Verkauf eines Handys an den Arbeitgeber und Nutzung durch Arbeitnehmer
In einem Fall, der vom FG München entschieden wurde (Urteil v. 20.11.2020, 8 K 2656/19), überließ ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Mobiltelefon auch zur privaten Nutzung. Das Handy sollte dabei im Eigentum des Arbeitgebers verbleiben. Der vom Arbeitgeber geleistete Kostenersatz für die mit diesem Telefon geführten Gespräche sollte nach § 3 Nr. 45 EStG nicht der Lohn- bzw. Einkommensteuer unterliegen. Hierzu schloss der Arbeitgeber einen Kaufvertrag über 1 EUR zum Erwerb des ursprünglich dem Arbeitnehmer gehörenden Handys. Das erworbene Gerät wurde dem Arbeitnehmer unmittelbar wieder zur Nutzung zur Verfügung gestellt.
Mit zeitgleich mit dem Handy-Kaufvertrag abgeschlossener "ergänzender Vereinbarungen zum Arbeitsvertrag Handykosten" kamen die Vertragsparteien überein, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Mobilfunk-Telefon zur Verfügung stellt und die für das Mobiltelefon entstehenden Kosten des Mobilfunkvertrags (Grundgebühr, Verbindungsentgelte) bis zur Höhe von zunächst 10,57 EUR übernimmt.
Zur Nutzungsüberlassung des Mobiltelefons wurde später als weitere Anlage zum Arbeitsvertrag ein Mobiltelefon-Überlassungsvertrag zwischen den Parteien geschlossen, mit dem das Handy dem Arbeitnehmer als weiteres Arbeitsmittel zur freien Nutzung überlassen wurde. Der Überlassungsvertrag konnte gekündigt werden, wenn der Arbeitgeber infolge eines nicht vorhersehbaren Umstandes und aus dringendem betrieblichen Interesse das Mobiltelefon benötigte oder wenn der Arbeitnehmer das Mobiltelefon vertragswidrig gebrauchte.
Lohnsteuer-Außenprüfung: Keine Steuerfreiheit
Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, dass die Übernahme der Handygebühren nicht steuerfrei habe erfolgen können, da es sich um eine unangemessene rechtliche Gestaltung nach § 42 AO gehandelt habe.
Die Gestaltung wäre von einem verständigen Dritten in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung ohne den Steuervorteil nicht gewählt worden. Einem fremden Dritten wäre das eigene Mobiltelefon zum marktüblichen Wert, nicht aber für nur 1 EUR überlassen worden. Der Verkauf des Handys zu 1 EUR sei lediglich wegen der damit verbundenen Inanspruchnahme der Steuerbefreiungsvorschrift erfolgt.
Die von dem Arbeitgeber übernommenen Unkosten für die Handynutzung stellten daher gemäß dem Hinweis 3.45 zu R 3.45 der Lohnsteuerrichtlinien (LStH) steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
Lediglich der Ersatz von Gebühren für berufliche Telefongespräche, die der Arbeitnehmer außerhalb des Betriebs geführt hätte, seien in Höhe des Einzelnachweises oder ohne Einzelnachweis in Höhe von bis zu 20 % des Rechnungsbetrags, höchstens jedoch mit 20 EUR monatlich als Auslagenersatz steuerfrei. Deshalb sei die Erstattung an den Arbeitnehmer mit einem Anteil von 80 % zu versteuern. Das Finanzamt erließ einen Haftungsbescheid gegenüber dem Arbeitgeber.
FG München sieht keinen Gestaltungsmissbrauch
Das FG München ist dieser Auffassung in seinem Urteil nicht gefolgt.
Steuerfrei sind nach § 3 Nr. 45 EStG die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.
Die Steuerbefreiung betrifft Sachzuwendungen, die als Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit zu bewerten wären. § 3 Nr. 45 EStG erspart diese Bewertung, vor allem aber die Ermittlung durch den Arbeitgeber, in welchem Umfang das betriebliche Gerät vom Arbeitnehmer privat genutzt wird und damit Sachzuwendungen begründet werden. Nutzt der Arbeitnehmer das betriebliche Gerät des Arbeitgebers für private Zwecke, ist die hierin liegende Zuwendung eines geldwerten Vorteils durch den Arbeitgeber nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei.
Die Vorschrift des § 3 Nr. 45 EStG sei hier anzuwenden. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 Abs. 2 AO läge nur vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies sei hier nicht der Fall und zwar selbst dann nicht, wenn primäres (neben der Kostentragung der Verbindungsentgelte) oder alleiniges Ziel der im Streitfall zu beurteilenden Gestaltung die Inanspruchnahme der gesetzlich zulässigen Steuerbefreiung des § 3 Nr. 45 EStG gewesen sein sollte.
Gestaltungsmissbrauch läge lediglich vor, wenn eine (aus Sicht des Finanzamts) angemessene und damit vom vorliegenden Fall abweichende Gestaltung den angestrebten Steuervorteil nicht begründet hätte. Eine angemessene Gestaltung wäre (ebenfalls aus Sicht des Finanzamts) der Verkauf der Telefone seitens des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber zu dem den tatsächlichen Kaufpreis übersteigenden damaligen Marktwert des Gerätes gewesen. Unterstellt, dieser Marktwert hätte den vereinbarten Kaufpreis überstiegen, hätte diese vermeintlich angemessene Gestaltung zum selben Ergebnis der Anwendbarkeit der Steuerbefreiung geführt. Demnach sei im Streitfall für die Anwendung der Steuerbefreiung unerheblich, zu welchem Kaufpreis der Arbeitgeber das danach an den Arbeitnehmer zur Nutzung überlassene Gerät in ihrem Betriebsvermögen erwarb.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Die Revision wurde zugelassen, da die Rechtsfrage, ob bei einem Verkauf eines Mobilfunktelefons vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber zu einem Kaufpreis von 1 EUR stets von einer missbräuchlichen Gestaltung im Sinne des § 42 AO auszugehen ist (so wie im LStH 3.45 dargestellt), das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt wird. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen VI R 51/20 beim BFH anhängig.
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