FG Kommentierung: Erlass von Schenkungsteuer

Ein Erlass von Schenkungsteuer kommt nicht aus sachlichen Billigkeitsgründen in Betracht, wenn Schenkungsteuer aus den Vorerwerben abgezogen werden soll.

Der Sachverhalt hat eine lange Vorgeschichte. Der Vater des Klägers ist Gesellschafter einer KG und schenkte dem Kläger seit 1988 immer wieder Anteile an der Gesellschaft. Die Schenkungsteuer auf die Erwerbe wurden vom Finanzamt – teilweise nach längeren Rechtsstreitigkeiten – festgesetzt. Die letzte Schenkung erfolgte in 2008. Das Finanzamt setzte die Schenkungsteuer hierauf unter Berücksichtigung der Vorschenkungen und unter Berücksichtigung der Steuer auf die Vorerwerbe fest. Ein Einspruch gegen den Bescheid hatte keinen Erfolg. Der Kläger beantragte sodann die abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO aus Billigkeitsgründen, insbesondere deswegen, weil er – verkürzt - bei der Berechnung der Vorerwerb Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht zutreffend umgesetzt sah. Dieser Antrag wurde abgelehnt, sodass sich ein ebenfalls erfolgloses Einspruchsverfahren anschloss. Mit der Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Insbesondere vertrat er die Auffassung die Steueranrechnung aufgrund der Vorerwerb sei unbillig niedrig.

Wann kommt ein Erlass der Steuer infrage? 

Die Klage vor dem zuständigen Finanzgericht Münster hatte keinen Erfolg. Gemäß § 163 AO seien die Finanzbehörden befugt, Steuern niedriger festzusetzen, wenn deren Erhebung nach Lage des Einzelfalles unbillig wäre. Diese Unbilligkeit könne sich aus sachlichen oder persönlichen Billigkeitserwägungen ergeben, wobei im Urteilsfall allein sachliche Erwägungen zu prüfen seien. Ein Erlass aus sachlichen Erwägungen komme dabei dann in Betracht, wenn die Steuer zwar dem Gesetz entspreche, aber im Einzelfall den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderlaufe. Dies sei dann der Fall, wenn angenommen werde könne, dass der Gesetzgeber, hätte er die Frage zu entscheiden, sie gemäß der abweichenden Steuerfestsetzung oder dem Erlass entschieden hätte. Dies ist hier indes nicht der Fall. Der Gesetzgeber habe die Steueranrechnung auf Vorerwerbe bewusst so gefasst, wie dies in § 14 ErbStG der Fall sei. Eine Korrektur dieser Rechtslage im Billigkeitswege, selbst wenn sie im Einzelfall für den Steuerpflichtigen nachteilig sei, komme nicht in Betracht.

Schenkungsteuerliche Fragen des Urteils 

Die Entscheidung des Finanzgerichts Münster hat eine schenkungsteuerliche und eine verfahrensrechtliche Seite. In schenkungsteuerliche Hinsicht geht es um die Frage der Berücksichtigung von Vorschenkungen und der auf diese angefallene Schenkungsteuer. Die entsprechende Regelung hierzu findet sich in § 14 ErbStG. Diese in den Einzelheiten durchaus komplexe Bestimmung sieht zusammengefasst vor, dass Erwerbe innerhalb der letzten zehn Jahre zusammengerechnet werden und die Steuer für die vorherigen Erwerbe abzuziehen ist. Hierdurch soll insbesondere gewährleistet werden, dass Freibeträge innerhalb von zehn Jahren nur einmal angewendet werden. Für die abzuziehende Steuer gilt dabei nach der Rechtsprechung, dass es sich hierbei um die Steuer handelt, die bei zutreffender Beurteilung der Sach- und Rechtslage für die Erwerbe festzusetzen gewesen wäre, und nicht die tatsächlich festgesetzte Steuer (BFH v. 9.7.2009, II R 55/08, BStBl 2009 II S. 969). Dieser Rechtsprechung ist das Finanzgericht Münster gefolgt und kam zu der Auffassung, dass die Höhe der abgezogenen Steuer zutreffend ermittelt wurde. Dabei bleibt aber festzuhalten, dass die Anwendung des § 14 ErbStG vor allem dann Probleme bereitet, wenn es im Laufe der zehn Jahre Gesetzesänderungen gegeben hat (vgl. Meincke, ErbStG, 2012,  § 14 ErbStG Rz. 13ff.; Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 14 ErbStG Rz. 15ff) 

Verfahrensrechtliche Fragen des Urteils 

Darüber hinaus spielen aber auch verfahrensrechtliche Fragen eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung. Der Kläger wollte nämlich eine Korrektur der Entscheidung des Finanzamts im Billigkeitswege erlangen. Dies ist nach § 163 AO bzw. § 227 AO zwar grundsätzlich möglich. Wie das Finanzgericht darlegt, können hierbei persönliche oder sachliche Billigkeitserwägungen von Bedeutung sein (vgl. im Einzelnen Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 163 AO Rz. 31ff.). Persönliche Billigkeitsgründe, die im Einzelfall durchaus durchgreifen können, waren hier nicht ersichtlich. Sachliche Billigkeitsgründe lassen sich demgegenüber regelmäßig nur schwer begründen (Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 163 AO Rz. 36ff.). Dies erfordert, dass die Anwendung des Gesetzes im Einzelfall als unbillig empfunden wird. Da hier nach Ansicht des Finanzgerichts die Anwendung des § 14 ErbStG zutreffend erfolgt war, hatte der Antrag auf eine abweichende Festsetzung der Steuer von vornherein kaum Aussicht auf Erfolg (vgl. auch AEAO zu § 163 AO). Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass nach der aktuellen Fassung des § 163 AO auch eine für den Steuerpflichtigen positive Entscheidung über eine abweichende Steuerfestsetzung regelmäßig unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, so dass stets eine Änderung erfolgen kann (siehe § 163 Abs. 3 und 4 AO).

Zur Fortbildung des Rechts hat das Finanzgericht die Revision zum BFH nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

FG Münster, Urteil v. 12.10.2017, 3 K 1625/15 Erb, Haufe Index 11395002


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