Keine regelmäßige Arbeitsstätte bei wiederholter befristeter Tätigkeit im auswärtigen Betriebsteil

Hintergrund
Fahrtkosten eines Arbeitsnehmers im Rahmen einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit sind grundsätzlich in Höhe des tatsächlich entstandenen Aufwands (bzw. mit den pauschalen Kilometersätzen) als Werbungskosten zu berücksichtigen. Wird die auswärtige Arbeitsstelle hingegen zur regelmäßigen Arbeitsstätte, kann der Arbeitnehmer die Fahrtkosten lediglich in Höhe der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr 4 EStG geltend machen.
K war seit langem als leitender Ingenieur bei der X-AG tätig. Seine Einstellung im Jahre 1984 erfolgte bei der Zweigstelle der AG in A. Im Streitjahr 2007 war K bereits seit mehreren Jahren jeweils für ein Jahr befristet bei einem Betriebsteil der AG in B tätig. In B hatte K auch einen Zweitwohnsitz begründet. K machte bei seiner Einkommensteuerveranlagung Kosten für Fahrten zwischen seinem Wohnort in C und der Zweitwohnung am Arbeitsort in B sowie Fahrten zwischen der Zweitwohnung und der Arbeitsstätte in B nach Dienstreisegrundsätzen geltend. Das Finanzamt ging hingegen davon aus, dass K in B eine regelmäßige Arbeitsstätte habe und dort eine doppelte Haushaltsführung unterhalte. Für die Fahrten zwischen Zweitwohnung und Arbeitsstätte stehe K deshalb lediglich die Entfernungspauschale zu. Familienheimfahrten seien nicht zu berücksichtigen, da K hierfür eine steuerfreie Erstattung von 0,30 EUR je Entfernungskilometer erhalten habe. Das FG folgte der Auffassung des Finanzamts.
Entscheidung
Der BFH gab dem K Recht. Er ging davon aus, dass K in B auswärts tätig gewesen ist. Das Finanzamt hat deshalb die streitigen Fahrtkosten zu Unrecht lediglich im Rahmen der Entfernungspauschalen berücksichtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird eine auswärtige betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers nur dann zur regelmäßigen Arbeitsstätte, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer dieser Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet hat (vgl. z. B. BFH, Urteil v. 19.1.2012, VI R 36/11, BStBl II 2012 S. 503). Da der Einsatz des K im Betriebsteil seines Arbeitgebers in B aber wiederholt auf ein Jahr befristet worden war, war seine Tätigkeit in B stets nur vorübergehend. K war damit in B auswärts tätig.
Dem damit gerechtfertigten Abzug der tatsächlichen Fahrtaufwendungen steht auch nicht entgegen, dass K in B einen Zweitwohnsitz begründet hatte. Denn durch den Bezug einer Unterkunft an einem Beschäftigungsort, der - wie hier - nicht den Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte erfüllt, wird eine doppelte Haushaltsführung nicht begründet (vgl. BFH, Urteil v. 11.5.2005, VI R 7/02, BStBl II 2005 S. 782). Für die Fahrten vom Beschäftigungsort in B zum Familienwohnsitz in C steht dem K deshalb auch ein Abzug der Fahrtkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu.
Hinweis
Nach der bis zum Ablauf des Jahres 2013 geltenden Rechtslage ist eine zeitliche Obergrenze für die Annahme einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit nicht vorgesehen. Das hat sich mit dem Erlass des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.3013 (BGBl I 2013 S. 285), das mit Wirkung ab 1.1.2014 anzuwenden ist, allerdings geändert. Die Neuregelungen in § 9 EStG sprechen statt von regelmäßiger Arbeitsstätte von erster Tätigkeitsstätte und gehen davon aus, dass eine Zuordnung zu dieser grundsätzlich durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen bestimmt wird. Fehlt eine solche Festlegung oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer typischerweise tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 Satz 4 EStG neu). Eine Obergrenze für die Annahme einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit sieht das Gesetz in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG (neu) insofern vor, als von einer dauerhaften Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte u.a. dann auszugehen ist, wenn der Arbeitnehmer über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an dieser tätig werden soll. Möglicherweise wäre der Streitfall des K nach neuem Recht darum anders entschieden worden.
Urteil v. 24.9.2013, VI R 51/12, veröffentlicht am 18.12.2013
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