"Verkauf" wertloser Aktien gegen wertlose Gegenleistung

Überträgt der Steuerpflichtige wertlos gewordene Aktien auf einen fremden Dritten gegen Übereignung anderer, ebenfalls wertloser Aktien, ist darin ein Verkauf der Aktien zu sehen mit der Folge, dass der ausgewiesene Verlust mit Gewinnen aus dem Verkauf anderer Aktien zu verrechnen ist. Auch wenn die Gestaltung allein der Steuerersparnis dient, liegt darin kein Missbrauch im Sinne des § 42 AO.

Der Kläger hatte Aktien einer AG, die insolvent und nicht mehr an der Börse gelistet war, an eine fremde Dritte verkauft und als Gegenleistung andere, ebenfalls wertlose Aktien erhalten. Nachdem das Finanzamt den Verlust in Höhe der Anschaffungskosten der Aktien nicht anerkannt hatte, gab das Finanzgericht der Klage statt.

Missbräuchliche Gestaltung? 

Seit Einführung der Abgeltungssteuer rechnet das Gesetz Gewinne oder Verluste aus dem Verkauf von Aktien zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Dem Verkauf wird unter anderem die Einlösung oder Abtretung gleich gestellt. Die Verwaltung will eine Veräußerung nicht annehmen, wenn der Erlös niedriger ist als die Transaktionskosten (BMF vom 18.1.2016, BStBl 2016 I S. 85, Rn. 59). Das Finanzgericht erklärt diese Anweisung für rechtwidrig. Es sieht in dem Verkauf zum Zweck des steuerlichen Verlustausweises auch keine missbräuchliche Gestaltung.

BFH muss entscheiden 

Die Auffassung der Verwaltung soll offenbar dazu führen, dass ein restloser Wertverlust von Aktien steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden kann. Das steht in Widerspruch zu der gesetzlichen Zielsetzung, Wertänderungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfassen. Das Finanzgericht erklärt diese Rechtsauffassung mangels gesetzlicher Grundlage für rechtswidrig. Selbst eine gesetzliche Regelung dieses Inhalts dürfte verfassungsrechtlich nicht zulässig sein. Ob eine Übertragung gegen andere, ebenfalls wertlose Anteile einen geeigneten Weg zum Ausweis des eingetretenen Wertverlustes darstellt, könnte dagegen fraglich erscheinen. Das Finanzgericht sieht selbst eine andere, theoretische Möglichkeit darin, den Wertverlust steuerlich als realisiert anzusehen, wenn Aktien wegen Wertlosigkeit aus dem Depot der Bank ausgebucht werden. Möglicherweise wird der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren (Az beim BFH VIII R 9/17), einen für die Praxis geeigneteren Weg als den Tausch wertloser Aktien aufzeigen. Bis zu der Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist die Steuerplanung für Eigentümer wertloser Aktien durch die bestehende Rechtsunsicherheit erschwert, insbesondere weil sich der genaue Zeitpunkt des steuerlichen Verlustausweises nicht sicher bestimmen lässt. Im Zweifel ist anzuraten, einen Wertverlust vorsichtshalber zu dem frühesten in Frage kommenden Zeitpunkt geltend zu machen und Ruhen des Verfahrens mit Bezug zu beantragen.

FG München, Urteil v. 17.7.2017, 7 K 1888/16, Haufe Index 11289053



Schlagworte zum Thema:  Aktien, Gestaltungsmissbrauch