Im Unternehmenskaufvertrag vereinbartes Wettbewerbsverbot

Hintergrund:
Gemäß § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Diese Vorschrift beruht auf der unionsrechtlichen Regelung in Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt Art. 19 der Richtlinie 2006/112/EG), wonach Mitgliedstaaten auch die entgeltliche Übertragung des Gesamtvermögens so behandeln können, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Überragenden ansehen.
Im Streitfall hatte eine GbR, die einen ambulanten Pflegedienst betrieb, ihr gesamtes Unternehmen an den Pflegedienst B veräußert. In dem Unternehmenskaufvertrag war u.a. ein zweijähriges "Konkurrenzverbot" vereinbart, in dem sich die GbR verpflichtete, in einem Umkreis von 100 km kein Unternehmen im Bereich der Kranken- und Altenpflege zu betreiben und keine von B übernommenen oder neu gewonnenen Patienten abzuwerben oder anderen Unternehmen zu empfehlen. Zum Ausgleich für das Wettbewerbsverbot wurde für die GbR eine gesonderte Zahlung vereinbart, die in dem Gesamtkaufpreis enthalten war. Das Finanzamt unterwarf das Entgelt für das Wettbewerbsverbot der Umsatzsteuer, da dieses umsatzsteuerrechtlich eine sonstige Leistung darstelle und nicht unter den Begriff der Geschäftsveräußerung im Ganzen falle.
Entscheidung:
Der BFH sah das anders. Er entschied, dass das Wettbewerbsverbot als nicht steuerbarer Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung anzusehen ist.
Zu den "Umsätzen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung" i.S. von § 1 Abs. 1a UStG gehören alle in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang bewirkten Einzelleistungen. Dabei ist nach der Rechtsprechung des EuGH die Frage, ob ein einzelnes Geschäft unter den Begriff der "Übertragung eines Gesamtvermögens" fällt, eine Gesamtwürdigung der das betreffende Geschäft kennzeichnenden Umstände vorzunehmen, wobei der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit, deren Fortführung geplant ist, besondere Bedeutung beizumessen ist.
Eine solche Gesamtwürdigung hat das Finanzgericht, das als Tatsachengericht dafür zuständig war, hier vorgenommen. Es ist dabei zu der Überzeugung gelangt, dass das hier vereinbarte Wettbewerbsverbot dazu dienen sollte, dem Übernehmer des Pflegedienstes den Kundenstamm zu sichern und ihm damit die Fortführung des Unternehmens zu ermöglichen. Das Wettbewerbsverbot stand deshalb im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung des Unternehmens. Diese Feststellung hat der BFH für zutreffend erachtet.
Hinweis:
Obwohl im vorliegenden Fall ein Entgelt für das Wettbewerbsverbot im Vertrag gesondert ausgewiesen war und dieses Entgelt 38,4 % des Gesamtkaufpreises entsprach, hat der BFH dem Wettbewerbsverbot keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zugemessen. Das verdeutlicht, dass Veräußerer und Erwerber nicht allein durch einen gesonderten Ausweis eines Betrages Einfluss auf die steuerliche Behandlung eines vereinbarten Wettbewerbsverbots nehmen können.
Entscheidend für die Frage, ob einem Wettbewerbsverbot eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt, ist vor allem, um welche Art von Betrieb es sich im Einzelfall handelt. Wenn der BFH dies hier bei einem ambulanten Pflegedienst verneint hat, so kann es bei der Übertragung eines Betriebs, bei dem es weniger auf die immateriellen Wirtschaftsgüter (wie z.B. den Kundenstamm) als vielmehr auf die materiellen Wirtschaftsgüter (wie z.B. Maschinen oder andere Betriebsmittel) ankommt, durchaus anders sein. Denn bei Betrieben letzterer Art wird im Regelfall die reibungslose Fortführung des übertragenen Unternehmens nicht von der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes abhängen.
BFH, Urteil v. 29.8.2012, XI R 1/11, veröffentlicht am 13.2.2013
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