Die Entfernungspauschale für Familienheimfahrten ist aufwandsunabhängig

Hintergrund
A war bei der DB Netz AG beschäftigt. Für das Streitjahr 2007 machte er Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung für wöchentliche Familienheimfahrten geltend. Das FA anerkannte einige mit dem PKW durchgeführte Fahrten. Die übrigen Heimfahrten mit der Bahn berücksichtigte das FA nicht, da A dafür keine Aufwendungen entstanden seien. Ebenso entschied das FG.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf. Er vertritt eine großzügigere Auffassung.
Nach dem Wortlaut setzt das Gesetz zwar "Aufwendungen" für Familienheimfahrten voraus (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG). Das Entstehen von Aufwendungen wird jedoch aus Vereinfachungsgründen gesetzlich unterstellt. Entgegen der Auffassung des FG gilt die Entfernungspauschale unabhängig davon, ob überhaupt Kosten für diese Fahrten entstehen. Die Pauschale ist daher auch dann zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer kostenfrei befördert wird, z.B. wenn er als Mitfahrer einer Fahrgemeinschaft keinerlei Kosten trägt. Die Entfernungspauschale vermittelt insoweit eine systemwidrige Begünstigung, die jedoch - in Abweichung vom objektiven Nettoprinzip - durch umwelt- und verkehrspolitische Lenkungszwecke sowie aus Gründen der Steuervereinfachung gerechtfertigt ist.
Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Dieses muss zum einen die Anzahl der Familienheimfahrten feststellen. Zum anderen hat das FG aufzuklären, welche Arbeitgeberleistungen A erhalten hat. Denn steuerfrei geleistete Reisekostenvergütungen, aber auch steuerfreie Sachbezüge (etwa Freifahrten, wenn die Beförderungsleistung zur Lieferungs- und Leistungspalette des Arbeitgebers zählt) sind mindernd auf die Entfernungspauschale anzurechnen.
Hinweis
Die Grundsätze gelten entsprechend für die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (ab 2014: erste Tätigkeitsstätte). Auch diese Pauschale ist verkehrsmittelunabhängig und kann selbst dann in Anspruch genommen werden, wenn dem Steuerzahler keine Kosten entstehen. Die frühere Rechtsprechung, nach der die Kilometer-Pauschbeträge nicht als Werbungskosten abgezogen werden können, wenn keine eigenen Aufwendungen entstehen, ist überholt. Sie betrifft die Rechtslage vor Einführung der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale zum 1.1.2001.
BFH, Urteil v. 18.4.2013, VI R 29/12, veröffentlicht am 3.7.2013
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