Abbruch eines im Sonderbetriebsvermögen befindlichen Grundstücks
Beispiel: Unentgeltliche Übertragung des Grundstücks im Zuge einer Betriebsübergabe
An der X-OHG sind V und S zu je 50% als Gesellschafter beteiligt. V ist Anfang 2019 aus der OHG ausgeschieden, indem er seinen Mitunternehmeranteil und das seit 20 Jahren zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörende Gebäudegrundstück unentgeltlich auf S übertragen hat. Dieser führt den Betrieb als Einzelunternehmen fort und reißt kurz nach dem Erwerb das auf dem Grundstück befindliche Gebäude gemäß seiner schon beim unentgeltlichen Erwerb bestehenden Absicht ab, um darauf ein neues Gebäude für den fortbestehenden Betrieb zu errichten.
Vermutung der Abbruchabsicht
Wird mit dem Abbruch eines objektiv technisch und wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes innerhalb von 3 Jahren nach dem (entgeltlichen) Erwerb begonnen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Erwerber das Gebäude in der Absicht erworben hat, es abzureißen (BFH, Beschluss v. 12.6.1978, GrS 1/77, Haufe Index 72573; Urteil v. 13.4.2010, IX R 16/09, Haufe Index 2369546). Die Abbruchabsicht wird in diesem Fall also vermutet. Diese Vermutung ist widerlegbar. Die 3-Jahresfrist, innerhalb der die Vermutung der Abbruchabsicht gilt, beginnt i.d.R. mit dem Abschluss des Kaufvertrags. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch an (BFH, Urteil v. 6.2.1979, VIII R 105/75, Haufe Index 73152; Urteil v. 4.2.2004, X R 24/02, Haufe Index 1131113).
Nach BFH-Rechtsprechung kein Werbungskostenabzug bei Vermietungseinkünften
Wer ein bebautes Grundstück geschenkt erhält und bereits im Zeitpunkt der Schenkung den Abbruch des Gebäudes beabsichtigt, kann nach älterer Rechtsprechung des BFH weder die Abbruchkosten noch eine AfaA vom Restwert des abgerissenen Hauses als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen (BFH, Urteil v. 7.10.1986, IX R 93/82, Haufe Index 61436).
Der BFH neigt in seiner genannten Entscheidung offenbar dazu, den unentgeltlichen Einzelrechtsnachfolger stets ebenso zu behandeln wie den entgeltlichen Einzelrechtsnachfolger, d.h. einen Käufer. Bei Entscheidung der Frage, ob der Eigentümer eines Gebäudes, wenn er dieses abbrechen lässt, eine AfaA nach § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG und die Abbruchkosten als Werbungskosten abziehen kann, ist danach ein unentgeltlicher Erwerb unter Lebenden wohl einem Kauf gleich zu achten mit der Folge, dass die 3-Jahresfrist vom Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbs an neu zu laufen beginnt.
In der Literatur wird für diese Beurteilung kein Verständnis gezeigt. Wenn das Gesetz schon den Beschenkten – in gleicher Weise wie einen Erben – bei Bestimmung der AfA-Bemessungsgrundlage nach § 11d EStDV mit dem Schenker identifiziere, so sei nicht einzusehen, weshalb der Beschenkte ansonsten, was den Gegenstand der Schenkung anlangt, nicht in die einkommensteuerrechtliche Position des Schenkers einrücken soll (LS, DStR 1987 S. 303).
Auch keine Betriebsausgaben nach Urteil des FG Baden-Württemberg
Das FG Baden-Württemberg hat jüngst entschieden, dass im oben genannten Beispielsfall der Restbuchwert des Altgebäudes und auch die Abbruchkosten für den Altbau keine Betriebsausgaben, sondern den Herstellungskosten des Neubaus zuzurechnen sind (Urteil v. 17.1.2019, 3 K 1425/17, Haufe Index 13123300). Nach Auffassung des FG normiert das Buchwertfortführungsgebot des § 6 Abs. 3 EStG über die zwingende Buchwertfortführung hinaus keine Rechtsfolge, mit der sich eine "Fußstapfentheorie" im Sinne eines umfassenderen bzw. gänzlichen Eintretens des Übernehmers in die frühere einkommensteuerliche Rechtsstellung des Übergebers begründen lässt.
Praxis-Tipp: Zugelassene Revision wurde eingelegt
Das FG weist darauf hin, dass eine klare höchstrichterliche Entscheidung zum Erwerb in Abbruchabsicht bei unentgeltlicher Übertragung eines Mitunternehmeranteils mit einem im Sonderbetriebsvermögen befindlichen Grundstück noch nicht ergangen ist. Es hat daher die Revision gegen sein Urteil zugelassen, die vom Steuerpflichtigen auch eingelegt worden ist (Az. des BFH: III R 17/91). In einschlägigen Fällen sollten die Bescheide offengehalten werden, bis der BFH über die Streitfrage entschieden hat. Der Ausgang des Revisionsverfahrens ist schwer zu prognostizieren.
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