Verluste aus der Veräußerung von Aktien zu einem geringen Preis
Nach früherer Auffassung der Finanzverwaltung lag eine Veräußerung nicht vor, wenn der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt (BMF, Schreiben v. 18.1.2016, Haufe Index 9077277, Rz. 59).
Beispiel: A hatte in 2013 über eine Sparkasse Aktien zu AK i.H.v. 2.000 EUR erworben. Diese Aktien verkaufte er am 10.10.2018 zu einem Gesamtverkaufspreis von 11 EUR, wobei die Sparkasse in gleicher Höhe Transaktionskosten einbehielt. Da der Veräußerungspreis die Transaktionskosten nicht überstieg, verzichtete die Sparkasse auf eine Einbuchung des entstandenen Verlusts i.H.v. 2.000 EUR in den Verlustverrechnungstopf.
BFH berücksichtigt Verlust
Der BFH hat entschieden (Urteil v. 12.6.2018, VIII R 32/16, Haufe Index 12034035 zur Kommentierung), dass hier der Verlust i.H.v. 2.000 EUR zu berücksichtigen ist. Gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG ist (Veräußerungs-)Gewinn der Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten. Vom Anwendungsbereich des Gesetzes ist auch ein negativer Gewinn – ein Veräußerungsverlust – erfasst.
Eine Veräußerung i.S.d. § 20 Abs. 2 EStG ist die entgeltliche Übertragung des - zumindest wirtschaftlichen - Eigentums auf einen Dritten. Eine entgeltliche Anteilsübertragung in diesem Sinne liegt auch vor, wenn wertlose Anteile zwischen fremden Dritten ohne Gegenleistung oder gegen einen lediglich symbolischen Kaufpreis übertragen werden, so der BFH. Weitere Tatbestandsmerkmale als den entgeltlichen Rechtsträgerwechsel stellt das Gesetz nicht auf. Die Erfüllung des Tatbestands der Veräußerung ist daher insbesondere weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig. Insbesondere liegt eine Veräußerung auch dann vor, wenn die Gegenleistung genauso hoch ist wie die angefallenen Veräußerungskosten. Demnach steht es grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert. Dadurch macht er lediglich von gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch, missbraucht diese aber nicht.
Finanzverwaltung erkennt Rechtsprechung an
Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 10.5.2019 (HI13129377) bekanntgegeben, dass sie die neuen Grundsätze des BFH anerkennt, sodass eine Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig ist. Hier könnte A daher über seine Einkommensteuererklärung 2018 beantragen, dass der Verlust mit anderen Aktienveräußerungsgewinnen verrechnet wird (Verluste die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, dürfen nur mit Gewinnen die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden).
Rechtsprechung gilt beispielsweise auch bei der Veräußerung von Inhaberschuldverschreibungen
Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH ist das FG Düsseldorf (Urteil v. 23.11.2018, 1 K 1417/16 E, F) aktuell folgerichtig zu dem Ergebnis gekommen, dass Veräußerungsverluste aus Inhaberschuldverschreibungen genauso zu behandeln sind. Im Urteilsfall veräußerte der Kläger Inhaberschuldverschreibungen zu einem Preis von 8 EUR, welche er für 1.975 EUR erworben hatte. Der Kursverfall beruhte auf der zwischenzeitlich erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen AG. Die die Veräußerung ausführende stellte dem Kläger 8 EUR Veräußerungskosten - d.h. in Höhe des Veräußerungspreises - in Rechnung, so dass dem Kläger ein Verlust i.H.d. Anschaffungskosten von 1.975 EUR entstand.
Nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des Absatzes 1 Nr. 7. Festverzinsliche Inhaberschuldverschreibungen mit fester Laufzeit gehören zu den sonstigen Kapitalforderungen i. S. v § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Die Einordnung der Veräußerung der Inhaberschuldverschreibungen unter einer anderen Nummer ist der einzige Unterschied zum Urteilsfall des BFH, sodass das FG die Rechtsprechungsgrundsätze des BFH für übertragbar hält. Der Verlust des Klägers ist daher mit anderen positiven Kapitalerträgen verrechenbar (über einen Antrag nach § 32d Abs. 4 oder § 32d Abs. 6 EStG).
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