Festsetzungsfrist für Hinterziehungszinsen

Es ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt und höchstrichterlich nicht geklärt, wann die Festsetzungsfrist für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf hinterzogene Steuervorauszahlungen beginnt und nach welchen Maßstäben der Zinslauf zu berechnen ist.

Die Kläger erstatteten Ende 2014 Selbstanzeige, mit der sie bisher nicht versteuerte Kapitalerträge aus einer Geldanlage in Liechtenstein für die Jahre 2003 bis 2013 nacherklärten. Das Finanzamt änderte daraufhin die Einkommensteuer-Bescheide für diese Veranlagungszeiträume und setzte im Jahr 2016 Hinterziehungszinsen nach § 235 AO auch auf hinterzogene Einkommensteuer-Vorauszahlungen einschließlich Solidaritätszuschlag für die Jahre ab 2004 fest. Die hinterzogenen Vorauszahlungen ermittelte es in der Weise, dass es die ursprünglich den Vorauszahlungen zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen um jene ergänzte, die zum Festsetzungszeitpunkt dem Finanzamt hätten offenbart werden müssen.

Der Einspruch gegen die Festsetzung der Hinterziehungszinsen auf die Vorauszahlungen, mit dem die Kläger insbesondere Festsetzungsverjährung geltend machten, hatte keinen Erfolg.

Festsetzung erfolgte zutreffend 

Das Finanzgericht hat die Klage überwiegend als unbegründet abgewiesen und dabei insbesondere folgende Rechtsausführungen gemacht:

  • Die Festsetzungsfrist für Hinterziehungszinsen auf hinterzogene Einkommensteuer-Vorauszahlungen beginnt bei system- und verfassungskonformer Auslegung der maßgebenden Vorschriften mit Ablauf des Tages, an dem gemäß §§ 170 Abs. 1, 169 Abs. 2 Satz 2 AO unter Außerachtlassung von § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG letztmals geänderte Vorauszahlungsbescheide hätten erlassen werden können.
  • Für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf hinterzogene Vorauszahlungen ist nicht erforderlich, dass die hinterzogene Steuer zuvor (zutreffend) festgesetzt wurde. Die hinterzogene Steuer berechnet sich aus der Differenz zwischen den tatsächlich festgesetzten Vorauszahlungen und den Vorauszahlungen, die nach § 37 Abs. 3 EStG bei stets pflichtgemäßen und wahrheitsgemäßen Angaben festgesetzt worden wären.
  • Der Zinslauf der Hinterziehungszinsen auf Einkommensteuer-Vorauszahlungen beginnt zum Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 37 Abs. 1 Satz 1 EStG bzw. in Fällen, in denen eine nachträgliche Festsetzung/Anpassung von Vorauszahlungen nach § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG erfolgte, zum Zeitpunkt der Festsetzung. Der Zinslauf ist im Wege der teleologischen Reduktion auf den Zeitraum bis zum Beginn der Vollverzinsung der Jahressteuer nach § 233a AO zu begrenzen.

Revision beim BFH 

Die Maßstäbe zur Bestimmung der Festsetzungsfrist für Hinterziehungszinsen auf Einkommensteuer-Vorauszahlungen sowie zur Ermittlung des Zinslaufs sind bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt. Die Entscheidung des Finanzgerichts weicht insoweit teilweise ab vom FG Münster (Urteil v. 20.4.2016, 7 K 2354/13 E, EFG 2016 S. 965). Die Kläger haben zwischenzeitlich die vom Finanzgericht zugelassene Revision zum BFH eingelegt (Az. des BFH VIII R 18/18). Es muss nunmehr abgewartet werden, wie der Bundesfinanzhof die Sache sieht.

FG Baden-Württemberg, Urteil v. 9.2.2018, 13 K 3586/16, Haufe Index 11844741


Schlagworte zum Thema:  Festsetzungsfrist, Steuerhinterziehung, Zinsen