Über die private Vermögensverwaltung hinausgehende gewerbliche Tätigkeit

Hintergrund: Errichtung, Vermietung und Veräußerung eines Gebäudes
Die A-GbR wurde in 1986 von der Stadt mit der Errichtung eines Anbaus an das Rathaus beauftragt. Die Stadt räumte der GbR ein Erbbaurecht an dem Grundstück auf die Dauer von 20 Jahren ein und die GbR vermietete das Gebäude für diesen Zeitraum an die Stadt. Nach Beendigung des Mietverhältnisses und des Erbbaurechts in 2007 erhielt die GbR von der Stadt die vertraglich vereinbarte Entschädigung. Ebenso verfuhren die GbR und der Landkreis später bei der Errichtung eines Dienstgebäudes für den Landkreis.
Die GbR erklärte aus der Vermietung Einkünfte aus VuV. Das FA war dagegen der Auffassung, die GbR habe bei den beiden Gebäuden den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten. Damit sei die GbR insoweit gewerblich tätig gewesen mit der Folge, dass sie in vollem Umfang – also auch mit ihren anderen Vermietungsobjekten – einen Gewerbebetrieb unterhalten habe. Dementsprechend stellte das FA für das Streitjahr 2003 Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Das FG bejahte die private Vermögensverwaltung und gab der Klage statt.
Entscheidung: Verklammerungsrechtsprechung bei beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern
Nach der sog. "Verklammerungsrechtsprechung" ist die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschritten, wenn das Geschäftskonzept darin besteht, Wirtschaftsgüter zu kaufen, zwischenzeitlich zu vermieten und anschließend zu verkaufen, sofern bereits bei der Aufnahme der Tätigkeit feststeht, dass sich das erwartete positive Gesamtergebnis nur unter Einbeziehung des Verkaufserlöses erzielen lässt (BFH, Urteil v. 8.6.2017, IV R 30/14, BStBl II 2017, 1061). Diese zur Vermietung beweglicher Wirtschaftsgüter (Container) ergangene Rechtsprechung ist auf unbewegliche Wirtschaftsgüter (Immobilien) übertragbar. Denn wenn sich das erwartete positive Gesamtergebnis nur unter Berücksichtigung des Veräußerungserlöses erzielen lässt, tritt die Umschichtung der Vermögenswerte bei unbeweglichen ebenso wie bei beweglichen Wirtschaftsgütern gegenüber der Fruchtziehung aus den Substanzwerten in den Vordergrund. Die Verklammerung der Teilakte ist nicht auf nur kurzfristige Vermietungen beschränkt. Zwar ist die Veräußerung von Immobilien nach der Haltedauer von 10 Jahren (sog. Spekulationsfrist) grundsätzlich privater Natur. Gleichwohl kann auch noch nach Fristablauf die Ausnutzung des Vermögenswerts durch Umschichtung im Vordergrund stehen, sodass die Verklammerungswirkung gerechtfertigt ist.
Der BFH hob das FG-Urteil, das die Verklammerungsgrundsätze im Fall von Immobilien abgelehnt hat, auf und verwies den Fall an das FG zurück. Dieses hat Feststellungen dazu nachzuholen, ob bereits bei der Aufnahme der Tätigkeit der GbR feststand, dass sich das erwartete positive Ergebnis nur unter Einbeziehung der vereinbarten Entschädigung für die errichteten Dienstgebäude erzielen lässt.
Hinweis: Überschussprognose für den Beginn der Tätigkeit
Entscheidend ist, ob nach dem Gesamtbild die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung oder die Nutzung durch Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten in den Vordergrund tritt. Stichtag für die erforderliche Prognose ist für jedes Objekt der Beginn der Tätigkeit. Der Gesichtspunkt der Vermögensumschichtung kann auch nach Ablauf der Haltefristen des § 23 Abs. 1 EStG (bei Grundstücken: 10 Jahre, bei beweglichen Wirtschaftsgütern: 1 Jahr) im Vordergrund stehen, wenn das positive Gesamtergebnis nur unter Einbeziehung des Veräußerungserlöses zu erreichen ist. Der BFH hat daher die Verklammerungswirkung auch bei für 6 Jahre vermieteten Schiffscontainern bejaht (BFH-Urteil v. 8.6.2017, IV R 30/14, BStBl II 2017, 1061; ebenso bei für 18 Monate vermieteten Wohnmobilen, BFH, Urteil v. 22.1.2003, X R 37/00, BStBl II 2003, 364). Die Verklammerung führt bei Grundstücken zur gewerblichen Betätigung hinsichtlich des betreffenden Objekts. Die ansonsten zur Gewerblichkeit führende Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze spielt dann keine Rolle. Die Vermögensverwaltung ist jedoch nicht überschritten, wenn sich aufgrund der bei Beginn der Vermietung vorhersehbaren Werbungskosten (AfA, Zinsen, laufende Kosten) auch ohne Veräußerung voraussichtlich ein Totalüberschuss ergibt.
BFH, Urteil v. 28.9.2017, IV R 50/15, veröffentlicht am 13.12.2017.
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