Negativer Geschäftswert bei Einbringung

Hintergrund
Zu entscheiden war, ob bei einer Einbringung eines Teilbetriebs in eine Kapitalgesellschaft der höhere Wert des eingebrachten Betriebsvermögens unter Berücksichtigung eines negativen Geschäftswerts zu ermitteln ist. Die Entscheidung ist zu § 20 UmwStG 1995 ergangen, hat aber auch Bedeutung für die Auslegung des § 20 UmwStG 2006.
In 1998 erwarb eine Gesellschaft des A-Konzerns sämtliche Anteile an der B-KG sowie an deren Komplementär-GmbH. Die B-KG unterhielt die Teilbetriebe X und Y. Der A-Konzern plante, lediglich den Gewinne erwirtschaftenden Teilbetrieb X, nicht jedoch den Verluste generierenden Teilbetrieb Y selbst weiter zu betreiben. Nachdem kein externer Käufer für den Teilbetrieb Y gefunden wurde, erklärten sich 5 leitende Mitarbeiter dieses Teilbetriebs bereit, diesen im Wege eines sog. Management-Buy-Out zu erwerben und fortzuführen.
Zu diesem Zweck erwarb die B-KG am 29.9.2000 zunächst den einzigen Geschäftsanteil an einer als Vorratsgesellschaft gegründeten V-GmbH, erhöhte deren Stammkapital und brachte die Aktiva und Passiva des Teilbetriebs Y im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme als Sacheinlage in die V ein. Als Ausgliederungsstichtag wurde der 30.9.2000 festgelegt. Sodann veräußerte die B-KG am gleichen Tag zum 30.9.2000 den Geschäftsanteil an der V (nach Teilung) an die 5 Mitarbeiter. V erwirtschaftete danach noch bis 2003 Verluste und ab 2004 Gewinne.
V setzte in ihrer Einbringungsbilanz zum 1.10.2000 die übergegangenen Wirtschaftsgüter des Aktivvermögens nicht mit den Buchwerten, sondern mit höheren Zwischenwerten an und berücksichtigte entsprechend höhere Beiträge bei den AfA. Das FA erkannte die die Buchwerte übersteigenden Wertansätze nicht an. Zwar mögen einzelne Wirtschaftsgüter die Buchwerte übersteigende Verkehrswerte aufgewiesen haben. Jedoch sei aufgrund der langjährigen Verlustsituation des übernommenen Teilbetriebs Y ein übernommener negativer Geschäftswert zu berücksichtigen. Dem negativen Geschäftswert sei nicht durch den Ansatz eines gesonderten Bilanzpostens, sondern - wie bei einem entgeltlichen Erwerb - durch Abstockung der Bilanzansätze Rechnung zu tragen. Dementsprechend kürzte das FA die von V angesetzten AfA-Beträge.
V machte dagegen geltend, das Aufstockungswahlrecht beziehe sich auf jedes einzelne Wirtschaftsgut und nicht auf den Unternehmenswert. Positive oder negative Ertragsaussichten des Unternehmens müssten bei der Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter außer Betracht bleiben. Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 sei auf die Sachgesamtheit, das "eingebrachte Betriebsvermögen" insgesamt abzustellen.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision zurück. Er ist ebenfalls der Auffassung, dass eine Aufstockung der Wertansätze des eingebrachten Betriebsvermögens in der Einbringungsbilanz der V aufgrund des negativen Geschäftswerts des eingebrachten Teilbetriebs Y nicht möglich war. Aufgrund der schlechten Ertragsaussichten war der Gesamtwert des Teilbetriebs Y als wirtschaftlicher Einheit geringer als die Summe der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter.
Zum Teil wird für diesen Fall vertreten, der höchst zulässige Wertansatz berechne sich anhand der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter ohne Berücksichtigung eines negativen Geschäftswerts des Gesamt-(Teil)Betriebs. Dem widerspricht der BFH. Er verweist auf das beim entgeltlichen Erwerb eines Betriebs (Teilbetriebs) geltende Anschaffungsprinzip. Danach sind Anschaffungsvorgänge ergebnisneutral zu erfassen. Ein negativer Geschäftswert wird durch Abstockung der Teilwertansätze des aktiven Betriebsvermögens berücksichtigt. Die Wertaufstockungen dürfen nicht zu einem den Teilwert des eingebrachten Betriebsvermögens als Sachgesamtheit übersteigenden Wertansatz führen. Entscheidend ist daher der Gesamtwert des Teilbetriebs Y. Es liegt ein tauschähnlicher Vorgang vor. An dem Charakter eines Veräußerungs- bzw. Anschaffungsvorgangs ändern die Sonderregelungen in §§ 20 ff UmwStG 1995 nichts. Entsprechend dem Veräußerungs- bzw. Anschaffungscharakter sind die aufzudeckenden stillen Reserven unter Beachtung eines negativen Geschäftswerts grundsätzlich gleichmäßig auf alle Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebsvermögens zu verteilen. Der von V für zulässig gehaltene Wertansatz oberhalb des Teilwerts der Sachgesamtheit widerspräche dem Zweck der Einbringungsregeln.
Hinweis
Fraglich ist, ob die vom BFH aufgestellten Grundsätze, dass nicht das einzelnen Wirtschaftsgut, sondern die Sachgesamtheit Betrieb (bzw. Teilbetrieb) entscheidend ist, auch für die Neuregelung in § 20 Abs. 2 UmwStG 2006 herangezogen werden können. Dem ist zuzustimmen. Obwohl § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 die "einzelnen Wirtschaftsgüter" anführt, stellt der BFH auf die Wertermittlung für Sachgesamtheit Betrieb bzw. Teilbetrieb ab. Das dürfte umso mehr für die Neuregelung gelten, als in § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006 bestimmt ist, dass das übernommene Betriebsvermögen "einheitlich" mit dem Buchwert oder einem höheren Wert angesetzt werden kann. Im Übrigen hat der BFH ausdrücklich offen gelassen, ob ein negativer Geschäftswert dazu führen kann, dass die Buchwerte abzustocken sind.
BFH, Urteil v. 28.4.2016, I R 33/14, veröffentlicht am 3.8.2016
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