Anwendung der Kleinunternehmerregelung bei der Differenzbesteuerung
Hintergrund: Überschreitung der Vorjahresumsatzgrenze
X erzielte 2009/2010 folgende der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterliegende Umsätze aus einem Gebrauchtwagenhandel: Gesamtumsatz 27.358 EUR/25.115 EUR, Handelsspanne 17.328 EUR/17.470 EUR. Bis 2009 wurde X umsatzsteuerlich als Kleinunternehmer behandelt, weil die erzielten Margen die Vorjahresumsatzgrenze für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung von 17.500 EUR (ab 2020: 22.000 EUR) nicht überstiegen. Das entsprach der bis 2009 geltenden Verwaltungsregelung (Abschn. 251 Abs. 1 Satz 4 UStR). Danach war in Fällen der Differenzbesteuerung für die Vorjahresumsatzgrenze auf die Handelsspanne abzustellen.
Ab 2010 änderte sich die Verwaltungspraxis. Nunmehr waren für die Vorjahresumsatzgrenze die vereinnahmten Entgelte (Gesamtumsatz) entscheidend (Abschn. 19.3 Abs. 1 Satz 5 UStAE). Dementsprechend versagte das FA für 2010 die Kleinunternehmerregelung, da der Gesamtumsatz des Vorjahres (2009) mit 27.358 EUR die Grenze von 17.500 EUR überstieg.
Das FG gab der Klage unter Hinweis auf Art. 288 MwStSystRL statt. Gegen diese Entscheidung legte das FA Revision ein. Der BFH setzte das Revisionsverfahren aus und legte die Problematik dem EuGH zur Vorabentscheidung vor (BFH, Urteil v. 7.2.2018, XI R 7/16, BFH/NV 2018, 913).
Entscheidung: Nach der EuGH-Entscheidung ist auf den Gesamtumsatz abzustellen
Der EuGH entschied die auch im Schrifttum umstrittene Frage dahin, dass sich die Kleinunternehmergrenze nicht nach der Handelsspanne, sondern nach dem Gesamtumsatz bestimmt (EuGH-Urteil "B" v. 29.7.2019, C-388/18 (EU:C:2019:642, BFH/NV 2019, 1213). Das ergibt sich nach der Auffassung des EuGH bereits aus dem Wortlaut des Art. 288 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL, wobei sich "besteuert" nicht auf den "Betrag", sondern auf "Lieferungen" oder "Leistungen" bezieht.
Folgeentscheidung des BFH
Der BFH schließt sich der Auffassung des EuGH an. Die Umsatzgrenze für die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung für einen der Differenzbesteuerung unterliegenden Wiederverkäufer bestimmt sich somit auf der Grundlage aller von dem Wiederverkäufer vereinnahmten oder zu vereinnahmenden Beträge ohne USt. Damit ist im Streitfall die Umsatzgrenze von 17.500 EUR überschritten. Dementsprechend war die Revision des FA begründet. Der BFH hob daher das auf der Gegenmeinung beruhende FG-Urteil auf.
Hinweis: Bestätigung der Verwaltungsregelung
Dem Vorabentscheidungs-Ersuchen des BFH (Vorlagebeschluss v. 7.2.2018, XI R 7/16, BFH/NV 2018, 913) war zu entnehmen, dass der BFH der Auslegung zuneigte, dass auf die Handelsspanne abzustellen sei. Dieser Auffassung ist der EuGH nicht gefolgt. Die Verwaltungsregelung in Abschn. 19.3 Abs. 1 Satz 5 UStAE wurde damit bestätigt.
Die Besteuerung von Reiseleistungen nach der Marge (§ 25 UStG) entspricht systematisch der Differenzbesteuerung des Handels mit Gebrauchtgegenständen (§ 25a UStG). Die Überlegungen des EuGH gelten daher ebenso für die Besteuerung von Reiseleistungen.
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
6765
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
675
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
674
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
512
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
472
-
Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen
454
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
444
-
Anschrift in Rechnungen
429
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
421
-
Teil 1 - Grundsätze
412
-
Verfassungsmäßigkeit des grundsteuerlichen Bewertungsrechts im Bundesmodell
20.12.2024
-
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Werbeaufwendungen
19.12.2024
-
Alle am 18.12.2024 veröffentlichten Entscheidungen
19.12.2024
-
Zuordnung zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen
18.12.2024
-
Verluste im Rahmen eines Steuerstundungsmodells nach § 15b EStG
18.12.2024
-
Verurteilung zweier Angeklagter wegen Steuerhinterziehung durch Cum-Ex-Geschäfte
18.12.2024
-
Innerorganschaftliche Zinsaufwendungen für den Erwerb einer Beteiligung
18.12.2024
-
Minderung der Miete durch Zeichnung von Genossenschaftsanteilen
16.12.2024
-
Kosten im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft
16.12.2024
-
Änderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft
16.12.2024