Miete und Verpflegung als ausbildungsbedingter Mehraufwand
Hintergrund:
Der im Jahr 1984 geborene Sohn der Klägerin begann im Jahr 2007 ein Promotionsstudium in Großbritannien und erhielt von der Universität ein Stipendium. Die Familienkasse (FK) lehnte den Kindergeldantrag der Klägerin ab, da sich nach ihrer Berechnung eine Überschreitung des Grenzbetrages nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ergab. Nach Zurückweisung ihres Einspruchs hat die Klägerin Klage erhoben, und beantragt, dass die Aufwendungen des Sohnes für die Wohnung am Studienort Einkünfte und Bezüge mindernd berücksichtigt werden, weil es sich um ausschließlich beruflich bedingte Werbungskosten für einen Zweitwohnsitz handele.
Entscheidung:
Nach Auffassung des FG handelt es sich bei den Kosten der Unterbringung nicht um ausbildungsbedingten Mehrbedarf i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 5 EStG. Ein solcher liegt nur vor, wenn es sich um nachgewiesene Aufwendungen, die wegen der Ausbildung zu den Lebenshaltungskosten hinzukommen, handelt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich das FG angeschlossen hat, sind jedoch Kosten für Unterkunft und Verpflegung keine Aufwendungen für solche besonderen Ausbildungszwecke. Vielmehr wird die Tatsache, dass eine beträchtliche Anzahl der in Ausbildung befindlichen Kinder auswärts untergebracht ist, in der Ausgestaltung des Jahresgrenzbetrages hinreichend berücksichtigt.
(FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 31.5.2011, 4 K 331/09)
Praxishinweis:
Obwohl das FG die Revision nicht zugelassen hatte, muss der BFH in dem Verfahren III R 13/12 entscheiden, da die Klägerin erfolgreich NZB eingelegt hat.
Der BFH hatte bereits mit Urteil v. 9.6.2011, III R 28/09 entschieden, dass Mehraufwendungen wegen einer auswärtigen Unterbringung nicht ausbildungsbedingt sind, da diese Aufwendungen zu dem mit dem Jahresgrenzbetrag abgegoltenen Lebensbedarf gehören. Diese Auffassung ist nach Ansicht des Verfassers kritisch zu beurteilen, zumal der VI. Senat des BFH mit Urteil v. 17.12.2009, VI R 63/08 entschieden hat, dass Unterhaltsleistungen, die einem Kind eine berufliche Ausbildung mit einer auswärtigen Unterbringung ermöglichen sollen, nicht zum Existenzminimum gehören. Auch die Tatsache, dass bei einem auswärts studierenden Kind bei täglichen Fahrten (z.B. 60 km Entfernung zum Studienort) die Fahrtkosten bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge abgezogen werden können und bei Anmietung einer Studentenbude die Mietkosten nicht abzugsfähig sein sollen, obwohl dadurch die täglichen Fahrten entfallen, zeigt, dass das Urteil vom BFH kritisch beurteilt werden muss. Der BFH hat jedoch Gelegenheit in den Verfahren VI R 99/10 und III R 13/12 seine Auffassung nochmals zu überprüfen.
Wegen des Wegfalls der Einkünfte- und Bezügegrenze ab 1.1.2012 hat die Rechtsfrage nur noch für Altfälle Bedeutung. Jedenfalls sollten die wegen Berücksichtigung der Miete am Ausbildungsort anhängigen Einsprüche vorerst nicht zurückgenommen, bzw. für frühere Jahre noch Kindergeld beantragt werden, wenn nach Berücksichtigung der Miete am Ausbildungsort der Grenzbetrag unterschritten wird.
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