Grunderwerbsteuer bei Schenkungsauflage
Hintergrund: Schenkung von Anteilen an grundstücksbesitzender KG
An der F-KG (früher A-KG) waren die Eheleute B und C als alleinige Kommanditisten beteiligt. Im Eigentum der KG standen Grundstücke.
In 2008 schenkten B und C ihre Anteile an der F-KG (und an der Komplementär-GmbH) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihren Söhnen D und E. D und E verpflichteten sich wechselseitig und gegenüber ihren Eltern, sich zeitnah nach der Schenkung in der Weise auseinanderzusetzen, dass 5 Grundstücke der F-KG in eine KG (D-KG) eingebracht werden, deren alleiniger Kommanditist D sein sollte, und die übrigen Grundstücke in eine andere KG (E-KG, Klägerin), deren alleiniger Kommanditist E sein sollte.
In 2012 setzten sich D und E entsprechend auseinander. Sie brachten jeweils ihren Anteil an der F-KG in die 2011 neu gegründeten KGs (D-KG und E-KG) ein. An der F-KG waren danach die D-KG mit 56,6% und die E-KG mit 43,4% beteiligt. Anschließend beendeten die D-KG und die E-KG die F-KG im Wege der Realteilung. Die im Gesellschaftsvermögen der F-KG befindlichen Grundstücke wurden entsprechend den Beteiligungsverhältnissen auf die D-KG und die E-KG übertragen.
Das FA ging davon aus, die Übertragung der Anteile an der F-KG auf D und E in 2008 sei als Schenkung steuerfrei (§ 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG). Die Übertragung der Anteile an der F-KG in 2012 auf die neu gegründeten KGs sei nach § 6 Abs. 3 GrEStG steuerfrei. Jedoch sei die anschließende Übertragung der Grundstücke auf die KGs nur in Höhe ihrer Beteiligung an der F-KG steuerbefreit nach § 6 Abs. 3 GrEStG (d.h. für die E-KG in Höhe von 43,4%). Dementsprechend setzte das FA gegen die E-KG die GrESt mit 56,4% fest.
Das FG gab der Klage statt. Die Zusammenschau (interpolierende Betrachtung) ergebe, dass es sich letztendlich um eine steuerfreie Schenkung handele.
Entscheidung: Steuerpflichtige anteilige Grundstücksübertragung
Der BFH widerspricht dem FG. Die Übertragung der Grundstücke im Wege der Auseinandersetzung von der F-KG auf die E-KG in 2012 ist steuerbar (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Steuerfrei ist sie nur hinsichtlich des Anteils von 43,4% nach § 6 Abs. 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 GrEStG. Für den verbleibenden noch streitigen Anteils von 56,6% ist der Vorgang steuerpflichtig. Ein Befreiungstatbestand greift nicht ein.
Keine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG
Die Befreiung setzt voraus, dass sich der Grundstückserwerb zwischen Schenker und Bedachtem vollzieht (BFH v. 7.11.2018, II R 38/15, BStBl II 2019, 325, Rz 17). Das ist bei der Vollziehung einer Schenkungsauflage grunderwerbsteuerrechtlich nicht der Fall. Denn der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerb vollzieht sich zwischen dem Erstbeschenkten und dem Zweitbeschenkten (dem durch die Auflage Begünstigten). Die Schenkung vollzieht sich dagegen zwischen dem ursprünglichen Schenker und dem Zweitbeschenkten. Der Erstbeschenkte und der ursprüngliche Schenker sind nicht identisch.
Keine Begünstigung aufgrund Verwandtschaft
§ 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG setzt ein Verwandtschaftsverhältnis in gerader Linie voraus. Daran fehlt es hier. Denn Geschwister (hier die Söhne D und E) sind nicht in gerader Linie, sondern in der Seitenlinie verwandt (§ 1598 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Grundsatz des abgekürzten Leistungswegs
Die Zusammenschau (Interpolation) kommt in Betracht, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb als abgekürzter Leistungsweg darstellt und die unterbliebenen Zwischenerwerbe, wenn sie durchgeführt worden wären, ebenfalls steuerfrei wären. Die tatsächliche Ausführung der Leistung kürzt dann lediglich den mehraktigen Leistungsweg ab, der den schuldrechtlichen Grundverhältnissen entspräche. Die Schenkung unter Auflage zugunsten eines Dritten enthält hinsichtlich der Auflage einen abgekürzten Leistungsweg. Ist diese ein grunderwerbsteuerbares Rechtsgeschäft, kann eine solche Schenkung die Zusammenschau von grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschriften eröffnen.
Kein abgekürzter Leistungsweg im Streitfall
Ein abgekürzter Leistungsweg, der die Zusammenschau ermöglichen würde, liegt jedoch nicht vor, wenn der Gegenstand einer Schenkungsauflage bereits ganz oder teilweise Gegenstand der Zuwendung des ursprünglichen Schenkers an den Erstbeschenkten war. In diesem Fall hätte der Schenker den Gegenstand der Auflage auch unmittelbar dem Zweitbeschenkten zuwenden können. Es stellt keine Abkürzung, sondern eine Verlängerung des Leistungswegs dar, wenn der Schenker dasjenige, was er im Ergebnis dem Zweitbeschenkten zuwenden will, dem Erstbeschenkten mit der Auflage zuwendet, es an den Zweitbeschenkten weiterzureichen, statt eine unmittelbare Zuwendung an den Zweitbeschenkten zu bewirken. Für die Leistungsbeziehungen stellt sich eine solche Gestaltung gerade gegenteilig zu der Rechtsfigur des abgekürzten Leistungswegs dar.
Hinweis: Keine Ausdehnung des Gesichtspunkts der Zusammenschau
Der BFH ergänzt, dass die Zusammenschau nicht an einen fiktiven, sondern nur an einen real verwirklichten Sachverhalt anknüpfen kann. Sie darf nicht zu einer Erweiterung einer Befreiungsvorschrift über ihren Zweck hinaus führen. Ein abgekürzter Leistungsweg lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Erstbeschenkte den Gegenstand der Auflage zunächst dem Schenker zurückschenkt, damit dieser ihn anschließend dem Zweitbeschenkten zuwenden kann. Darin läge keine Zusammenschau, sondern eine künstliche Aufspaltung des Vorgangs, indem die Ausführung der Auflage durch einen nicht gewollten Leistungsweg ersetzt würde. Dem entsprechend hat der BFH in einer ähnlichen Konstellation die Frage einer Steuerbefreiung kraft Zusammenschau nicht in Erwägung gezogen (BFH v. 22.2.2017, II R 52/14, BStBl II 2017, 653).
BFH Urteil vom 25.08.2020 - II R 30/18 (veröffentlicht am 14.01.2021)
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