Teilentgeltliche Übertragung in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft

Hintergrund
K brachte zwei Grundstücke (Buchwerte rd. 490.000 EUR) ihres Einzelunternehmens in eine KG ein. Als Gegenleistung wurde ihr eine Kommanditbeteiligung von 150.000 EUR eingeräumt. Zusätzlich erhielt sie eine Darlehensforderung von 340.000 EUR gegen die KG.
Die KG führte für die eingebrachten Grundstücke die Buchwerte des Einzelunternehmens fort. Das FA vertrat demgegenüber die Auffassung, die Übertragung von K auf die KG sei insoweit als entgeltlich anzusehen, als K hierfür eine Gutschrift auf ihrem Privatkonto (Darlehenskonto) gewährt worden sei. K wandte mit der Klage ein, der Übertragungsvorgang dürfe nicht künstlich aufgespalten werden. Die Aufspaltung führe jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Summe der Werte der Darlehensforderung und der Kommanditeinlage den Buchwert der eingebrachten Wirtschaftsgüter nicht übersteige, zur Besteuerung von Scheingewinnen. Das FG bestätigte das FA und wies die Klage der K im Streitpunkt ab.
Entscheidung
Bei teilentgeltlicher Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften teilt die Finanzverwaltung den Vorgang in ein voll unentgeltliches und ein voll entgeltliches Geschäft auf und ordnet den Buchwert anteilig den beiden Teilen des Geschäfts zu (sog. strenge Trennungstheorie, BMF v. 8.12.2011, BStBl I 2011, 1279). Durch diese Berechnung ergibt sich aus dem entgeltlichen Teil des Geschäfts stets ein Gewinnrealisierungsbetrag.
Der IV. BFH-Senat vertritt dagegen eine "modifizierte Trennungstheorie" (BFH v. 19.9.2012, IV R 11/12, DStR 2012, 2051). Danach wird das Rechtsgeschäft ebenfalls in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt. Allerdings wird der Buchwert nur dem entgeltlichen Teil zugerechnet, sodass eine Gewinnrealisierung nur eintritt, soweit die Gegenleistung über dem Buchwert liegt. Dieses Urteil wurde mit einem "Nichtanwendungserlass" belegt (BMF v. 12.9.2013, BStBl I 2013, 1164).
Auch im Schrifttum ist die Rechtsfrage umstritten, wobei ein leichtes Überwiegen in Richtung der modifizierten Trennungstheorie festzustellen sein dürfte, die allerdings in zwei verschiedenen Formen vertreten wird. Nach einer Auffassung ist in Fällen, in denen das Teilentgelt nicht nur unter dem Teilwert, sondern auch unter dem Buchwert des Wirtschaftsguts liegt, der Buchwert dem entgeltlichen Teil des Geschäfts nur bis zur Höhe des Teilwerts zuzuordnen ("modifizierte Trennungstheorie mit anteiliger Zuordnung des Buchwerts bis zur Höhe des Teilentgelts"). Nach einer anderen Meinung ist von einer strengen Nichtaufteilbarkeit des Buchwerts auszugehen, der ausschließlich dem entgeltlichen Teil des Geschäfts zuzuordnen ist. Bei einer Gegenleistung, die den Buchwert nicht erreicht, wird dann aus dem entgeltlichen Teil des Geschäfts ein Verlust realisiert, der allerdings durch einen Gewinn aus dem unentgeltlichen Teil kompensiert wird ("modifizierte Trennungstheorie mit Verlustbeitrag").
Der vorlegende X. BFH-Senat ist der Auffassung, dass die dogmatischen Argumente, die für die strenge Trennungstheorie sprechen, etwas höher zu gewichten sind als die für die Gegenauffassungen vorgebrachten Gründe. Das ergibt sich nicht zuletzt aus der gesetzlichen Systematik. Da die teilentgeltliche Übertragung in eine entgeltliche und eine unentgeltliche Komponente aufzuteilen ist, muss auch der mit dem Wirtschaftsgut in Zusammenhang stehende Erwerbsaufwand (hier die Anschaffungskosten in Gestalt des Buchwerts) sachgerecht auf diese beiden Komponenten aufgeteilt werden. Wenn der Steuerpflichtige nur mit dem entgeltlichen Teil des Geschäfts einen Realisationstatbestand erfüllt, kann diesem Tatbestand auch nur derjenige Teil des Buchwerts zugeordnet werden, der dem entgeltlichen Teil des Rechtsgeschäfts entspricht.
Hinweis
Der BFH ergänzt, dass die Anwendung der sog. Einheitstheorie auf die teilentgeltliche Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter von vornherein ausscheidet. Diese Berechnungsmethode ist für die Übertragung strukturierter betrieblicher Einheiten (Betriebe, Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile) entwickelt worden. Hier wird dem gesamten Veräußerungspreis einheitlich das tatsächlich gezahlte Entgelt gegenübergestellt. Die Übernahme bestehender betrieblicher Verbindlichkeiten gilt dabei nicht als Entgelt. Ein Veräußerungsgewinn ergibt sich nur, wenn und soweit die Gegenleistung den Buchwert des Betriebsvermögens übersteigt. Die Gesichtspunkte dieser Berechnung sind bei der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter zwischen einer Mitunternehmerschaft und ihrem Gesellschafter nicht von Bedeutung.
Der Frage kommt in der Praxis nicht geringe Bedeutung zu. Die Entscheidung des Großen Senats bleibt abzuwarten. Die Tendenz dürfte in die Richtung der von der Finanzverwaltung vertretenen strengen Trennungstheorie gehen. Denn es ist nicht einzusehen, weshalb bei Vereinbarung eines teilentgeltlichen Geschäfts nicht sowohl eine entgeltliche Veräußerung als auch eine schenkweise Übertragung vorliegen sollte.
BFH, Beschluss v. 27.10.2015, X R 28/12, veröffentlicht am 16.12.2015
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