Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung
Sachverhalt:
Dem klagenden Textilgroßhändler versagte das Finanzamt bei einer Außenprüfung in 2013 für 2008 bis 2011 den Vorsteuerabzug aus erteilten Gutschriften der Klägerin an ihre Handelsvertreter. Des Weiteren erfolgte wg. der Rückforderung der Vorsteuer eine Verzinsung nach § 233a AO. Die Provisionsabrechnung wie auch deren Anlagen enthielten weder die Steuernummer noch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Handelsvertreters (Gutschriftempfänger). Es wurde auch auf kein anderes Dokument verwiesen, aus dem sich die vorgenannten Angaben entnehmen lassen. Die Klägerin berichtigte daraufhin die Gutschriften für 2009 bis 2011 noch während der Außenprüfung im Mai 2013.
Lt. Finanzverwaltung ist der Vorsteuerabzug bei Rechnungsberichtigungen – trotz der EuGH-Urteile "Pannon Gép" (C-271/12) und "Petroma Transports" (C-271/12) - erst im Zeitpunkt der Berichtigung und Übermittlung an den Rechnungsempfänger zulässig.
Entscheidung:
Das Niedersächsische FG neigt dazu, einer Rechnungsberichtigung unter bestimmten Umständen Rückwirkung zuzuerkennen. Da dies jedoch nicht zwingend und eindeutig ist, hat das FG dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
- Lässt der EuGH entgegen seinem Urteil „Terra Baubedarf-Handel“ (Urteil v. 9.4.2004, C-152/02) in einem solchen Fall wie hier eine Rückwirkung zu?
- Welche Mindestanforderungen sind ggf. an eine der Rückwirkung zugängliche berichtigungsfähige Rechnung zu stellen? Muss die ursprüngliche Rechnung bereits eine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer enthalten oder kann diese später ergänzt werden mit der Folge, dass der Vorsteuerabzug aus der ursprünglichen Rechnung erhalten bleibt?
- Ist die Rechnungsberichtigung ggf. noch rechtzeitig, wenn sie erst im Rahmen eines Einspruchsverfahrens erfolgt, das sich gegen die abschließende Entscheidung (Änderungsbescheid) der Finanzbehörde richtet?
Praxishinweis:
Nach dem Urteil des Niedersächsischen FG vom 23.10.2014 (5 K 140/14) ist eine rückwirkende Rechnungskorrektur jedenfalls dann nicht möglich, wenn in der erstmals ausgestellten Rechnung der Leistende, der Leistungsempfänger, die Leistungsbeschreibung und das Entgelt mit ausgewiesener Umsatzsteuer nicht oder unzutreffend angegeben ist.
Dagegen ist nach Auffassung des FG Hamburg (Beschluss v.20.10.2014, 2 V 214/14) eine Rückwirkung zulässig, wenn in der ursprünglichen Rechnung der Leistungsgegenstand grob umrissen war und nachträglich nur auf erläuternde Dokument (Bauvertrag, Angebot, Leistungsbeschreibung des Architekten) verwiesen wird.
Der BFH hat sich zu der Problematik bisher nicht eindeutig geäußert. Mit Urteil v. 19.6.13, XI R 41/10 hat er nur klargestellt, dass einer Erstrechnung keine Rückwirkung zukommt. Klärung in dieser für die Praxis so wichtigen Frage wird daher letztlich erst der EuGH bringen. Bis dahin empfiehlt es sich in derartigen Fällen Einspruch einzulegen und bis zur Entscheidung des EuGH das Ruhen des Verfahrens zu beantragen.
Niedersächsisches FG, Urteil v. 3.7.2014, 5 K 40/14 (Haufe Index 7536608)
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