatz im Wege der Überweisung.
Behandlung der Fahrtkostenerstattungen bei Formfehlern
Zu der vorstehend beschriebenen Fahrtkostenerstattung hat das FG Nürnberg (Urteil vom 30.05.2018 - 3 K 1382/17) den Sonderausgabenabzug bei den Eltern abgelehnt, und seine Entscheidung auf folgende Formfehler in den Vereinbarungen gestützt:
- Die Formulierung, die Kinderbetreuung solle "ab und zu" erfolgen, begründe kein Schuldverhältnis. Es fehle an einer verlässlichen Regelung, die eine regelmäßige Betreuung sicherstelle.
- Eine fremde Betreuungsperson hätte es nicht akzeptiert, wenn sie Fahrtkosten für ein Betreuungsjahr erst zwei Jahre später erstattet bekommen hätte.
- Die Großeltern hatten ihren Kindern für die Betreuung der Enkelkinder nur Aufstellungen über ihre Fahrten aber keine Rechnungen ausgehändigt. Diese Aufstellungen waren undatiert. Es fehlte an Angaben, an welchem Datum die Fahrten stattgefunden hatten.
Praxis-Tipp: Urteilsgrundsätze des FG Baden Württemberg noch anwendbar
Obwohl das o.a. Urteil des FG Baden Württemberg noch zu § 4f EStG ergangen ist, sind die Grundsätze dieses Urteils auch aktuell noch anzuwenden, da der ab 2012 anzuwendende § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit dem § 4f EStG insoweit vergleichbar ist. Betroffene Eltern können daher unter Beachtung der geschilderten Formvorschriften die Zahlung von Fahrtkostenersatz zur Kinderbetreuung vereinbaren und als Kinderbetreuungskosten geltend machen. Da es sich hierbei um einen reinen Aufwendungsersatz handelt, ergibt sich bei den Großeltern keine steuerliche Auswirkung.
Betreuungsbedingter Aufwand der Großeltern als außergewöhnliche Belastung
In einem vom FG Münster entschiedenen Fall (Urteil vom 01.03.2021 - 9 K 1651/18 E) hatte ein Ehepaar Aufwendungen für die Betreuung der Enkelkinder als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht. Zur Begründung trugen sie vor, dass ihre Tochter und deren Ehemann ein Restaurant führten und deshalb bis spät in die Nacht und an Wochenenden auf Kinderbetreuung angewiesen seien. Ein Babysitter sei für diese Zeiträume kaum zu finden bzw. unbezahlbar. Aus diesem Grund seien die Großeltern jedes Wochenende und an Feiertagen zu dem Ort gefahren, um die Enkelkinder zu beaufsichtigen. Sie machten Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwand in Höhe von rund 6.000 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend.
Da das Finanzamt die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung abgelehnt hatte, hat das Ehepaar Klage erhoben, welche das FG als unbegründet zurückgewiesen hat. Nach Auffassung des FG lag keine Situation vor, die aus sittlichen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz rechtfertige, dass Besuchsfahrten zu Angehörigen nicht steuerlich berücksichtigt werden können. Insbesondere folge eine sittliche Zwangsläu-figkeit nicht aus dem grundrechtlichen Schutz von Ehe und Familie. Art. 6 Abs. 1 GG stelle die elterliche Entscheidung für Kinder unter besonderen Schutz und verbiete es, erwerbstätigen Eltern bei der Einkommensbesteuerung die "Vermeidbarkeit" ihrer Kinder entgegenzuhalten.
Erwerbsbedingt notwendige Kinderbetreuungskosten müssten daher zumindest als zwangsläufige Aufwendungen der geschützten privaten Lebensführung grundsätzlich in realitätsgerechter Höhe abziehbar sein. Der Gesetzgeber sei allerdings berechtigt, mit einer sachgerechten Pauschalierung eine Obergrenze festzulegen und damit zu bestimmen, wieweit die dem Grunde nach zwangsläufigen Kinderbetreuungskosten im typischen Fall auch der Höhe nach zwangsläufig seien (BVerfG Beschluss vom 16.03.2005 - 2 BvL 7/00)
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