Mittelbare Schenkung

Die Zuwendung von Geld zum Erwerb eines Betriebs ist nicht begünstigt. Die Vorerwerbe sind dem letzten Erwerb mit den materiell-rechtlich zutreffenden Werten hinzuzurechnen, und zwar auch dann, wenn für den Vorerwerb ein unzutreffender Wert oder zu Unrecht eine Steuerbefreiung berücksichtigt wurde.

Hintergrund: Mittelbare Schenkung von Betriebsvermögen

X ersteigerte in 2006 von einem Dritten ein Grundstück, auf dem ein Reiterhof betrieben wurde. Für diesen Zweck hatte er von seiner Mutter (M) 205.000 EUR erhalten. In 2011 setzte das FA für diese Geldzuwendung (Vorerwerb) SchenkSt von 0 EUR fest. Es ging davon aus, die Schenkung sei im Zusammenhang mit dem Reiterhof als mittelbare Betriebsschenkung nach § 13a ErbStG begünstigt. In 2010 übertrug M dem X zudem ein Grundstück (Letzterwerb). Für diese Schenkung setzte das FA SchenkSt von 994 EUR fest. Dabei berücksichtigte es den Vorerwerb (Geldschenkung) mit einem Erinnerungswert von 1 EUR.

Hinzurechnung des Vorerwerbs

In 2014 erließ das FA einen Änderungsbescheid, mit dem es die SchenkSt für den Letzterwerb auf 25.212 EUR erhöhte, indem es – neben einer Korrektur des Grundbesitzwerts - die Geldzuwendung als Vorerwerb mit 205.000 EUR berücksichtigte, d.h. die Begünstigung nach § 13a ErbStG versagte. X wandte ein, der 2011 ergangene Bescheid über die Geldzuwendung (Besteuerung mit 0 EUR) sei in Bestandskraft erwachsen und habe nicht mehr geändert werden können. Außerdem stehe ihm die Vergünstigung nach § 13a ErbStG zu, da es sich um eine mittelbare Schenkung von Betriebsvermögen handele. Die Klage wurde vom FG abgewiesen.

Entscheidung: Hinzurechnung des Vorerwerbs zum Letzterwerb mit dem materiell-rechtlich zutreffenden Wert

Der Vorerwerb (Geldzuwendung in 2006) war bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für die Schenkung in 2010 (Grundstück) hinzuzurechnen. Nach § 14 Abs. 1 ErbStG werden mehrere innerhalb von 10 Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden und von der Steuer für den Gesamtbetrag die Steuer abgezogen wird, die für die früheren Erwerbe zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre. Die Vorschrift ändert aber nichts daran, dass die einzelnen Erwerbe als selbständige steuerpflichtige Vorgänge jeweils für sich der Steuer unterliegen. Aufgrund der Selbständigkeit der Besteuerung der einzelnen Erwerbe sind die in die Zusammenrechnung einzubeziehenden Vorerwerbe dem letzten Erwerb mit den materiell-rechtlich zutreffenden Werten hinzuzurechnen (BFH Urteil vom 12.07.2017 - II R 45/15, BStBl 2017 II S. 1120).

Die unzutreffende Besteuerung des Vorerwerbs ist für die Hinzurechnung beim Letzterwerb unerheblich

Diese Hinzurechnung mit dem materiell-rechtlich zutreffenden Wert gilt auch dann, wenn bei der vorangegangenen Steuerfestsetzung für den Vorerwerb ein materiell-rechtlich unzutreffender Wert berücksichtigt wurde (BFH v. 22.8.2018, II R 51/15, BFH/NV 2019, 239). Beruht der unzutreffende Wert darauf, dass eine sachliche Steuerbefreiung gewährt wurde, die materiell-rechtlich nicht hätte gewährt werden dürfen, kann und muss dies ebenfalls im Rahmen der Berücksichtigung des Vorerwerbs korrigiert werden. Hiervon ausgehend musste das FA den Vorerwerb aus 2006 (Geldzuwendung) in der materiell-rechtlich zutreffenden Höhe bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für die Grundstücksschenkung in 2010 hinzurechnen. Dem steht der Bescheid aus 2011 über die Festsetzung der SchenkSt auf 0 EUR für den Vorerwerb nicht entgegen. Dieser Bescheid für den Vorerwerb hat keine Bindungswirkung für die Besteuerung des Letzterwerbs.

