Wohnung am Beschäftigungsort bei doppelter Haushaltsführung

Das Tatbestandsmerkmal "Wohnen am Beschäftigungsort" ist weit auszulegen. Der BFH bestätigt damit die langjährige Rechtsprechung und hat eine 141 km von der Arbeitsstätte entfernte Wohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung anerkannt.

Hintergrund

Notwendige Mehraufwendungen eines Arbeitnehmers für eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung können als Werbungskosten abgezogen werden. Eine doppelte Haushaltsführung ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer am Ort der Beschäftigung eine weitere Wohnung unterhält. Im Streitfall hatte eine Angestellte zusammen mit ihrem Ehemann eine gemeinsame Wohnung. Daneben hatte sie eine 78 qm große Wohnung an ihrem Arbeitsort als Zweitwohnsitz angemietet. Obwohl ihr Arbeitgeber seinen Firmensitz verlegte, behielt sie diese Wohnung bei. Die Entfernung zwischen der Zweitwohnung und der Arbeitsstätte betrug 141 km. Das Finanzamt hat die beantragten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung abgelehnt, da sich die Zweitwohnung nicht am Beschäftigungsort befinde. Das FG reduzierte den Aufwand zwar auf eine angemessene Wohnungsgröße mit 60 qm, ging dem Grunde nach aber von einem "Wohnen am Beschäftigungsort" aus.

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Entscheidung des FG, denn der Begriff des Beschäftigungsorts ist weit auszulegen. Es muss sich dabei nicht um dieselbe politische Gemeinde handeln, eine Wohnung in der Umgebung des Arbeitsplatzes ist ausreichend (so zuletzt auch BFH, Urteil v. 16.12.1981, VI R 227/80, BStBl 1982 II S. 302). Dies gilt ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen. Die Wohnung kann damit in einem Bereich liegen, von dem aus der Arbeitnehmer üblicherweise täglich zu diesem Ort fahren kann.

Hinweis

Für ein Wohnen am Arbeitsort ist die Entfernung ein wesentliches, allerdings nicht allein entscheidungserhebliches Merkmal. Insofern sollte der Urteilsfall trotz steigender Mobilitätsanforderungen nicht verallgemeinert werden und wird einen Grenzfall darstellen. Die Entfernung von 141 km war letztlich nur durch eine gute ICE-Zuganbindung mit nur 1 Stunde Fahrzeit noch im Rahmen des Üblichen zu bewältigen. In einem anderen Fall hatte sich der BFH bei einer Entfernung von 62 km gegen eine Wohnung im Einzugsbereich der Arbeitsstätte ausgesprochen (vgl. BFH, Beschluss v. 2.10.2008, VI B 33/08).

Urteil v. 19.4.2012, VI R 59/11, veröffentlicht am 11.7.2012