Vorsteuerabzug aus Umzugskosten
Hintergrund: Übernahme der Umzugskosten von Beschäftigten
Die A ist eine der A-Konzerngruppe angehörige Gesellschaft. Aufgrund einer konzerninternen Funktionsverlagerung wurden im Ausland tätige Mitarbeiter an den Standort der A in das Inland versetzt. Ihnen wurde zugesagt, sie bei der Suche nach einer Wohnung oder einem Haus zu unterstützen. Dementsprechend zahlte die A im Streitjahr 2013 für Angestellte, die zu ihr wechselten und umzogen, Maklerkosten aus ihr erteilten Rechnungen.
Das FA ging davon aus, die Kostenübernahme sei arbeitsvertraglich vereinbart gewesen. Deshalb habe es sich um einen tauschähnlichen Umsatz gehandelt. Der generelle Wohnbedarf gehöre zu den privaten Belangen des Arbeitnehmers. Bemessungsgrundlage sei der gemeine Wert der Gegenleistung. Daher wurden die Umsätze zum Regelsteuersatz entsprechend erhöht.
Das FG gab der Klage statt. Es verneinte einen tauschähnlichen Umsatz i.S.v. § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG. Auch eine steuerbare unentgeltliche Leistung i.S.v. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG (Entnahme) liege nicht vor.
Entscheidung: Kein tauschähnlicher Umsatz und auch keine Entnahme
Der BFH bestätigt die Auffassung des FG. Die Kostenübernahme durch A sollte die Konzernangestellten dazu veranlassen, unter Inkaufnahme erheblicher persönlichen Veränderungen aufgrund eines Familienumzugs Aufgaben bei der A zu übernehmen. Damit sollten durch eine einmalige Vorteilsgewährung überhaupt erst die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Arbeitsleistungen erbracht werden konnten. Diese Vorteilsgewährung kann daher nicht als eine Gegenleistung für die spätere Arbeitsleistung angesehen werden. Besondere Umstände, die eine abweichende Würdigung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere hatte die Höhe der übernommenen Umzugskosten keinen Einfluss auf die Höhe des Gehalts. Ein lediglich sachlicher Zusammenhang reicht für die Annahme eines tauschähnlichen Umsatzes nicht aus (BFH v. 31.7.2008, V R 74/05, BFH/NV 2009, 226).
Wegen des untergeordneten privaten Anteils ist keine Entnahme zu erfassen.
§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG stellt die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch Unternehmer einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleich, wenn diese Leistungen für Zwecke erfolgen, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern es sich nicht um Aufmerksamkeiten handelt. Die Besteuerung dieser Leistungsentnahme beruht auf Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL, der die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichstellt, wenn sie für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke erfolgen.
Leistungen an Arbeitnehmer, die aus der Sicht des Arbeitnehmers dessen privaten Zwecken dienen (z.B. Beförderung von der Wohnung zum Arbeitsplatz, Abgabe von Mahlzeiten), sind nur dann nicht als Entnahme zu berücksichtigen, wenn ausnahmsweise der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer daraus ziehen, gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens als nur untergeordnet erscheint (BFH v. 9.12.2010, V R 17/10, BStBl II 2012, 53).
Hiervon ausgehend kommt im Streitfall eine Entnahmebesteuerung nicht in Betracht. Das FG konnte zutreffend davon ausgehen, dass der private Bedarf der Arbeitnehmer hinter dem unternehmerischen Interesse der A zurücktrat, erfahrene Mitarbeiter des Konzerns unabhängig von deren bisherigem Arbeits- und Wohnort für den Aufbau als neuem Konzerndienstleister nicht zuletzt rasch hin zu A zu holen.
Vorsteuerabzug aus den übernommenen Umzugskosten
Der Unternehmer ist zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt. Dabei muss der direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz vorliegen, der z.B. zur wirtschaftlichen Gesamttätigkeit bestehen kann (BFH v. 9.2.2012, V R 40/10, BStBl II 2012, 844).
Beabsichtigt der Unternehmer bereits beim Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (BFH v. 9.12.2010, V R 17/10, BStBl II 2012, 53).
A ist somit aufgrund ihres vorrangigen Unternehmensinteresses, hinter dem das Arbeitnehmerinteresse an der Begründung eines neuen Familienwohnorts zurücktritt und das eine Entnahmebesteuerung nicht zu begründen vermag, zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Hinweis: Parallele zur Überlassung eines Firmenwagens
Der BFH zieht eine Parallele zur Überlassung eines Firmenwagens an Arbeitnehmer zur privaten Nutzung. Für diesen Fall hat der BFH zum tauschähnlichen Umsatz zwischen Unternehmer und Arbeitnehmer entschieden, dass die Überlassung eines Firmenwagens zur Privatnutzung ein untrennbarer Bestandteil der Vergütung von Führungskräften sein kann, ohne dass es darauf ankommt, ob eine Berechnung des Vorteils konkret vereinbart ist (BFH v. 10.6.1999, V R 87/98, BStBl II 1999, 580). Entscheidend ist, ob die Pkw-Überlassung bei Würdigung der Umstände des Einzelfalls als (üblicher) Vergütungsbestandteil anzusehen ist. Der bloße Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis genügt nicht (BFH v. 31.7.2008, V R 74/05, BFH/NV 2009, 226).
Im Streitfall erschien die Übernahme der Umzugskosten nicht als Bestandteil der Vergütung der versetzten Arbeitnehmer.
Ergänzend weist der BFH darauf hin, dass für den Vorsteuerabzug aus den Maklerleistungen auch spricht, dass das frühere Vorsteuerabzugsverbot für Umzugskosten für einen Wohnungswechsel in § 15 Abs. 1a Nr. 3 UStG durch Art. 7 Nr. 8 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 JStG 2007 aufgehoben wurde. Damit hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs in diesem Bereich anerkannt.
BFH Urteil vom 06.06.2019 - V R 18/18 (veröffentlicht am 10.10.2019)
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