Die mittelbare Schenkung von Betriebsvermögen durch die zweckgebundene Zuwendung von Geld ist nicht begünstigt

Das FA hat den Vorerwerb (Geldschenkung) zutreffend als nicht steuerbegünstigt beurteilt. Die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG stehen nur zu, wenn das erworbene Vermögen sowohl auf Seiten des Erblassers oder Schenkers als auch auf Seiten des Erwerbers inländisches Betriebsvermögen bzw. land- und forstwirtschaftliches Vermögen ist. Das ergibt sich für die Erwerberseite bereits aus dem Begünstigungszweck der Norm in Verbindung mit den Nachversteuerungstatbeständen und für die Seite des Erblassers oder Schenkers aus dem Gleichheitssatz. Damit ist die mittelbare Schenkung durch die Zuwendung von Geld nicht begünstigt.

Das BVerfG hat die Milderung des Steuerzugriffs bei Betriebsvermögen ausdrücklich auf solche Erwerber beschränkt, die den Betrieb "weiterführen", "aufrechterhalten" und "fortführen". Das verdeutlicht, dass das BVerfG den Betrieb des Erblassers oder Schenkers im Blick hatte (BFH Urteil vom 14.02.2007 - II R 69/05, BStBl 2007 II S. 443). Die Vergünstigung dient dazu, bestehende Betriebe aufgrund ihrer verminderten Leistungsfähigkeit durch gebundenes Vermögen zu begünstigen. Die Vorschrift dient dagegen nicht allgemein dazu, die Gründung oder den Erwerb eines Betriebs durch den Erwerber mit finanziellen Mitteln des Zuwendenden zu begünstigen. Dementsprechend hat das FG zu Recht entschieden, dass im Streitfall der Vorerwerb ohne Abzug des Freibetrags für den Erwerb von Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG zu berücksichtigen ist.

Hinweis: Die Entscheidung betrifft auch die aktuelle Rechtlage

Der BFH beruft sich auf den Zweck des § 13a ErbStG. Die Begünstigung des Erwerbs bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer dient dazu, einen bestehenden Betrieb des Erblassers oder Schenkers und dessen Arbeitsplätze zu erhalten. Die Vorschrift dient dagegen nicht allgemein dazu, die Gründung oder den Erwerb eines Betriebs durch den Erwerber mit finanziellen Mitteln des Zuwendenden zu begünstigen. Letzteres wäre mit der Begründung des verminderten Steuerzugriffs bei Betriebsvermögen aufgrund der "Weiterführung", der "Aufrechterhaltung" und "Fortführung" des Betriebs des Erblassers oder Schenkers (vgl. BFH Urteil vom 14.02.2007 - II R 69/05, BStBl 2007 II S. 443) nicht vereinbar. Die Entscheidung betrifft die Rechtlage in 2006, d.h. im Jahr der mittelbaren Schenkung. Die Grundsätze gelten auch unter dem reformierten ErbStG. Nach Abschn. 13b.2 Abs. 2 ErbStR ist die mittelbare Schenkung nicht begünstigt, wenn die Beteiligung am Vermögen eines Dritten erfolgen soll, weil insoweit kein begünstigtes Vermögen vom Schenker auf den Erwerber übergeht (Fassung v. 22.6.2017, BStBl 2017 I S. 902; übereinstimmend mit R 56 Abs. 2 ErbStR 2003).

BFH Urteil vom 08.05.2019 - II R 18/16 (veröffentlicht am 25.07.2019)

Alle am 25.07.2019 veröffentlichten Entscheidungen


Schlagworte zum Thema:  Schenkung, Betriebsvermögen, Steuerbefreiung