Arbeitszeitkonto für Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH als vGA

Hintergrund
Die GmbH und ihr alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer (G) hatten in 2005 eine Vereinbarung zur Ansammlung von Wertguthaben auf Zeitwertkonten getroffen. Danach wurde zur Finanzierung eines vorgezogenen Ruhestands oder zur Altersversorgung monatlich ein Gehaltsanteil von 4.000 EUR auf ein auf den Namen der GmbH geführtes Investmentkonto abgeführt. Die Anteilsscheine verpfändete die GmbH an G.
Die GmbH buchte die Beträge (12.000 EUR für 2005 und 48.000 EUR für 2006) nicht als Gehaltsaufwand, sondern als Rückstellung für Zeitwertkonten. Das FA behandelte die Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) mit der Begründung, eine solche Barlohnumwandlung sei nicht fremdüblich. Das FG setzte dagegen die vGA herab und gab der Klage statt. Es wies darauf hin, es sei keine Vermögensminderung eingetreten, da die GmbH in gleicher Höhe Lohnaufwand erspart habe.
Entscheidung
Unter einer vGA ist eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt regelmäßig vor, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei einem Fremdverglich einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
Die im Streitfall getroffene Vereinbarung über die Ansammlung von Wertguthaben im Rahmen eines Zeitwertkontos hält einem Fremdvergleich nicht stand. Sie entspricht nicht dem, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter mit einem Fremdgeschäftsführer vereinbaren würde. Denn der alleinige Geschäftsführer besitzt für die GmbH eine "Allzuständigkeit". Er trägt die Gesamtverantwortung für die Gesellschaft, bestimmt seine Arbeitszeit selbst und muss sich auch außerhalb der üblichen Arbeitszeiten bzw. erforderlichenfalls auch darüber hinaus für die Gesellschaft einsetzen. Mit diesem Aufgabenbild verträgt sich der Verzicht auf die unmittelbare Entlohnung zu Gunsten späterer (vergüteter) Freizeit nicht. Das entspräche - zeitversetzt - der mit der Organstellung unvereinbaren Abgeltung von Überstunden. Das gilt auch für ein entgeltumwandlungsbasiertes Arbeitszeitkonto. Denn auch hier wird durch laufenden Gehaltsverzicht Freizeit - in der Freistellungsphase - erkauft. Der teilweise Ausstieg aus der aktiven Arbeitszeitphase ist mit der Organstellung nicht vereinbar.
Die Annahme einer vGA scheitert auch nicht an der Voraussetzung einer Vermögensminderung. Die Vermögensminderung liegt in der Einzahlung der Kapitalbeträge auf das Investmentkonto. Dass die GmbH gleichzeitig das an G zu zahlende laufende Gehalt gemindert hat, ändert daran nichts. Denn insoweit fehlt es an einer hinreichend bestimmten Abrede über die Verringerung des laufenden Gehalts. Beide Vorfälle - Zahlung auf das Investmentkonto und (unbestimmt) geminderter Aufwand für das Gehalt - sind eigenständig zu behandeln (geschäftsvorfallbezogene Betrachtung). Bei beherrschenden Gesellschaftern kann nur dann von gegenseitig zu verrechnenden Vermögensvorteilen ausgegangen, wenn sie - woran es im Streitfall jedenfalls hinsichtlich der Gehaltsherabsetzung fehlt - auf einer im Voraus getroffenen, klaren und eindeutigen Vereinbarung beruhen. Denn dem Gesellschafter steht es frei, der Gesellschaft Vorteile als verlorenen Gesellschafterzuschuss zuzuführen. Dementsprechend lässt die Verringerung des monatlich ausgezahlten Gehalts keinen Schluss darüber zu, ob dieser Vorgang im Rahmen einer Vermögensminderung zu berücksichtigen ist oder als verlorener Gesellschafterzuschuss gewährt wird. Es fehlt daher an einer klaren Vereinbarung. Die Gesellschafter und die Gesellschaft hätten es in der Hand, sich im Nachhinein für die günstigere Gestaltung zu entscheiden.
Der BFH hob daher das FG-Urteil auf und wies die Klage ab.
Hinweis
Für eine vGA kann auch bedeutsam sein, ob die Vereinbarung zwischen Gesellschaft und beherrschendem Gesellschafter zivilrechtlich unwirksam ist. Der BFH verweist dazu auf das Urteil v. 22.11.1995, I R 168/94 (BFH/NV 1996, 644). Danach muss der Anstellungsvertrag zwischen Kapitalgesellschaft und (beherrschendem) Gesellschafter-Geschäftsführer zur Vermeidung einer vGA von den (Mit-)Gesellschaftern unterzeichnet werden. Für den aktuellen Fall lässt der BFH offen, ob der geänderten Gehaltsvereinbarung auch wegen Fehlens eines Gesellschafterbeschlusses (§ 46 Nr. 5 GmbHG) die steuerliche Anerkennung versagt werden müsste. Denn die Vereinbarung genügte jedenfalls nicht den Voraussetzungen des Fremdvergleichs. Auch nach Auffassung der Verwaltung sind Vereinbarungen über Zeitwertkonten bei Arbeitnehmern, die zugleich als Organ einer Körperschaft bestellt sind, nicht anzuerkennen (BMF v. 17.6.2009, BStBl I 2009, 1286).
BFH, Urteil v. 11.11.2015, I R 26/15, veröffentlicht am 23.3.2016
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