Voraussetzungen für den Abzug von Kinderbetreuungskosten sind nicht grundgesetzwidrig
Hintergrund
Der Streitfall betrifft das Jahr 2008. Für diesen Veranlagungszeitraum konnten Kinderbetreuungskosten verheirateter Eltern grundsätzlich in folgenden Fällen berücksichtigt werden:
- Abzug wie Betriebsausgaben/Werbungskosten für Kinder bis 14 Jahre bei beiderseits erwerbstätigen Eltern (zwei Drittel, höchstens 4.000 EUR, § 4f EStG a.F.)
- Zwei Drittel als Sonderausgaben, höchstens 4.000 EUR je Kind zwischen drei und sechs Jahren (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F.) oder für Kinder bis zum 14. Lebensjahr, wenn ein Elternteil erwerbstätig und der andere in Ausbildung oder krank ist bzw. beide Elternteile in Ausbildung oder krank sind (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG a.F.)
- Außergewöhnliche Belastung bei Beschäftigung einer Haushaltshilfe wegen Krankheit des Steuerpflichtigen oder eines Kindes (§ 33a Abs. 3 EStG a.F.)
- Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen (20 %, höchstens 600 EUR, § 35a Abs. 2 EStG a.F.)
Die Eheleute - Ehemann berufstätig - machten für ihre drei Kinder (J, geb. Dezember 2004, L, Juni 2006, G, Dezember 2007) als Kinderbetreuungskosten geltend: Kindergartenbeiträge (J) 2.325 EUR, Spielgruppe (L) 662 EUR, Au-Pair-Mädchen 3.842 EUR, gesamt 6.828 EUR.
Das FA berücksichtigte die Kosten wie folgt: KiGa + Spielgruppe 2.987 EUR (2.325 EUR + 662 EUR) + Au-Pair 1.280 EUR (1/3 von 3.842 EUR wegen Aufteilung auf alle drei Kinder) = 4.267 EUR. Von diesem Gesamtbetrag ließ es 2/3 = 2.844 EUR als Sonderausgaben zu. Außerdem berücksichtigte es für Au-Pair die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen (600 EUR).
Die Eheleute machten hiergegen erfolglos geltend, aus den nicht anerkannten Au-Pair-Aufwendungen (2/3 von 2.561 EUR = 1.707 EUR) müsse ihnen ein weiterer Sonderausgabenabzug zustehen.
Entscheidung
Der BFH hält die Sachbehandlung durch das FA für zutreffend und wies die Revision zurück, da die genannten gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen: Die Eheleute waren nicht beiderseits berufstätig und nur das im Dezember 2004 geborene Kind J war zwischen drei und sechs Jahre alt. Auch war die Ehefrau weder in Ausbildung noch krank und es war auch nicht wegen Krankheit eines Familienangehörigen eine Haushaltshilfe erforderlich.
Sodann begründet der BFH, dass gegen die im EStG enthaltenen Einschränkungen des Abzugs von Kinderbetreuungskosten keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Zum einen bleiben die Au-Pair-Kosten nicht völlig außen vor, da sie im Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf (§ 32 Abs. 6 EStG), der auch Fremdbetreuungskosten abdeckt, mit berücksichtigt sind. Zum anderen berechtigt die Vereinfachungsbefugnis den Gesetzgeber, den Abzug auf die typischen Fälle zu beschränken, in denen Kinderbetreuungskosten zwangsläufig anfallen. Die mit der Beschränkung verbundenen Härten haben die Steuerpflichtigen hinzunehmen. Der BFH sieht keine Überschreitung der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers.
Hinweis
Ab 2012 werden Kinderbetreuungskosten - erwerbsunabhängig - nur noch einheitlich als Sonderausgaben berücksichtigt (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG n.F.). Die bisherige Unterscheidung zwischen erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kosten ist entfallen. Auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern kommt es nicht mehr an. Im Übrigen entsprechen die Abzugsvoraussetzungen (Höchstbetrag, Altersgrenze) weitgehend der bisherigen Rechtslage, sodass sich auch hier die Frage der Verfassungsmäßigkeit stellt, die im aktuellen Fall nun vom BFH mit dem Hinweis auf die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers zurückgewiesen wird.
Nach wie vor erscheint es jedoch problematisch, ob die Beschränkung des Abzugs mit der Begründung gerechtfertigt werden kann, Kinderbetreuungskosten berührten auch die Privatsphäre. Entscheidend müsste doch sein, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemindert ist und dass es den Eltern überlassen werden sollte zu entscheiden, welche Aufwendungen sie für ihre Kinder für erforderlich halten.
Für die Praxis dürfte wichtig sein, dass der BFH mit der aktuellen Entscheidung seine bisherige Meinung zur Verfassungsmäßigkeit fortgeführt hat. In dem Urteil v. 5.7.2012, III R 80/09, BStBl II 2012, 816, hatte er allerdings darauf hingewiesen, bei einer größeren Zahl minderjähriger Kinder und Erwerbstätigkeit eines Elternteils könne ein unabweisbarer Bedarf an Fremdbetreuung entstehen. Für den Streitfall (drei Kinder bis drei Jahre) lehnt der BFH jedoch eine solche Betreuungssituation ab. Zu der Frage, ob der Gesetzgeber weitere Zwangsläufigkeitsgründe hätte einbeziehen müssen, ist die Verfassungsbeschwerde gegen das vorgenannte Urteil anhängig (Az. BVerfG: 2 BvR 2454/12). Entsprechende Fälle sollten bis zur Entscheidung zurückgestellt werden.
Urteil v. 14.11.2013, III R 18/13, veröffentlicht am 12.3.2014
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