Einheitsbewertung einer Deckhengsthaltung

Die Haltung von Deckhengsten auf einer ausreichenden Futtergrundlage ist der landwirtschaftlichen Nutzung zuzurechnen. 

Hintergrund

Zu entscheiden war, ob bei der Feststellung des Einheitswerts für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (LuF) für die Erträge aus der Deckhengsthaltung ein Einzelertragswert anzusetzen ist.

Die Landwirtin A betreibt auf eigenen und zugepachteten Flächen mit eigenen Stuten eine Pferdezucht und bildet Jungpferde aus. Für die Zucht hält sie zwei eigene Deckhengste, deren Samen über den eigenbetrieblichen Bedarf hinaus über eine fremde Besamungsstation vermarktet wird. Eine eigene Besamungsstation unterhält A nicht. Zusätzlich werden die Hengste im Pferdesport als Dressurpferde eingesetzt.

Das FA erfasste im Rahmen der Einheitswertfeststellung für den Betrieb der LuF auf den 1.1.2006 die Erträge aus der Deckhengsthaltung in Form eines Einzelertragswerts nach § 37 Abs. 2 BewG. In 2010 beantragte A eine fehlerberichtigende Wertfortschreibung des Einheitswerts. Sie meinte, die Deckhengsthaltung dürfe nicht im Wege eines Einzelertragswerts erfasst werden, da es sich nicht um einen Nebenbetrieb oder eine Sondernutzung handele. Die Deckhengsthaltung sei als Vatertierhaltung ein integrierter Bestandteil der luf Nutzung.

Das FA lehnte den Antrag mit der Begründung ab, wegen des erfolgreichen Einsatzes der Deckhengste zu Zuchtzwecken sei der Fall mit der Führung einer eigenen Besamungsstation vergleichbar. Damit liege eine sonstige luf Nutzung vor. Das FG war dagegen der Ansicht, der Bereich der landwirtschaftlichen Nutzung werde mit der Vermarktung der Samen zu Zuchtzwecken nicht verlassen.
Entscheidung

Die Haltung und Zucht von Pferden zählt zur landwirtschaftlichen Nutzung, wenn die im Betrieb gehaltenen Tiere (gemessen am gesetzlichen Flächenschlüssel) eine ausreichende Futtergrundlage haben. Auf die konkrete Verwendung der Pferde kommt es nicht an. Deshalb gehört auch das Halten eigener Reit-, Renn-, Spring- und  Dressurpferde und die nicht nur kurzfristige Ausbildung eigener Pferde zu solchen Zwecken nach der Verkehrsauffassung zur landwirtschaftlichen Nutzung. Der Zuordnung zur landwirtschaftlichen Nutzung  - und nicht zur sonstigen luf Nutzung - steht auch nicht entgegen, wenn Hengste zum Decken fremder Stuten verwendet werden, jedenfalls sofern dazu nicht eine zu dem luf Betrieb gehörende Besamungsstation verwendet wird.

Der BFH ist mit dem FG der Auffassung, dass die Deckhengsthaltung dem Betrieb einer Besamungsstation nicht gleichgestellt werden kann. Denn für die Einrichtung und den Betrieb einer Besamungsstation gelten hohe Anforderungen, die bei einer bloßen Deckhengsthaltung nicht erfüllt zu werden brauchen. Insbesondere dürfen Samen nur von zugelassenen Besamungsstationen und Samendepots angeboten und abgegeben werden. Ohne eigene Besamungsstation handelt sich um eine (reguläre) Haltung von Zuchtvieh, die der landwirtschaftlichen Nutzung zugeordnet ist und nicht der sonstigen luf Nutzung zugerechnet werden kann. Das schließt es zugleich aus, darin einen Nebenbetrieb zu sehen, für den ein gesonderter Einzelertragswert festzusetzen ist.

Da nach den Feststellungen des FG gemessen an dem Flächenschlüssel der Betrieb auf einer ausreichenden Futtergrundlage betrieben wurde und auch die Verwendung der Hengste im Pferdesport als Dressurpferde einer luf Nutzung nicht entgegen steht, war der Ansatz eines Einzelertragswerts nicht gerechtfertigt. Die Revision des FA wurde daher zurückgewiesen.

Hinweis

Die Entscheidung bestätigt den Grundsatz, dass sich der Begriff der Landwirtschaft nach der Verkehrsauffassung bestimmt und nicht eng auszulegen ist. Das Halten eigener Sportpferde und deren - nicht nur kurzfristige - Ausbildung für den Pferdesport gehört zur landwirtschaftlichen Nutzung, sofern die Tiere gemessen am gesetzlichen Flächenschlüssel eine ausreichende Futtergrundlage haben. Auf die konkrete Verwendung der Pferde oder den Verwendungszweck kommt es nicht an. Die Deckhengsthaltung ohne den Betrieb einer Besamungsstation stellt daher keine sonstige luf Nutzung und keinen Nebenbetrieb dar.

Das FA hatte noch vorgetragen, A betreibe einen weltweiten Handel und habe für den Vertrieb eine Organisations- und Werbestruktur aufgebaut. Diesen Gesichtspunkt konnte der BFH, da das FG dazu nichts festgestellt hatte, nicht berücksichtigen. Es ist daher offen geblieben, ob und ab welcher Grenze bei einer umfangreichen Produktions- und Handelsstruktur der luf Bereich überschritten sein kann.

BFH, Urteil v. 6.5.2015, II R 9/13, veröffentlicht am 15.7.2015



Schlagworte zum Thema:  Land- und Forstwirtschaft, Bewertungsgesetz