Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen
Hintergrund: Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen bei Investitionszulage und nicht abziehbaren Betriebsausgaben
X erzielte in 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Metallwarenfabrikation), die er durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte. Er erklärte einen Verlust. Dabei hatte er eine zugeflossene Investitionszulage (IZ) vom Bilanzgewinn abgezogen. Nicht abziehbare Betriebsausgaben hatte er hinzugerechnet. Der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG legte er dagegen einen Gewinn unter Ansatz der IZ zugrunde. Folglich erklärte er für das Streitjahr keine nicht abziehbaren Schuldzinsen.
Das FA ließ die im Bilanzgewinn – nicht aber im steuerlichen Gewinn – enthaltene IZ bei der Berechnung der Über- und Unterentnahmen unberücksichtigt und ermittelte deshalb nicht abziehbare Schuldzinsen. Den verbleibenden Verlustvortrag stellte es entsprechend fest.
X beantragte, den verbleibenden Verlustvortrag höher festzustellen. Er berechnete – weiterhin unter der Annahme, dass die IZ im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG gewinnerhöhend anzusetzen sei – nicht abziehbare Schuldzinsen mit einem geringeren Betrag als das FA.
Das FG gab der Klage statt. Bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen sei die IZ zu berücksichtigen.
Entscheidung: Die IZ ist gewinnerhöhend, die nichtabziehbaren Betriebsausgaben sind nicht gewinnerhöhend zu berücksichtigen
Der BFH sah die Revision des FA als teilweise begründet an. Die gewährte IZ ist beim Gewinn nach § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen (hinzuzurechnen). Demgegenüber dürfen die nicht abziehbaren Betriebsausgaben i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG beim Gewinn nach § 4 Abs. 4a EStG nicht hinzugerechnet werden.
Berücksichtigung der IZ beim Gewinnbegriff des § 4 Abs. 4a EStG
Der Gewinnbegriff in § 4 Abs. 4a EStG entspricht dem allgemeinen Gewinnbegriff in § 4 Abs. 1 EStG. Er beinhaltet die IZ. § 12 InvZulG 2007 (§ 13 InvZulG 2010) erfordert lediglich eine außerbilanzielle Kürzung des Gewinns um die IZ. Da für den Gewinnbegriff des § 4 Abs. 4a EStG aber der bilanzielle Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG maßgeblich ist, wirken sich außerbilanzielle Kürzungen auf § 4 Abs. 4a EStG nicht aus. Diese Vorgehensweise entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4a EStG. Soweit (wie im Streitfall) bereits der Bilanzgewinn um die IZ gekürzt wurde, ist diese für Zwecke der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG dem Gewinn wieder hinzuzurechnen.
Keine Hinzurechnung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben
Überträgt man die für außerbilanzielle Kürzungen (hier IZ) aufgestellten Grundsätze auf die Behandlung von nicht abziehbaren Betriebsausgaben bei der Berechnung nach § 4 Abs. 4a EStG, muss deren außerbilanzielle Korrektur – auch wenn sich die Hinzurechnung von nicht abziehbaren Betriebsausgaben im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG gewinnerhöhend und damit für den Steuerpflichtigen günstig auswirken würde – unterbleiben. Soweit – wie im Streitfall – der Bilanzgewinn bereits um die nicht abziehbaren Betriebsausgaben erhöht worden ist, ist er zur Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG wieder zu mindern. Da andererseits die IZ hier wieder hinzugerechnet wird, liegt im Ergebnis eine zulässige Saldierung vor (BFH, Beschluss v. 19.11.2013, XI B 9/13, BFH/NV 2014, 373).
Die Nicht-Hinzurechnung entspricht dem Gesetzeszweck
Das Unterbleiben der außerbilanziellen Hinzurechnung nicht abziehbarer Betriebsausgaben entspricht nicht nur dem Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 EStG (auch nicht abziehbare Betriebsausgaben sind Betriebsausgaben), sondern auch dem mit § 4 Abs. 4a EStG verfolgten Zweck. Betriebsausgaben führen buchmäßig zu einer negativen Kapitalentwicklung. Würden nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG vor einer Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG hinzugerechnet, würde diese negative Kapitalentwicklung neutralisiert. Die Berechnung nach § 4 Abs. 4a EStG würde einen höheren Gewinn ausweisen als buchmäßig gegeben. Der Steuerpflichtige könnte demzufolge mehr als den nach Buchwerten ermittelten Gewinn entnehmen, ohne die nachteilige Rechtsfolge des § 4 Abs. 4a EStG auszulösen. Dies würde der an der Kapitalentwicklung orientierten Neufassung des § 4 Abs. 4a EStG widersprechen und wäre mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbar.
Hinweis: Die Streitfrage der Hinzurechnung nichtabziehbarer Betriebsausgaben ist damit geklärt
Die Frage, ob der Gewinn im Rahmen von § 4 Abs. 4a EStG mit oder ohne Hinzurechnung von nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG anzusetzen ist, war bisher ungeklärt. Das BMF geht von der Hinzurechnung aus (Schreiben v. 02.11.2018, BStBl I 2018, 1207, Tz 8). Der BFH schließt sich der mit gewichtigen Stimmen im Schrifttum vertretenen Gegenmeinung an und lehnt die Hinzurechnung ab. Gegen eine Hinzurechnung haben sich zuvor schon Richter des BFH ausgesprochen (Schallmoser in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG, Anm. 1062, Wendt, FR 2000, 417, 424).
BFH Urteil vom 03.12.2019 - X R 6/18 (veröffentlicht am 18.06.2020)
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